Die Vergabe von Konzessionen für Sportwetten – Ein Experiment

Vor nahezu einem Jahr, am 01.07.2012, ist der Erste Glückspieländerungsstaatsvertrag in Kraft getreten. Gemäß der  „Experimentierklausel“ des § 10a sollten nach Inkrafttreten des Gesetzes 20 Konzessionen zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten für die Dauer von 7 Jahren vergeben werden.

„Die Experimentierklausel wurde offensichtlich falsch verstanden. Sie bezieht sich auf die Erprobung des Konzessionsmodels und nicht auf das Vergabeverfahren. Das Verfahren steckt momentan in einem unüberschaubaren Chaos. Es ist überhaupt nicht absehbar, wann mit der Erteilung der Konzessionen gerechnet werden kann. Ein Armutszeugnis für die Politik!“ sagt Markus Maul, Präsident des Verbandes Europäischer Wettunternehmer – VEWU.

Wir blicken zurück: Im Sommer letzten Jahres begann das mit der Konzessionsvergabe beauftragte Hessische Ministerium für Inneres und für Sport mit dem Vergabeverfahren. Nach Schätzungen der Branche bewarben sich um die 100 Unternehmen. Das Verfahren war zweistufig gestaltet. Diejenigen, die im Herbst die erste Stufe überstanden, mussten weitere Unterlagen bis zum 21.01.2013 einreichen. Die Anforderungen waren hoch gesteckt, aber teilweise so diffus, dass im Rahmen eines eigens vom Ministerium geschaffenen Frage- Antwortportals rund 600 Fragen gestellt werden mussten, um Licht in das Dunkel der Ausschreibungsanforderungen zu bringen. Zwischendurch wurden dann hier und da auch Anforderungen wieder geändert, wie z. B. die Verpflichtung, eine Bürgschaft in Höhe von 5 Millionen EURO bereits mit der Antragsstellung nachzuweisen – später reichte die Zusicherung aus, die Bürgschaft bei Konzessionserteilung zu stellen. Geplant war, die ersten Konzessionen ab Mai (2013!) zu vergeben. Bis Ende März wurden dem Vernehmen nach 14 Bewerber eingeladen, um ihre Sicherheits- und Sozialkonzepte persönlich vorzustellen. Erstaunlicherweise waren in der Verhandlungsrunde einige große internationale Unternehmen, die in vielen europäischen Ländern – und in Schleswig—Holstein – über Konzessionen verfügen, nicht dabei. An sich sollte nach der Verhandlungsphase die Vergabe der Konzessionen beginnen.

Stattdessen bricht das Chaos aus. Einige Bewerber reichen bei dem Verwaltungsgericht Wiesbaden Eilanträge ein. In einem Beschluss vom 30.04.2013 (AZ 5 L 90/13.WI) verpflichtet das Gericht daraufhin die Behörde, dem Bewerber Gelegenheit zu geben, seine Konzepte im Verhandlungsverfahren persönlich vorzustellen. In anderen Verfahren teilt das Gericht der Behörde mit, dass es davon ausgeht, dass bis zur Entscheidung über den Eilantrag keine Entscheidungen über die Konzessionsvergabe getroffen werden. Damit ist das Verfahren zunächst einmal lahmgelegt. Ob der Konzessionsgeber in die Beschwerde geht, steht noch nicht fest. Das Hessische Ministerium hat jetzt erst einmal reagiert. Es beabsichtigt, das gesamte Vergabeverfahren zu ändern. Es verkündet: 41 Bewerber sollen noch in der zweiten Stufe sein. Alle Anträge werden jetzt noch einmal abschließend geprüft. Daraufhin wird entschieden, ob ggf. noch Bewerber in die Verhandlungsrunde eingeladen werden. Alle die nicht dorthin gelangen, erhalten dann eine Vorabinformation mit ausführlicher Begründung der beabsichtigten  Ablehnung ihrer Bewerbung. Sie haben dann 15 Tage Zeit, um rechtliche Schritte zu ergreifen, bevor Konzessionen an erfolgreiche Bewerber erteilt werden. Nach Ablauf dieser Frist werden an diese Bewerber Konzessionen erteilt. Und dann soll ein zweites Verfahren eröffnet werden, in dem sich diejenigen, die in der zweiten Stufe leer ausgegangen sind, nach Maßgabe der ursprünglichen Ausschreibung erneut um eine Konzession bemühen können.

„Ich frage mich, warum man sich nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden veranlasst sieht, alle Anträge jetzt noch einmal „abschließend“ zu prüfen. Die Prüfung war doch schon vor der Verhandlungsrunde im März abgeschlossen. Da die Behörde meint, sie werde später nachgereichte Erklärungen nicht berücksichtigen, dürfte doch gar kein Anlass zu einer erneuten Prüfung bestehen. Es sei denn, dass man im Ministerium davon ausgeht, möglicherweise etwas übersehen zu haben. Aber das Ergebnis der Nachprüfung scheint ja ohnehin schon festzustehen. Denn die Behörde geht ja bereits davon aus, dass nicht alle 20 Konzessionen im ersten Schritt verteilt werden, so dass sich diejenigen, die abgelehnt werden, in einem zweiten Vergabeverfahren um die restlichen prügeln können. Da stellt sich dann allerdings die Frage, wie der Wettbewerbsvorteil ausgeglichen werden soll, der dadurch entsteht, dass die Mitbewerber aus dem ersten Schwung wesentlich früher auf den Markt dürfen. Interessant wird auch die Vergabe der stationären Konzessionen durch die einzelnen Länder, die ja sehr unterschiedlich zahlenmäßig begrenzt sind. Werden in den Ländern Konzessionen für die Nachrücker freigehalten?“ kommentiert Markus Maul.

Artikelbild: Markus Maul „Meine Vermutung ist, dass man mit der angeblichen Nachprüfung und der Änderung des Verfahrens den momentan anhängigen Eilanträgen mit dem Argument, „wir prüfen doch noch und ihr habt doch in einem zweiten Verfahren noch eine Chance“ das Rechtsschutzinteresse entziehen will. Das wird nicht funktionieren. Vielmehr werden jetzt noch mehr Gründe für eine Lawine von Klagen geschaffen. Das scheint auch dem Ministerium bewusst zu sein, denn wie auf ISA zu lesen war, suchen sie händeringend eine versierte Anwaltskanzlei. Mir tun die Mitarbeiter in der Behörde leid, denn sie sind die leidtragenden eines politisch halbgaren Kompromisses, der mit der Experimentierklausel geschlossen wurde. Hätten die Glücksspielreferenten ihre 15 Ministerpräsidenten seinerzeit gut beraten, hätten die den einzig richtigen Weg beschritten und – wie damals Schleswig-Holstein- ein Gesetz geschaffen, dass jedem eine Konzession ermöglicht, der die notwendigen Anforderungen erfüllt.  Dann wäre den Beamten viel Ärger und den Gerichten viel Arbeit erspart geblieben.“ sagt Markus Maul abschließend.

Den Informationen des Ministeriums zur Folge ist mit der Ankündigung der Ablehnungen nicht vor August zu rechnen. Es werden schon Wetten angenommen, was zuerst fertig ist? Der Flughafen Berlin-Brandenburg oder das Konzessionsvergabeverfahren.

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