Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt Verbot privater Sportwetten auch für das Land Brandenburg

Mit Beschluss vom 03.01.2007 (Az. OVG 1 S 107.06) hat das OVG Berlin-Brandenburg einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11.09.2006 aufgehoben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen ein Verbot zum Vertrieb von Sportwetten abgelehnt.

Der in zweiter Instanz unterlegene Antragsteller hatte Wett-Terminals in Gaststätten aufgestellt, mit denen über das Internet die Möglichkeit bestand, mit einer in Malta ansässigen Firma Sportwetten zu festen Gewinnquoten abzuschließen. Die Malta ansässige Firma verfügte über keine Erlaubnis einer deutschen Behörde, sondern lediglich über eine sog. „Class II Remote Gaming Licence“ der “Lotteries and Gaming Authority” auf Malta.

Das OVG betont zunächst, dass durch das Aufstellen der Online-Tippgeräte das Tatbestandmerkmal der Veranstaltung i. S. d. § 284 StGB erfüllt wird, weil der Antragsteller verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Durchführung eines Glückspiels schafft und der Bevölkerung in Brandenburg dadurch den Abschluss von Spielverträgen ermöglicht.

Anschließend stellen die Richter fest, dass der Antragsteller nicht über eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten nach § 8 a Abs. 1 des Brandenburgischen Lotteriegesetzes verfügt. Die der in Malta ansässigen Firma erteilte Konzession vermag nach Ansicht des OVG Berlin Brandenburg die erforderliche Erlaubnis auch unter Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Grundsätze nicht zu ersetzen. Wörtlich heißt es hierzu:

„Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts löst vorliegend – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – nicht die Verpflichtung aus, das landesrechtliche Monopol für Sportwetten und den dieses flankierenden Straftatbestand des § 284 StGB unangewendet zu lassen. Die Nichtanwendungspflicht mitgliedstaatlichen Rechts setzt voraus, dass bei der Anwendung von Gemeinschafts- und innerstaatlichem Recht auf denselben Sachverhalt eine Normkollision auftritt. Daran fehlt es, nachdem das Bundesverfassungsgericht durch das Urteil vom 28.03.2006 eine inhaltlich modifizierte und bis Ende 2007 befristete Weitergeltung des als verfassungswidrig erkannten staatlichen Wettmonopols angeordnet hat.“

Das OVG ist der Auffassung, dass das Land Brandenburg das vom Bundesverfassungsgericht unverzüglich herzustellende Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Wettmonopols andererseits hergestellt hat. An dieser Stelle weisen die Richter insbesondere das Vorbringen des Antragstellers zurück, soweit sich dieses auf die tatsächlichen Verhältnisse in anderen Bundesländern beschäftigt. Angesichts des landesrechtlich ausgestalteten staatlichen Sportwettenmonopols komme es für die Frage, ob bis zur gesetzlichen Neuregelung den Maßgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht entsprochen sei, allein auf die Verhältnisse des jeweiligen Bundeslandes, hier also in Brandenburg, an. Daran ändere auch der angeblich bundesweit einheitliche Werbeauftritt und Vertrieb von Wettangeboten der im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen Lotteriegesellschaften der Bundesländer nicht.

Auch der von dem Antragsteller behauptete Umstand, dass einzelne Lottoannahmestellen von Jugendlichen aufgesucht werden und dort möglicherweise Wettabschlüsse getätigt werden könnten, widerlege nicht das im Einzelnen dargestellte Bestreben der Land Brandenburg Lotto GmbH, die verfassungsgerichtlichen Maßgaben zur übergangsweisen Weitergeltung der gegenwärtigen Gesetzeslage zeitnah und konsequent umzusetzen.

Der Senat macht klar, dass es auf die Fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein gemeinschaftsrechtlicher Anwendungsvorrang im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht suspendiert werden könne, nicht ankomme. Folglich spiele auch der allein darauf abzielende Vorlagebeschluss des VG Köln vom 21.09.2006 für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle. Zutreffend weist das OVG Berlin-Brandenburg darauf hin, dass die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit einerseits und die Anwendung des vom Bundesverfassungsgericht auf Grund der modifizierten Weitergeltungsordnung geschaffenen Übergangsrechts einen Normkonflikt in Bezug auf die nicht erlaubte und strafbewehrte Wettvermittlung des Antragstellers nicht entgegensteht. Die Berlin-Brandenburger Richter sehen sich hier in Übereinstimmung mit den Verwaltungsgerichtshöfen aus Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Hierzu heißt es in aller Deutlichkeit:

„Die vom Bundesverfassungsgericht für die Übergangszeit ausgesprochene inhaltlich modifizierte Weitergeltung der landesrechtlichen Vorschriften trägt den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen in der Sache Rechnung und bindet als gesetzesvertretendes Übergangsrecht kraft § 31 Abs. 1 BVerfGG die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behören.“