„Für viele Menschen erscheint es ohnehin eher unverständlich, dass diese Fälle vor einem Strafgericht verhandelt und beurteilt werden“, sagte der Richter Rocky Pollock im Criminal Court in Winnipeg im Rahmen seiner Begründung für die Freisprüche. „Die Fälle“, das waren die ersten beiden Angeklagten von insgesamt 57 Personen, die in einer großangelegten Razzia im vergangenen Jahr bei, nach derzeitiger Rechtslage, illegalem Pokerspiel festgenommen worden waren. Damit machte der ehrenwerte Richter deutlich, was er von dieser Gesetzeslage hält.
Nach dem Strafgesetzbuch der kanadischen Provinz Manitoba gilt Pokerspiel als Glücksspiel. In der Provinzhauptstadt sehen dies viele Leute aber anders. Zu denen gehört auch Richter Rocky Pollock. Deshalb sprach er die beiden Angeklagten, Rellen Orcullo und Neil Faderson, vom Vorwurf des illegalen Glücksspiels frei. Nun wirken die beiden nicht gerade wie Schwerverbrecher. Die 34-jährige Rellen Orcullo ist Mutter zweier schulpflichtiger Töchter, und der 27-jährige Neil Faderson schreibt an seiner Diplomarbeit in Unternehmensverwaltung am Red River College.
Am Red River entstanden einst die ersten Handelsstationen Kanadas. Hier trafen Jäger, Fallensteller, Indianer, Einkäufer und Glücksritter aufeinander. Poker gehörte bereits damals zum Alltagsleben. Deshalb sind die inzwischen geltenden Gesetze im Hinblick auf das Pokerspiel für viele Menschen nicht ganz nachvollziehbar. Noch unverständlicher war dann für Viele die Polizeiaktion. Von Verhältnismäßigkeit der Mittel war da nichts zu spüren. Schließlich hatte fast jeder Spieler „seinen“ Polizisten. Über 50 Polizisten sprengten drei Pokerrunden mit 59 Beteiligten, nachdem die Behörden von Undercover-Ermittlern informiert worden waren.
Den Zuschauern im überfüllten Gerichtssaal gab Richter Pollock noch einen Tipp. „Wenn Sie solche Prozesse nicht wollen, dann reden Sie mit Ihren Abgeordneten. Die werden von Ihnen ins Parlament gewählt, um dort Ihre Interessen zu vertreten.“
Geredet haben die Juristen der verschiedenen Gerichte offensichtlich miteinander. Das oberste Berufungsgericht hat bereits signalisiert die Freisprüche zu akzeptieren, wenn sich die Betroffenen verpflichten, sich für das Programm „Positives Leben“ der Heilsarmee zu engagieren.