(rg) Deutschland sorgt für Verwunderung – wenn es um das Thema Glücksspiel geht. Regelungen sind Sache der Länder, dies sich bisher nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten. Besonders das Ausscheren Schleswig-Holsteins steht für die Uneinigkeit. Mit dem 3. Änderungsstaatsvertrag wollen die Bundesländer einen neuen Versuch wagen.
Allerdings gibt es an einigen Regelungen bereits Kritik. Und die kommt nicht nur aus der Branche oder von Juristen. Inzwischen hat sich Brüssel die geplanten Änderungen angesehen. Und findet darin Grund für einen „blauen Brief“.
Welche Kritikpunkte werden angeführt?
Das Anbieten von Sportwetten fällt in Deutschland in den Bereich Glücksspiel. Und ist daher eigentlich genehmigungspflichtig. Das Gros der Angebote besitzt allerdings keine deutsche Lizenz – und wird damit de facto illegal angeboten. Aber: Buchmacher nutzen derzeit eine rechtliche Lücke aus. Der EuGH hat vor einigen Jahren der geplanten Vergabepraxis für Sportwetten-Lizenzen – angedacht war, diese auf 20 für das gesamte Bundesgebiet zu beschränken – einen Riegel vorgeschoben.
Viele Sportwetten-Anbieter haben damit zwar keine Chance auf eine deutsche Lizenz bekommen. Allerdings sind viele Buchmacher in anderen EU-Ländern lizenziert – vornehmlich:
- Malta
- Gibraltar
- Und auf den Kanalinseln.
Basierend auf der Dienstleistungsfreiheit – welche nach Urteilen des EuGH nur im Ausnahmefall beschränkt werden kann – bieten Buchmacher Wetten auch in Deutschland an. Und haben bisher keine staatlichen Sanktionen fürchten müssen. Schließlich sticht Unionsrecht immer noch die nationalen Regelungen aus.
Mit dem neuen Glücksspieländerungsstaatsvertrag wollten die Länder eigentlich endlich Rechtssicherheit schaffen. Der „blaue Brief“ aus Brüssel ist – laut ARD Tagesschau – zwar noch keine verbindliche Vorgabe für Änderungen an der geplanten Reform. Allerdings dürften die Länder angesichts der vergangenen Querelen um die Konzessionierung von Sportwetten die Mitteilung sehr genau lesen. Kritik entbrennt unter anderem an der Tatsache, dass die Länder Lizenzen im ersten Durchgang nur für 18 Monate vergeben wollen. Ursprünglich war eine Geltungsdauer von sieben Jahren geplant.
Wie sieht die Regulierung im Detail aus?
Mit dem Tauziehen um einen angemessenen Umgang mit Sportwetten und Online Casinos lassen sich inzwischen Regalmeter füllen. Nach einem ersten Staatsvertrag der Länder zum Glücksspiel sind weitreichende Reformen daran gescheitert, dass sich nie alle Beteiligten erfolgreich an einen Tisch haben bekommen lassen.
Heraus sticht in diesem Zusammenhang die Rolle Schleswig-Holstein. Das nördlichste Bundesland hat sich immer wieder für einen recht eigenen Weg entschieden – und damit teils auch andere Länder auf seine Seite gezogen. Die kuriose Situation: Während in Schleswig-Holstein Online Glücksspiel und Wetten lizenziert werden konnten, blieb der Markt im Rest der Republik illegal.
Was wird sich mit den neuen Regelungen alles ändern?
- Keine Live Wetten mehr: Anbieter, die sich basierend auf dem neuen Staatsvertrag lizenzieren lassen, werden sich von Live Wetten verabschieden müssen. Diese sind in Deutschland bereits verboten. Entsprechende Urteile haben Gerichte in der Vergangenheit bereits mehrfach gefällt. Buchmacher aus dem Ausland ignorieren dieses Verbot allerdings bislang – und haben noch keine Sanktionen durch den deutschen Staat fürchten müssen.
- Strenge Regeln bei der Werbung: Wird der neue Staatsvertrag ratifiziert, dürften auch im Hinblick auf die Werbung die Daumenschrauben enger angezogen werden. Dies betrifft besonders Sportvereine, die mit Buchmachern Partnerschaften eingegangen sind – und auf den Trikots oder Banden werben. Viele Buchmacher bieten auch Casino Spiele an. Poker oder Roulette mit Echtgeld – in Deutschland grundsätzlich verboten. Und wie das Beispiel BVB zeigt, haben die Behörden schon jetzt ein Auge auf diese Partnerschaften.
- Bonusangebote werden wegfallen: Boni – wie Free Bet oder Bonusgeld – sind beliebte Methoden der Buchmacher, um sich bei Sportwettern in den Vordergrund zu drängen. Mit dem neuen Staatsvertrag dürfte es auch hier zu einer Verschärfung kommen. Einerseits betrifft dies natürlich das Werbeverbot. Auf der anderen Seite schaffen die Bonusbedingungen ein Umfeld, mit dem Tipper zu Einsätzen in schneller Folge animiert werden – was den Behörden auf jeden Fall ein Dorn im Auge ist.
Es gibt diverse Punkte, welche die Branche am neuen Staatsvertrag sicher stören. Bleibt abzuwarten, wie Buchmacher reagieren. Eine deutliche Verschärfung der Regeln dürfte allerdings kaum Anreize schaffen, sich dem in Deutschland ab 2020 geltenden Glücksspielrecht zu unterwerfen.
Wie sollten sich Tipper heute verhalten?
Die aktuelle Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit Sportwetten und Online Casinos hält an. Zumindest bis 2020. Dann ist zumindest eine gewisse Entspannung in Sicht.
Wie schnell scheinbar eindeutige Verfahren im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel nach hinten losgehen können, zeigt das Blackjack-Urteil aus dem Jahr 2015. Damals sprach das Amtsgericht München einen Spieler, der online gewonnen hatte, schuldig. Aber: Das Landgericht kassierte wenig den später den Richterspruch wieder ein – aufgrund fehlender Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts.
Viele Rechtsexperten sehen eine Lizenz aus anderen EU-Mitgliedsstaaten nämlich als ausreichend an. Insofern könnte es auch nach der Ratifizierung des Staatsvertrags so sein, dass einfach bei Anbietern im Ausland weitergewettet wird – auch, wenn diese weiterhin die Möglichkeit zu Live Wetten anbieten.
Bis zum Inkrafttreten des neuen Staatsvertrags ändert sich eh nichts. Erst danach können Anbieter sich um eine Lizenz bemühen. Und ob Buchmacher gewillt sind, die Hürden zu nehmen bleibt abzuwarten. Gerade die Tatsache, dass viele Anbieter inzwischen Wetten und Casino Games wie Poker, Roulette und Blackjack auf einer Plattform kombinieren, könnte das K.O.-Kriterium in der Entscheidung sein. Mit den Casinos wird teils einfach mehr Geld als mit Sportwetten gemacht.
Überhaupt ist Geduld in diesem Zusammenhang – auch für Sportwetter – eine Tugend. Es kann durchaus noch zu Klagen gegen die Regelungen kommen, etwa durch:
- Benachteiligungen bei der Lizenzvergabe
- Wartezeiten auf die Erteilung einer Lizenz o. Ä.
Was sollten Tipper bei Wett-Anbieterwahl generell beachten?
Die letzte Messe ist im Hinblick auf gesetzliche Regelungen zum Glücksspiel in Deutschland noch nicht gelesen. Soviel ist auch im Zusammenhang mit dem neuen Staatsvertrag sicher. Dessen Regelungen bringen für Buchmacher zu viele Beschränkungen mit sich. Das Erfordernis, sich von lukrativen Geschäftsbereichen trennen zu müssen werden sicher viele Anbieter nicht eingehen wollen. Und auch die sehr kurze Geltungsdauer der Lizenzen dürfte diese Haltung verstärken.
Wer als Fan von Sportwetten nach passenden Buchmachern sucht, schaut von Haus aus nicht ausschließlich auf die Lizenz. Es gibt etliche weitere Punkte, welche in der Entscheidung für oder gegen einen Buchmacher Bedeutung haben. Expertenportale helfen zudem dabei, auch die weiteren Konditionen der Anbieter genauer unter die Lupe nehmen zu können.
Dazu gehören:
1. Wettquoten
Hier entscheidet sich, wieviel Geld aus einer Wette zurückfliest. In der grundlegenden Tendenz sind Buchmacher zwar vergleichbar. Die Quote variiert oft doch deutlich. Damit ergibt sich die Chance, ein paar mehr Prozent an Ertrag einzustreichen. Parallel beeinflusst die Quote auch Möglichkeiten zum Aufbau einer Sure Bet.
2. Promo-Aktionen
Neben Neukundenboni gibt es immer wieder Promo-Aktionen für Bestandskunden. Die einzelnen Buchmacher lassen an dieser Stelle sehr große Unterschiede erkennen.
3. Banking
Das Banking droht schnell vernachlässigt zu werden, ist in der Praxis aber wichtig. Einmal geht es um die Auswahl bei den Zahlungsarten. Auf der anderen Seite spielen die Zahlungsregeln – etwa in Bezug auf monatliche und tägliche Höchstauszahlungssummen – eine Rolle.
4. Kundendienst
Jeder braucht mal Hilfe. Ist der Kundendienst nicht erreichbar, macht sich Frust breit. Sportwetter sind gut beraten, auch auf die Qualität des Supports und das Serviceportfolio der Buchmacher zu achten.
Fazit: Staatsvertrag löst Probleme nicht wirklich
Die Länder wagen einen neuen Ansatz zur Lösung des seit Jahren andauernden Tauziehens um Regelungen zum Glücksspielmarkt. Eine Lösung, die alle Interessen zufriedenstellt, ist allerdings von den geplanten Reformen nicht zu erwarten. Seitens der EU wurde bereits Kritik geäußert. Letztere hat sich an der kurzen Geltungsdauer auszugebender Lizenzen entzündet. Aufgrund der Rahmenbedingungen ist eher davon auszugehen, dass viele Buchmacher keinen Anreiz sehen, sich um eine deutsche Lizenz zu bewerben.