VDAI-Wirtschaftspressekonferenz

Neue Spielverordnung bietet Chancen und beinhaltet Risiken
– 8,1 Prozent Absatzrückgang bei Unterhaltungsautomaten
– 2,1 Prozent Umsatzrückgang

Nürnberg/Berlin. „Der seit wenigen Wochen vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vorgelegte Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Spielverordnung stimmt mich zuversichtlich, dass nach über einem Jahrzehnt massiver Marktanteilsverluste für die deutsche Unterhaltungsau-tomatenwirtschaft auf dem nationalen Unterhaltungs- und Gewinn-Spielmarkt nunmehr die Chance besteht, dass wir mittelfristig wieder an dem Wachstum dieses Marktes teilnehmen können“, so Paul Gauselmann, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie e.V., Berlin, anlässlich der Wirtschaftspressekonferenz des Industrieverbandes VDAI.

Unterschiede zwischen staatlichem Glücksspiel und gewerblichem Un-terhaltungsspiel werden klar herausgestellt

In dem Entwurf zur Änderung der Spielverordnung werden die Ergebnisse eines jahrelangen politischen Ringens um eine zeitgemäße und moderne Spielverordnung ergebnisorientiert gebündelt.
Für Paul Gauselmann unterstreicht der Referentenentwurf nachhaltig die bisher bestehenden entscheidenden Unterschiede zwischen dem Automatenspiel in den Automatensälen der Spielbanken und dem gewerbli-chen Geld-Gewinn-Spiel. Nur beim staatlich konzessionierten Glücksspiel können hohe Verluste und Gewinne in kurzer Zeit eintreten. Für den Spiel-gast steht beim Besuch der Automatensäle der Spielbanken der Anreiz auf hohe Gewinne im Mittelpunkt seines Interesses. Einsätze von 50,00 EURO pro drei Sekunden-Spiel und mehr sind möglich. Dem Risiko hoher Verluste steht die Chance hoher Gewinne von 50.000 EURO und mehr in einem Spiel gegenüber. Jackpots von 500.000 EURO und mehr erhöhen diesen Spielanreiz. Hier sind Vermögensverschiebungen in kurzer Zeit möglich.

Anders beim Unterhaltungsspiel mit gewerblichen Geld-Gewinn-Spiel-Geräten: Beim gewerblichen Unterhaltungsspiel mit Geld-Gewinn-Spiel-Geräten bleibt es dabei, dass die Ausgaben auf Dauer pro Stunde auf dem bisherigen Niveau festgeschrieben werden: Neben der Mehrwertsteuer ist auf Dauer die absolute Höchstgrenze 29,00 EURO (bisher: 28,97 EURO). Im Durchschnitt hat sich diese maximale Höchstgrenze in der Praxis auf 20,00 EURO eingependelt. Somit steht der Aspekt der Unterhaltung auch zukünftig im Vordergrund. „Wir wissen, dass die Kundenkreise beim elitären Großen Spiel, beim Automatenspiel in Automatensälen der Spielbanken und beim gewerblichen Geld-Gewinn-Spiel in Spielstätten und in Gaststätten vollständig unterschiedlich sind. Spielern an Slot-Machines fehlt bei Geld-Gewinn-Spiel-Geräten der Nervenkitzel, Spieler an Geld-Gewinn-Spiel-Geräten beurteilen Einsatzhöhe und Verlustrisiko bei Slot-Machines als viel zu riskant: „Für denjenigen, der nur wenig Geld zur Verfügung hat, erscheint das Spielvergnügen auf Grund der Einsatzhöhe nur kurz,“ so der Verbands-vorsitzende. Auch Praxiserfahrungen zeigen, dass ein weitgehend unter-schiedlicher Kundenkreis die verschiedenartigen Formen von Automaten frequentiert. Ein direkter Wettbewerb im Sinne der Ansprache gleicher Kun-denkreise zwischen den unterschiedlichen Automatenformen ist daher nicht feststellbar.

Dem Gedanken des Spielerschutzes, so Paul Gauselmann, wird von Seiten der zuständigen Ministerien auf Bundesebene in dem nunmehr vorliegen-den Referentenentwurf absolute Priorität eingeräumt.

Diese klare Unterscheidung zwischen dem staatlichen Spielangebot in den Automatensälen der Spielbanken und dem Unterhaltungsspiel mit Geld-Gewinn-Möglichkeit in Gaststätten und in Spielstätten ist für Paul Gausel-mann auch im Zusammenhang mit einem beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren über die Umsatzbesteuerung von Geld-Gewinn-Spiel-Geräten von entscheidender Bedeutung. Der Verbandsvorsitzende stellte noch einmal die grundsätzliche Position der Spitzenverbände der Deutschen Unterhaltungsautomatenwirtschaft klar: „Wir wollen die von An-fang an für uns geltende Umsatzbesteuerung beibehalten und sehen uns nach den Schlussanträgen der Frau Generalanwalt Stix-Hackl vom 08.07.2004 bestätigt, dass es sehr wohl eine unterschiedliche Besteuerung zwischen „einarmigen Banditen“ und „Daddelautomaten“ geben kann, näm-lich dann, wenn sich die Geräte wesentlich unterscheiden. Die Generalan-wältin hat explizit die Stichworte „Gewinnanreize“ und „Risiko“ genannt. Der Europäische Gerichtshof schließt sich erfahrungsgemäß zumeist diesen Schlussanträgen an.“ Mit der Entscheidung wird in Kürze gerechnet. Nur wenige Außenseiter unter den deutschen Automatenunternehmern wollen die Umsatzsteuer kippen, um „steuerfrei“ zu werden. Dies wird logischer-weise keinen Erfolg haben. Auch die Kritik des Bundesrechnungshofes an-lässlich der Vorlage des Jahresberichtes 2004, geht – wenn der EuGH der Generalanwältin folgt – ins Leere. Der Staat hat keine Steuerausfälle zu be-fürchten. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall des Wegfalls der Umsatz-steuer, kann der Staat in gleicher Höhe eine Spielsteuer rückwirkend be-schließen. So jedenfalls die Auffassung renommierter Steuerexperten.

Chancen der neuen Spielverordnung

Die Vorgaben der neuen Spielverordnung beinhalten für die Deutsche Un-terhaltungsautomatenwirtschaft zahlreiche Chancen, verlorenes Terrain im Wettbewerb um die Kunden durch innovative Spielideen und interessante Spielangebote zurückzugewinnen. „Unser Markt kann in den kommenden Jahren bei Geld-Gewinn-Spiel-Geräten endlich wieder dynamisch wachsen und so die drastischen Rückgänge auffangen.“

Neben der Sicherung der bisher bestehenden 60.000 Arbeitsplätzen können bis zu 20.000 neue Arbeitsplätze mit unterschiedlichsten Qualifikationsan-forderungen, von der Servicekraft (insbesondere Frauen) in Spielstätten bis hin zu hochqualifizierten Spieleentwicklern in der Industrie hinzu kommen. Bezogen auf eine Million EURO Kasse schafft die deutsche Unterhaltungs-automatenwirtschaft mehr als drei Mal so viele Arbeitsplätze, wie die staat-lich konzessionierten Spielbanken (17,7 zu 5,5).

Mit dem nun vorliegenden Referentenentwurf wird auch eine Forderung der Konferenz der Wirtschaftsminister des Bundes und der Länder aus dem Jahre 2000 eingelöst. Die Wirtschaftsminister mahnten damals bessere Chancen für das gewerbliche Spiel im Vergleich zum expandierenden staat-lichen Spielangebot und dem Spiel im Internet an. In den zurückliegenden Jahren wurden von staatlichen und staatlich konzessionierten Unterneh-men, neue Angebote auf den Markt gebracht. Hierzu zählt die flächende-ckende Einführung der Oddset-Wetten. Im Februar 2004 starteten die Lotte-rie-Gesellschaften in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland die Zahlenlotte-rie „Keno“. Seit November 2004 gibt es dieses Spielangebot auch in Berlin und Brandenburg. Im Unterschied dazu konnte unser Wirtschaftszweig nur die Fungames als neues Produkt- und Spielangebot auf den Markt bringen. Sie sind wegen vereinzelter illegaler Nutzung allerdings umstritten.

Paul Gauselmann hofft, dass die politischen Beratungen zur Novellierung der Spielverordnung auf den verschiedenen Entscheidungsebenen nunmehr zügig voranschreiten und dass dann in einem Jahr, auf der IMA 2006, das ganze Innovationspotenzial der deutschen Unterhaltungsautomatenwirt-schaft sichtbar und schon praxiserprobt präsentiert werden kann. Positiv ist für ihn auch die Tatsache, dass die bisher bekannten Geld-Gewinn-Spiel-Geräte auch mit Inkrafttreten einer neuen Spielverordnung mit einer langen Übergangszeit unverändert am Markt bleiben können.

Risiken der Spielverordnung

Neben diesen Chancen beinhaltet der vorläufige Referentenentwurf aber auch Nachteile und Risiken. Die beabsichtigte Novellierung bringt erhebli-che Einschnitte mit sich. So ist bisher ein Verbot von Unterhaltungsspielge-räten (Fungames) mit der Ausgabe von Weiterspielmarken sowie der Rück-gewähr getätigter Einsätze vorgesehen, ehe die neuen Geld-Gewinn-Spiel-Geräte nach der neuen Spielverordnung auf dem Markt sind.

„Wir akzeptieren die grundsätzliche politische Willenserklärung, obgleich Rechtsfragen, die mit der Aufstellung bzw. dem Betrieb von Fungames ver-bunden sind, nicht höchstrichterlich entschieden sind“, so Paul Gausel-mann. Ein überlappender Tausch zwischen Fungames und Geld-Gewinn-Spiel-Geräten in einem kurzen Zeitfenster wäre wirtschaftlich sinnvoll und könnte mit dazu beitragen, die Gefahr von wirtschaftlichen Schäden bis hin zu Unternehmenszusammenbrüchen zu verhindern.

Der Verbandsvorsitzende stellte klar, dass alle Spitzenverbände in den kommenden Monaten selbstverständlich noch stärker als bisher gegen ille-gales Spiel vorgehen werden, das den gesamten Wirtschaftszweig in Miss-kredit bringt. „Wir wünschen uns aber, dass Staatsanwaltschaften und Ord-nungsbehörden endlich konsequenter als bisher eingreifen“, so Paul Gau-selmann. Zum Beispiel sollte der offensichtliche Missbrauch bei Tokenma-nagern und bei illegal betriebenen Roulette-Geräten zu einem sofortigen Verbot führen.

Wirtschaftliche Lage 2004

Im Rückblick auf das abgelaufene Jahr 2004 stellte der Verbandsvorsitzen-de fest, dass die wirtschaftliche Lage für die Unterhaltungsautomatenwirt-schaft schwierig war. Die Zahl, der in der Gastronomie aufgestellten Unter-haltungsautomaten ging weiter zurück. Allerdings hat der Abwärtstrend erstmals seit Jahren an Dynamik verloren. In den Spielstätten kam es zu einem geringen Zuwachs an Geräten. In der Summe ist die Zahl der aufge-stellten Unterhaltungsautomaten in Deutschland aber weiter gesunken. Bundesweit sind insgesamt 377.500 Automaten aufgestellt. Im Vorjahr wa-ren es noch 384.000. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein weiterer Rück-gang von rund 4.000 Unterhaltungsautomaten. Gegenüber 1996, als noch 462.000 Automaten aufgestellt waren, entspricht dies einem Rückgang von 18 Prozent.

8,1 Prozent Absatzrückgang bei Unterhaltungsautomaten mit und ohne Geld-Gewinn

Im Jahr 2004 wurden in Deutschland insgesamt 73.100 Unterhaltungsauto-maten mit und ohne Geld-Gewinn-Möglichkeit im Markt abgesetzt. Gegen-über dem Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang von 8,1 Prozent. Der Anteil der Mitgliedsunternehmen des Verbandes der Deutschen Automatenindust-rie e.V. (VDAI) liegt im Mittel über diesen Gerätegruppen bei über 90 Pro-zent.

Nach Auskünften der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) wur-den 2004 66.483 Bauartzulassungen für Geld-Gewinn-Spiel-Geräte, dem Kernprodukt und Hauptumsatzträger, erteilt. Nicht alle Neuzulassungen füh-ren aber zum Absatz von Geräten. Das tatsächliche Marktvolumen ist des-halb geringer. Die Zahl der verkauften, vermieteten und verleasten Geld-Gewinn-Spiel-Geräte, die am Markt verbleiben, liegt bei 59.800. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Rückgang von 3,7 Prozent.
Der Markt für Unterhaltungsautomaten ohne Geld-Gewinn-Möglichkeit hat sich seit 1996 mehr als halbiert. Fast alle Gerätetypen in diesem Produktbe-reich waren von diesem massiven Rückgang betroffen.

Umsatz geht auf 3,79 Milliarden EURO zurück

Die Unterhaltungsautomatenwirtschaft gliedert sich in drei Branchenstufen, die Geräte herstellende Industrie, den Großhandel und die Betreiber (Auf-stellunternehmen), die im Jahr 2004 einen addierten Umsatz von 3,79 Milli-arden EURO realisierten. Das Vorjahresergebnis wurde damit um fast 2,1 Prozent unterschritten. Das Investitionsklima insgesamt hat sich entgegen den Erwartungen zum Jahresbeginn 2004 nicht gebessert. Der langfristige Trend, dass die Investitionen der Aufstellunternehmen – gemessen an ihren Umsätzen – rückläufig sind, hat sich fortgesetzt.

Seit Mitte der 90er Jahre sind die Bruttoerlöse der Aufstellunternehmer – trotz einer durchaus befriedigenden Konjunktur – kaum gestiegen. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate betrug etwas mehr als ein Pro-zent. Diese Entwicklung hat nicht ausgereicht, die zwischenzeitlich erfolgten Kostensteigerungen aus der Anhebung der Mehrwertsteuer, der zum Teil drastischen Erhöhung der Vergnügungssteuer und der allgemeinen Inflation auch nur annähernd zu kompensieren.

Ausblick

Der Verbandsvorsitzende ist verhalten optimistisch, dass die geplante Ände-rung der Spielverordnung im zweiten Halbjahr 2005 alle politischen Hürden genommen haben wird und die Umsetzung zu einer gestärkten Attraktivität des Geld-Gewinn-Spiels führt. Er geht weiterhin davon aus, dass die mittel-ständisch strukturierten Unternehmen alle Kräfte mobilisieren, um den Spielgästen auch in den kommenden Monaten ein attraktives Freizeitange-bot zur Verfügung zu stellen.

In Deutschland wird jeder vierte EURO des Haushaltsbudgets für Freizeitak-tivitäten investiert. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben hierfür auf rund 285 Milliarden EURO. Die Kasseneinnahmen der staatlichen Glücksspiel- und der gewerblichen Gewinn-Spiel-Anbieter belaufen sich auf rund 9 Milli-arden EURO. Dies entspricht einem Anteil von rund 3,2 Prozent an der ge-samten Freizeitwirtschaft. Der Anteil des gewerblichen Gewinn-Spiels inklu-sive der Unterhaltungsspiele ohne Gewinn-Möglichkeit liegt bei gut einem Prozent. Der Anteil der gewerblichen Geld-Gewinn-Spiele liegt bei 0,8 Pro-zent.

Studien von EUROSTAT belegen, dass die durchschnittlichen Verbrauchsausgaben in anderen europäischen Ländern mit liberaleren Glücksspiel- und Gewinn-Spiel-Angeboten erheblich über den durchschnitt-lichen Verbrauchsausgaben Deutschlands für dieses Freizeitsegment lie-gen. Offensichtlich gibt es den Wunsch vieler Menschen, vermehrt solche Angebote zu nutzen, ohne in die Illegalität abgleiten zu müssen. Der VDAI geht davon aus, dass auch in Deutschland bei einer liberaleren Ausgestal-tung dieses Gesamtmarktes die staatlichen Glücksspiel- und die gewerbli-chen Gewinn-Spiel-Angebote entsprechend wachsen. So könne auch ver-stärkt sichergestellt werden, dass ein nicht zu unterdrückender Spieltrieb des Menschen noch mehr in kontrollierte Bahnen gelenkt und das illegale Glücksspiel verstärkt eingedämmt werden kann. Dem Schutz der Spieler vor wirtschaftlichen und psychischen Schäden kann so sinnvoll entsprochen werden. Präventive und reaktive Maßnahmen finden bei diesen Angeboten ihre Anwendung. Staatliches Glücksspiel und gewerbliches Gewinn-Spiel leiden unter den Glücksspielangeboten im Internet und dem illegalen Spiel. Letztendlich trifft dies auch den Staat, der auf Abgaben und Steuern ver-zichten muss.

Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die deutliche Mehr-heit von rund 99 Prozent der Spielgäste in der Lage ist, die Dauer und die Intensität ihres Spielvergnügens eigenverantwortlich zu steuern. Es handelt sich schließlich um mündige Bürger, die das Gewinn-Spiel bewusst als att-raktive und aktive Freizeitbeschäftigung gewählt haben.