Die Sucht nach dem Poker-Glück: Interview mit Gerhard Meyer

Glück oder Können – Was ist beim Poker entscheidend?

Gerhard Meyer - Fachpsychologe für Rechtspsychologie
Gerhard Meyer – Fachpsychologe für Rechtspsychologie

Insgesamt spielt beim Poker die individuelle Kompetenz zwar auch eine Rolle, die Kartenverteilung hat jedoch – zumindest auf kurze Sicht – einen sehr viel größeren Einfluss auf das Spielergebnis. Poker hat durchaus gewisse Geschicklichkeitsanteile, bleibt aber letztendlich ein Glücksspiel, da der Faktor Zufall das Spielergebnis wesentlich bedingt. Die Poker-Lobby stellt ihr Spiel öffentlich gerne als Geschicklichkeits-Spiel dar und versucht, Poker als Sport zu vermarkten und sogar bei den Olympischen Spielen zu etablieren. Damit werden die Suchtgefahren, die mit dieser Spielform verbunden sind, gezielt verharmlost.

Sie forschen zum Thema Poker an der Uni Bremen. Wie gehen Sie vor?

Wir haben eine experimentelle Untersuchung durchgeführt zu der Frage, ob die Fähigkeiten der Spieler einen maßgeblichen Einfluss auf das Spielergebnis haben. Dazu haben wir die individuelle Kompetenz der Versuchsteilnehmer erfasst, d.h., deren Spielerfahrung, die Kenntnisse und Fertigkeiten im Spiel, ihre Strategien und Erfolge. Je nach Kompetenzgrad wurden die Teilnehmer dann in Durchschnittsspieler und Experten eingeteilt. Anschließend haben jeweils sechs Spieler, drei Durchschnittsspieler und drei Experten, an einem Pokertisch insgesamt 60 Hände gespielt. Die Karten wurden ihnen nicht zufällig gegeben, sondern waren vorher festgelegt: Da hat dann ein Durchschnittsspieler mit einem Gewinnerblatt gespielt, ein Experte mit einem Verliererblätter und so weiter.

Wer spielt Poker?

Nach Untersuchungen aus dem Jahre 2010 wissen wir, dass 580 000 Bundesbürger im Internet pokern – überwiegend junge Männer. Es gibt ja zahlreiche Pokeranbieter, die über das Internet ihr Angebot in die Wohnzimmer tragen – obwohl es in Deutschland illegal ist! Gerade jetzt nach dem Erfolg eines deutschen Studenten aus Köln, der die Pokerweltmeisterschaft in Las Vegas gewonnen hat, dürfte es wieder einen Zuwachs an Spielteilnehmern geben. Zumal beim Poker hinzukommt, dass der Einfluss der persönlichen Fähigkeiten auf das Spielergebnis in der Regel überschätzt wird. Das heißt, bei den Zockern besteht eine Kontrollillusion. Sie meinen, sie müssten nur ihre Fertigkeiten verbessern, dann würde das langfristig zu Erfolgen führen. Viele träumen davon, ihren Lebensunterhalt über Gewinne beim Poker zu finanzieren. Und das wird natürlich durch solche Rollenbilder wie den Gewinner von acht Millionen Dollar in Las Vegas gefördert.

Wie hoch schätzen Sie die Suchtgefahr ein?

Wir wissen aus Analysen des Pokerspiels, dass die Suchtgefahr hoch ist. Das hat u.a. damit zu tun, dass der Spieler dieser Kontrollillusion erliegen kann.. Hinzu kommt beim Internetpoker, dass der Zocker auch an mehreren Tischen gleichzeitig spielen kann. Hier wird die Spielabfolge erhöht und je schneller das nächste Spiel möglich ist, desto höher ist das Suchtpotential. Zudem ist das Spielangebot rund um die Uhr von zu Hause aus verfügbar.