Glücksspiel: Wenn Richter Politik machen

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke, Wien

„Wenn Richter Politik machen“ lautete jüngst ein Artikel der Neuen Züricher Zeitung und warf die Frage auf: „Ist Spaniens Justiz wirklich unabhängig“. Nach den Informationen der NZZ habe der Europarat eine politische Beeinflussung der spanischen Justiz festgestellt.

Dass Richter Politik machen, drängt sich dem rechtsschutzsuchenden Glücksspielanbieter auf, der seine unionsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten vor österreichischen oder deutschen (Verwaltungs-) Gerichten gegenüber der Verwaltung, die selbst seit Jahrzehnten mit Glücksspiel illegitime fiskalische Ziele verfolgt (so explizit das Bundesverwaltungsgericht in 8 C 17.12, 12.12 und 10.12) durchzusetzen versucht.

Dementsprechend hatte jüngst Dr. Johann Fischer, der Präsident des Landesverwaltungsgerichts in die Unabhängigkeit der Richterschaft massiv eingegriffen und einen Richter, der die Effektivität des Unionsrechts steht hochgehalten hatte, „umgestimmt“. Zitat aus der österreichischen Presse: „Nachdem der Richter (z.B. am 19. März 2018) seine Linie etwas aufgeweicht hat, wurde er nun (18. April) vom eigenen, von Präsident Johannes Fischer geführten Gericht endgültig umgestimmt: Es würde zu einem infinitiven (also unendlichen) Zirkel von Urteilen und Aufhebungen dieser Urteile führen, wenn er bei seiner bisherigen Judikatur bliebe. Daher sei ab nun der Rechtsmeinung des Höchstgerichtes zu folgen.“

Auch wenige Kilometer weiter nördlich, im so genannten Freistaat Bayern, wird vor Gericht Politik gemacht, Politik gegen Europa. So äußerte die Richterin der achten Kammer des VG Augsburg unter der gestrengen Führung des Vorsitzenden Glaser auf den Vorhalt, ihre Auffassung widerspreche diametral der Rechtsprechung des EuGH: „Ja, aber der EuGH ist ja nicht hier“. Derartige Aussagen belegen polnisches, Verzeihung, politisches Selbstbewusstsein, weniger die juristische Kompetenz.

An der staatlichen Glücksspielfront rockt auch ein nördlicher Landrichter als Verteidiger des fiskalischen staatlichen Monopols. Strafrichter Dr. Jan-Phillip Rock beklagt mit politischer Zielstrebigkeit, online-Glücksspiel durch Private sei aufgrund „eines klaren Gesetzesbefehls kategorisch verboten“ (ARD, Plus-Minus vom 5.9.2018).

Hat der Politrichter, ähh Landrichter Jam-Phillip Rock nicht etwas vergessen, z.B. seine Pflicht zur Objektivität. Hat er als Kenner der Juristerei wirklich übersehen, dass ein deutsches Verbot von online-Glücksspiel mit dem höherrangigen Verbot aus Art. 56 AEUV kollidiert, die Dienstleistungsfreiheit EU-ausländischer Anbieter nicht zu beschränken?

Gerade gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das nach § 10 des Rundfunkstaatsvertrages sorgfältig und wahrheitsgemäß berichten muss, sollte auch der politisch engagierte Richter bei der juristischen Wahrheit bleiben. Einen „klaren Gesetzesbefehl“, der die Beschränkung von EU-ausländischen online-Glücksspielanbietern verbietet, gibt es nur in Art. 56 AEUV. Nach dieser höherrangigen Norm sind deutschen Behörden und Gerichten Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit „verboten“ – kategorisch verboten.

Alles andere ist denkbar unklar – und dies geht zu Lasten der Fiskalverwaltung. Unklar ist insbesondere die Antwort auf die Frage, ob die deutschen staatlichen Stellen trotz ihrer illegitimen fiskalischen Ausrichtung im Bereich des Glücksspiels und trotz ihrer anreizenden und ermunternden Werbung für eigene Glücksspiele („Hamburg sucht neue Millionäre“) ein Verbot von online-Glücksspiel durch den Nachweis der zwingenden Erforderlichkeit, der Verhältnismäßigkeit und der Systematik und Kohärenz des nationalen Verbots, das mit dem höherrangigen Verbot aus Art. 56 AEUV kollidiert, legitimieren könnten.

Fazit: Aussagen von Politikern sind oft genauso wenig belastbar, wie Thesen studierter Juristen, die vom Staat bezahlt werden.

Es bleibt ein Trost: Yogi Löw hat in seiner Ansprache zur Lage der Nation nicht behauptet, Deutschland sei Fußballweltmeister 2018.

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