Novomatic setzt auf die Schweiz

Der eidgenössische Glücksspielmarkt sollte ein Vorbild sein bei einer Liberalisierung der EU-Kasinolandschaft, fordert Vorstandschef Wohlfahrt.

Der österreichische Kasinoglücksspielmarkt schrumpft – und somit auch die Steuereinnahmen des Fiskus. Der Schweizer Markt hingegen explodiert. Vier Jahre nach der Liberalisierung des eidgenössischen Kasinobetriebes wird er – nach einem Plus von 37 Prozent im Vorjahr – heuer weiterhin zweistellig zulegen.

Für Franz Wohlfahrt, Chef des Gumpoldskirchner Glücksspielkonzerns Novomatic, macht der fehlende Wettbewerb in Österreich den Unterschied aus, da die Casinos Austria AG auf allen zwölf Kasinolizenzen sitzt.

In der Schweiz ist Novomatic an drei Kasinos beteiligt, die 100-Prozent-Tochter in Mendrisio im Tessin ist vom Bruttospielergebnis (Einsätze minus Gewinnauszahlungen vor Steuern) her das größte in der Schweiz – wenn man den traditionellen Kasinostandort in der nahe gelegenen italienischen Enklave Campione d’Italia nicht mitzählt. „In Österreich wird erhebliches Potenzial nicht ausgeschöpft“, sagte Wohlfahrt.

Hochregulierter Markt

Für den gelernten Rechtsanwalt wäre das helvetische Glücksspielrecht ein Vorbild: „Es ist ein hochregulierter Markt. Es gibt aber das modernste Glücksspielrecht Kontinentaleuropas, wenn nicht der ganzen Welt.“

Vor vier Jahren haben sich 64 Bewerber für die 22 Kasinolizenzen in der Schweiz beworben, außer Novomatic und zwei französischen Konzernen kamen auch die Casinos Austria zum Zug, sie betreiben mit einem Schweizer Partner sechs Kasinos. Der Markt wird extrem kontrolliert, im Unterschied zu Österreich aber nicht vom Finanzminister, sondern von einer eigenen Glücksspielkommission, „die mich den Schlaf kostet“, wie Urs Holger Spiecker, Chef des Kasinos in Mendrisio sagte.

Wohlfahrt hofft auf eine Liberalisierung auch in Österreich, die quasi von Brüssel aus verordnet wird. Denn die EU-Kommission hat eine Studie in Auftrag gegeben, die die Glücksspielgesetze in den Mitgliedstaaten evaluiert und bis Jahresende vorliegen soll. Damit betraut wurde das Schweizer Institut für vergleichende Rechtswissenschaften in Lausanne. „Auch deswegen bin ich zuversichtlich“, sagte Wohlfahrt.

Diskussionen sind wegen den Steuereinnahmen der mehrheitlich staatlichen Glücksspielfirmen programmiert. In Österreich etwa sind außer dem Staat noch relevante Machtblöcke wie die Uniqa (Raiffeisen), die Gewerkschaftsbank Bawag-PSK, diverse Verlage und Medien sowie die Kirche (über Schelhammer & Schattera) an Monopolbetrieben beteiligt.

Tessin ist das Las Vegas Europas

Bei den Casinos Austria wird mit der Gefahr von Geldwäsche und Erosion des Spielerschutzes argumentiert, sollte der Markt liberalisiert werden. „Wir haben Wettbewerb, es gibt in drei Bundesländern das kleine Glücksspiel, es gibt Wettbüros und das Internet“, sagte Casinos- Sprecherin Bettina Strobich dem STANDARD.

Das Tessin ist quasi das Las Vegas Europas. Der nur 300.000 Einwohner zählende Schweizer Kanton hat vier Kasinos (inklusive jenes in Campione). Hauptmarkt ist die dichtest besiedelte Region Europas, die vor der Haustür liegt: die Lombardei. Mehr als 80 Prozent der Gäste im Kasino von Mendrisio stammen aus Italien. Zum Vergleich: Die zwölf Kasinos in Österreich erreichten im Vorjahr einen Bruttospielertrag von 205 Millionen Euro. Die vier Kasinos im Tessin kommen auf knapp 390 Millionen Euro