Landgericht Stade hält § 284 StGB auch für die neue Rechtslage für nicht anwendbar

Rechtsanwalt Dieter Pawlik
Rechtsanwalt Dieter Pawlik

Das Landgericht Stade hat einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Stade vom 23.05.2008 aufgehoben, mit welchem eine Hausdurchsuchung wegen Verdachtes des Verstoßes gegen § 284 StGB angeordnet worden war. Tatzeitraum war die Zeit zwischen dem 22.10.2007 bis zum Erlass des Durchsuchungsbeschlusses. Das Landgericht Stade hat diesen Beschluss nunmehr aufgehoben, festgestellt, dass die erfolgte Durchsuchung rechtswidrig war, der Staatsanwaltschaft aufgegeben, die beschlagnahmten Gegenstände an die Beschwerdeführerin wieder herauszugeben und die Kosten des Beschwerdeverfahren einschließlich der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin der Landeskasse auferlegt.

Das Landgericht Stade begründet seinen Beschluss damit, dass es sich wegen des Tatvorwurfes während der Übergangszeit der ständigen Rechtsprechung der Strafgerichte anschließt, wonach § 284 StGB nicht angewendet werden durfte, weil § 284 StGB als verwaltungsrechtsakzessorischer Tatbestand nicht losgelöst von der vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Verwaltungsrechtslage gesehen werden kann. Diese Erkenntnis ist nichts Neues und bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Von ganz besonderer Bedeutung ist aber, dass erstmals ein Landgericht über die Anwendung des § 284 StGB für die Zeit nach dem 01.01.2008, also zur neuen Rechtslage, entschieden hat. Das Landgericht Stade hat dazu zunächst festgestellt, dass die Frage, ob die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgericht vom 28.03.2006 (1 BvR 1054/01) durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag umgesetzt worden sind oder nicht, in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung weiterhin umstritten sind. Das Landgericht hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen und sodann entschieden, dass diese Ungewissheit, strafbares zu tun oder nicht, nicht dem Bürger aufgebürdet werden kann. Das Landgericht führt dazu wörtlich aus:

„Der Bürger als Normadressat kann daher gegenwärtig – auch bei Zuhilfenahme eines im Verwaltungsgericht versierten Rechtsbeistandes – kaum beurteilen, ob es ihm das Landesrecht zu Recht verwehrt, selbst Sportwetten anzubieten. Gleichermaßen kann er damit nicht hinreichend sicher ersehen, ob er sich strafbar macht, wenn er gleichwohl ohne Erlaubnis Sportwetten anbietet oder vermittelt“

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des 4. Strafsenates des BGH aus seinem Urteil vom 16.06.2007 (4 StR 62/07) an, wonach dieser aufgrund der sich derart widersprechenden Entscheidungen zur Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Sportwettenvermittlung von einem abstrakten Verbotsirrtum nach § 17 StGB ausgeht. Da sich die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung seit dem 01.01.2008 deutlich zu Gunsten der privaten Sportwettenvermittlung entwickelt hat, muss diese Konsequenz des BGH erst Recht für die Zeit ab dem 01.01.2008 gelten. Insofern ist die Entscheidung des LG Stade richtig.

Das Verfahren wurde auf Seiten der Beschwerdeführerin von Rechtsanwalt Dieter Pawlik aus Karlsruhe geführt.

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