Interview mit Dipl.-Kfm. Michael Seegert, Geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG zum Jahrhunderthochwasser in Bad Neuenahr-Ahrweiler

Ulli Schmitt
ISA-GUIDE Inhaber
E-Mail: ulli@isa-guide.de


Dipl.-Kfm. Michael Seegert
Dipl.-Kfm. Michael Seegert
Heute sprechen wir mit Diplom-Kaufmann Michael Seegert, persönlich haftender Gesellschafter und Geschäftsführer der Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG über die Flutnacht und deren Folgen.

Ulli Schmitt ISA-GUIDE: Ersteinmal hoffen wir das es Ihnen und den Mitarbeitern der Spielbank Bad Neuenahr, den Umständen entsprechend, gut geht. Wie haben Sie die Flutnacht erlebt? Waren Sie selbst unmittelbar betroffen?

Michael Seegert: Ich selbst war in der Nacht des 14. Juli nicht in Bad Neuenahr, aber seit 19 Uhr in ständiger telefonischer Verbindung mit der Technischen Leitung vor Ort. Viele unserer Mitarbeiter sind von der Hochwasserkatastrophe massiv betroffen, einige haben ihren kompletten Hausstand oder sogar ihr Wohnhaus verloren. Erfreulicherweise haben wir keine Opfer aus dem Kreis der Mitarbeiter oder deren Angehörigen.

Ulli Schmitt ISA-GUIDE: Die Spielbank wurde ja rechtzeitig geschlossen. Wie wurden Sie über den Hochwasserstand informiert oder handelte es sich um eine Vor-Ort-Entscheidung?

Da die Spielbank schon immer direkt an der Ahr liegt, haben wir relativ viele Erfahrungen mit Hochwasser. Um das Kurhaus weitest möglich zu schützen, haben wir im Jahr 2005 eine Flutmauer errichtet, die rd. 20 cm höher ist als das bis dahin höchst gemessene Hochwasser von 3,75 Meter. Eine höhere Mauer ist weder möglich noch sinnvoll, da bei einem derartigen Pegelstand das Wasser auf der anderen Seite der Ahr in die Stadt laufen würde.

Dass wir mit einem Hochwasser rechnen mussten, war schon am Tage zuvor bekannt. Aus diesem Grund wurde am 14. Juli schon ab mittags der Pegelstand Ahr aufwärts ständig online überwacht. Als dort gemeldet wurde, dass ein Pegelstand von mehr als zwei Metern über dem bisher höchsten Hochwasser erwartet werden würde, war uns klar, dass unsere Schutzeinrichtungen dafür nicht ausgerichtet sind und wir haben gegen 20 Uhr entschieden, die Spielbank spätestens um 22 Uhr zu schließen.
Eine behördliche Vorwarnung erfolgte nicht, um 22.30 Uhr wurden unsere letzten Mitarbeiter von der Feuerwehr aufgefordert, das Gebäude sofort zu räumen.

Ulli Schmitt ISA-GUIDE: Berichten zufolge wurde die Bausubstanz des Kurhauses schwer in Mitleidenschaft gezogen. Gibt es schon irgendeine Prognose zur Zukunft des Gebäudes?

Eine offizielle Begutachtung der Gebäudesubstanz hat bisher nicht stattgefunden. Augenscheinlich ist aber der Westflügel des Kurhauses massiv beschädigt und unterspült und vom Statiker bisher als „bedenklich“ eingestuft worden. Unser Automatenspiel im Erdgeschoss bzw. Kellergeschoss wurde deckenhoch geflutet, ein Betreten des Saales ist unmöglich, da hier ein einziger Trümmerhaufen liegt und der gesamte Boden mit einer rd. 30 cm dicken kontaminierten Schlammschicht bedeckt ist. Vom Sachverständigen der Versicherung wurde das Automatenspiel als Totalschaden deklariert.

Das Automatenspiel der Spielbank Bad Neuenahr vor dem Hochwasser.

Ulli Schmitt ISA-GUIDE: Die Hochwasserkatastrophe hat verheerende Schäden in Bad Neuenahr-Ahrweiler hinterlassen. Der Landrat spricht von Monaten bis die öffentliche Versorgung wiederhergestellt ist. Jetzt, nachdem ein paar Wochen ins Land gezogen sind, weiß man schon wie es mit der Spielbank weitergehen wird? Hat diese überhaupt noch eine Zukunft in Bad Neuenahr?

Auf Grund der massiven Zerstörungen im gesamten Ahrtal sowie insbesondere in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler scheint für den Zeitraum von zwei bis drei Jahren in der Stadt Bad Neuenahr kein Betrieb einer Spielbank möglich. Sämtliche Infrastruktur ist komplett zerstört, es gibt weder Gastronomie noch Hotellerie und sämtliche Zufahrtsstraßen bis hin zu den Autobahnen sind massiv beschädigt. Zwischen Land, Landkreis und Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie der Betreibergesellschaft besteht Einvernehmen, dass in Bad Neuenahr wieder eine Spielbank entstehen soll, allerdings nicht mehr im traditionsreichen Kurhaus, da ein wirksamer Schutz dort nicht möglich ist und es unverantwortbar ist, dort erneut eine öffentliche Einrichtung zu betreiben.

Ulli Schmitt ISA-GUIDE: Vergangene Woche haben offensichtlich Diebe Jetons aus der Spielbank gestohlen. Wurde die Spielbank, in der ja auch nicht unerhebliche Werte lagern, nicht entsprechend von den Behörden gesichert?

Der Diebstahl der Jetons muss erfolgt sein, bevor eine geordnete behördliche Bewachung aller Liegenschaften sichergestellt war. Zwei Tage nach der Katastrophe haben wir selbst durch Security-Mitarbeiter unsere Gebäude und unsere Einrichtungen bewachen lassen.

Ulli Schmitt ISA-GUIDE: Was geschieht mit den Mitarbeitern? Kommen diese an den anderen Standorten der Unternehmensgruppe unter?

Da wir eine Betriebsausfallversicherung haben, werden wir alle Mitarbeiter des Standortes Bad Neuenahr in der Gesellschaft behalten. Wir werden vorübergehend ab Anfang September einige von ihnen am Standort Nürburgring im Klassischen Spiel einsetzen und ggf. auch Kooperationen mit anderen Spielbankgesellschaften für zeitlich befristete Einsätze vorsehen. Zurzeit sind die meisten Mitarbeiter noch mit der Schadensbeseitigung ihrer persönlichen Beeinträchtigungen beschäftigt.

Ulli Schmitt ISA-GUIDE: Herzlichen Dank für das Gespräch.