Streit vor Höchstgericht: Juristen-Poker um Glücksspielmonopol

Wien – Der Verwaltungsgerichtshof hat bei genauerer Betrachtung noch nicht endgültig entschieden, dass Kartenpoker ein Glücksspiel ist – eine Gegenthese.

Die Besonderheit des Glücksspielmonopols liegt darin, dass es dem Bund grundsätzlich eine Tätigkeit zur Nutzung vorbehält, die an sich strafgesetzlich verpönt ist.

Das Wesen des Glücksspiels liegt darin, dass die Möglichkeit des Gewinns nicht vom Spieler, seinen Spielkenntnissen oder seiner Aufmerksamkeit, sondern (weitgehend) vom Zufall bestimmt wird. Man stellt sich an den Roulettetisch, man spielt „6 aus 45“ und hofft, dass die Kugel an den richtigen Platz rollt oder unter den Millionen möglicher Zahlenkombinationen zufällig die eigene gewinnt.

Österreichs Gesetzgeber regelt das Glücksspiel unter straf- und verwaltungsrechtlichen Aspekten. Damit werden ordnungspolitische Ziele verfolgt. Die Besonderheit des Glücksspielmonopols liegt darin, dass es dem Bund grundsätzlich eine Tätigkeit zur Nutzung vorbehält, die an sich strafgesetzlich verpönt ist. Im Wege von Konzessionen kann das Recht zur Veranstaltung von Glücksspielen an private Unternehmen übertragen werden.

Das aktuelle Konzessionsmodell mit seiner beschränkten Anzahl von zwölf Konzessionen, die alle an die Casinos Austria AG vergeben wurden, trägt allerdings de facto dazu bei, einem bestimmten Unternehmen zu einer rechtlich abgesicherten Monopolstellung zu verhelfen. Dies wird noch verstärkt durch den Umstand, dass neuerdings auch das Pokerspiel als Glücksspiel gelten soll. Ob die (auch mediale) Verteidigungsstrategie der Casinos Austria aufgeht, muss sich aber erst weisen.

Entgegen diversen Pressemeldungen ist die Streitfrage, ob Poker ein Glücksspiel ist, noch nicht vom Tisch. Insbesondere hat der VwGH keine abschließende Beurteilung des Glückspielbegriffs vorgenommen. Im Erkenntnis 2000/17/0201 war die Kontrolle des VwGH auf die Frage beschränkt, ob die belangte Behörde – der UVS Wien hatte eine Strafe wegen Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz bestätigt – den Sachverhalt in korrekter Weise ermittelt hatte oder nicht.

Der VwGH hatte zu prüfen, ob auf Grund der Beschwerdepunkte der Bescheid aufzuheben war. Ist etwa eine Beschwerde nicht substanziert genug bzw. unterlässt der Beschwerdeführer ein entsprechendes Vorbringen, so wird die Beschwerde schon deshalb abgewiesen. Im Anlassfall beruhte der Bescheid auf einem Gutachten, das überwiegend wahrscheinlichkeitstheoretisch aufgebaut ist, ohne sich mit den Spielregeln eingehend auseinander zu setzen und die Eigenheiten von Kartenpokerspielen in Betracht zu ziehen. Fazit: Bei einem anderen Vorbringen bleibt die Frage, ob Poker ein Glücksspiel ist, nach wie vor offen. Zu dieser Einschätzung kam auch Wolfgang Pesendorfer, Universitätsprofessor in Linz und zugleich Vizepräsident des VwGH, in einem Gutachten.

Es spricht einiges dafür, bei eingehender Auseinandersetzung mit der OGH-Judikatur zum strafrechtlichen Glücksspielbegriff bzw. mit den Spielregeln und möglichen Lerneffekten oder aber bei Einsatz einer anderen gutachterlichen Methodik Pokerspiele – ähnlich dem Schnapsen – als Geschicklichkeitsspiele einzustufen. Ein Geschicklichkeitsspiel liegt dann vor, wenn körperliche und geistige Fähigkeiten die Entscheidung über Gewinn und Verlust bestimmen. Das ist etwa beim Roulette nicht der Fall, daher ist es ein klassisches Glücksspiel. Eine abschließende Beurteilung des facettenreichen Pokerspiels aus dem Anlassfall abzuleiten ist übereilt.

Es wäre allerdings Zeit, ein neues Konzessionssystem zu erarbeiten, das sich an den EU-Anforderungen besser orientiert, den Spielerschutz im erforderlichen Maße gewährleistet und kontrollierten Wettbewerb zulässt. Geht es nach dem EuGH, sind Glücksspielmonopole EU rechtlich nicht von vornherein unzulässig. So können Glücksspiele im Hinblick auf allgemeine Interessen (kulturelle Erwägungen; Gefahr von Betrug und anderen Straftaten; schädliche persönliche oder soziale Folgen; Schutz vor Ausnutzung der Spielleidenschaft etc.) zulässiger Weise bis hin zu einem gänzlichen Verbot beschränkt werden.

Allfällige Beschränkungen unterliegen aber dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sie müssen also tatsächlich geeignet und auch erforderlich sein, die genannten Ziele zu erfüllen. Das österreichische Glücksspielmonopl ist nach Ansicht des VwGH in erster Linie ein Finanzmonopol; meines Erachtens hält es einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand, unter anderem auch deshalb, weil es die technische Entwicklung im Zusammenhang mit dem Spielerschutz und Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche völlig ignoriert. Mit einer Neuordnung könnte der Gesetzgeber auch in Europa Beispielswirkung erzielen, gleichzeitig Arbeitsplätze erhalten, Abgaben lukrieren und den Spielerschutz effektiv sicherstellen, statt wirtschaftliche Gegebenheiten zu ignorieren und Monopolmauern hochzuziehen.

Dr. Kathrin Hornbanger ist Rechtsanwältin in Wien und hat im Auftrag eines Mitbewerbers der Casinos Austria AG ein Rechtsgutachten erstellt. www.hornbanger.com

KATHRIN HORNBANGER