Oberverwaltungsgericht bestätigt: Das Glücksspielangebot von Lotto Hamburg ist verfassungskonform

Vermittlung privater Sportwetten bleibt weiter vorläufig verboten Maßnahmen zur Suchtprävention erfüllen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Staatliches Glücksspielangebot ist verfassungs- und europarechtskonform Placanica-Urteil bestätigt Zulässigkeit des staatlichen Monopols.

Vorbemerkung:

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Hamburg wurde mit Spannung erwartet, da es der erste oberverwaltungsgerichtliche Beschluss ist, der sich mit der Placanica-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6. März 2007 und ihren Auswirkungen auf den deutschen Sportwettenmarkt auseinandersetzte.

Zum Beschluss des OVG Hamburg:

Das OVG Hamburg hat mit Beschluss vom 9. März 2007 die Rechtmäßigkeit eines Verbotes der Vermittlung privater Sportwetten eindeutig und unzweifelhaft bestätigt. Im vorliegenden Fall geht es um einen privaten Sportwettenvermittler, der ohne Erlaubnis eine Annahmestelle für Sportwetten betrieben hat. Diese hat er an Glücksspielanbieter vermittelt, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassen sind. Die Hamburgische Finanzbehörde hatte dem Betreiber der Annahmestelle die Tätigkeit untersagt. Das OVG Hamburg bestätigte jedoch die Rechtsmäßigkeit des Verbotes der Finanzbehörde und wies damit die Beschwerde des Betreibers zurück.
Das OVG lässt daher keinen Zweifel daran, dass die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten an private Wettveranstalter auch nach dem Urteil des EuGH vom 6. März 2007 mit sofortiger Wirkung verboten werden kann.

In seiner Begründung führte das OVG eine Reihe von Argumenten auf, die die Verfassungs- und Europarechtskonformität des gegenwärtigen staatlichen Glücksspielmonopols begründen.

Zur Übereinstimung mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Das Gericht erkennt an, dass Nordwest Lotto und Toto Hamburg zahlreiche Maßnahmen ergriffen habe, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom März 2006 zu entsprechen. So seien z.B. Trikot- und Bandenwerbung verboten, die Zahl der Annahmestellen reduziert, das Internetportal abgeschaltet und das Verkaufspersonal in einer präventiven Suchtbekämpfung geschult worden.

Nach Auffassung des OVG Hamburg ist das staatliche Glücksspielmonopol in Hamburg verfassungskonform, weil die dortige Gesellschaft konsequent mit der Umsetzung der Vorgaben der Spielsuchtprävention und der Kanalisierung der Spielleidenschaft begonnen hat.

Der häufig wiederkehrende Vorwurf von interessierter Seite, dass Nordwest Lotto und Toto Hamburg nach dem BVerfG-Urteil seine Aktivitäten ausgeweitet habe, treffe nicht zu.

Das OVG Hamburg widerspricht der häufig geäußerten Kritik seitens der Kommerzialisierungsbefürworter, dass an Sportwetten interessierte Kunden nur schwer daran gehindert werden könnten, über das Internet direkt im Ausland zu wetten. Hier führt das Gericht aus, dass ein solches Vorgehen „für die Wettenden ersichtlich nicht in gleicher Weise attraktiv wie der über hiesige Wettbüros mit ihrer mitunter besonderen ‚Wettatmosphäre’ ist.“ Eine Abschottung des deutschen Marktes von dem illegalen Internetmarkt ist folglich möglich.

Zur Übereinstimung mit der Rechtssprechung des EuGH

Die europäische Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit führe nach Auffassung des OVG nicht dazu, dass in Hamburg Genehmigungen für die Veranstaltung von Sportwetten erteilt werden müssen. Der EuGH habe anerkannt, dass die genannten Freiheiten aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses eingeschränkt werden dürfen. Dem zwingenden Allgemeininteresse, der Minderung der Möglichkeit zum Wetten und zur Wettvermittlung, werde durch das staatliche Monopol in Hamburg hinreichend Rechnung getragen, so dass die Beeinträchtigung der genannten Freiheiten im Einklang mit dem Europarecht steht.

Das Glücksspielmonopol in Hamburg befindet sich nach Auffassung des OVG daher im Einklang mit dem Placanica-Urteil vom 06. März 2007. Hier habe der EuGH bestätigt, dass das Ziel, die Gelegenheit zu Sportwetten zu verringern, es rechtfertige, die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit einzuschränken. Deshalb sei ein staatliches Wettmonopol zulässig, wenn mit ihm tatsächlich das Ziel verfolgt werde, die Wettgelegenheiten zu verringern. Dieses Ziel verfolge Hamburg zurzeit mit dem Wettmonopol und den ergriffenen konkreten Maßnahmen.

Vor dem Hintergrund der Debatte um die Einführung eines Konzessionsmodells in Deutschland betont das OVG, dass der EuGH sowohl in seiner Gambelli- als auch in seiner Placanica-Entscheidung festgehalten habe, dass jegliche Beschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit tatsächlich geeignet sein muss, die Gelegenheit zum Wetten auf Sportereignisse kohärent und systematisch zu vermindern. Diese „Verminderung“ gelinge durch ein staatliches Angebot besser als durch einen kommerzialisierten Markt: „Konkurrieren verschiedene private Anbieter mit unterschiedlichen Wettangeboten, so wird der Wettmarkt regelmäßig ausgedehnt und werden damit die Gelegenheiten zum Wetten erhöht.“