Interview mit John Jahr – Geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Hamburg

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
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Interview mit John Jahr, geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Hamburg, ehemaliger Vorstand der Gruner & Jahr AG, und Sprecher der neu gegründeten Casino Stuttgart GmbH & Co. KG, die sich um die Spielbankkonzession für Stuttgart bewirbt.

John Jahr jr. ist seit Jahrzehnten eine Größe in der deutschen Spielbankerlandschaft. Der Hamburger Verleger und Unternehmer war bis 2000 Vorstand des größten europäischen Verlages, der Gruner+Jahr AG & Co KG, an dem die Jahr-Holding (neben Bertelsmann) 25,1 Prozent der Anteile hält. Gemeinsam mit dem vor etwa zwei Jahren verstorbenen Wilfried Achterfeld gründete er 1978 die Spielbank Hamburg und hielt sie auf Erfolgskurs. Unter seiner Regie begann auch für die Spielbank Wiesbaden Anfang der 90ger Jahre wieder der Aufschwung.

Im Oktober 2004 beteiligte sich Jahr maßgeblich an einem Konsortium privater, deutscher Spielbankbetreiber, die sich um die ab Jahresende 2005 neu zu vergebende Erlaubnis zum Betrieb der Spielbank Stuttgart bewerben. Am 15.12.2004 wurden die Bewerbungsunterlagen fristgerecht beim Stuttgarter Innenministerium eingereicht. Dem Vernehmen nach gibt es nur noch einen weiteren Wettbewerber – den derzeitigen staatlichen Betreiber, die Baden-Württembergische Spielbanken GmbH & Co. KG.

ISA-CASINOS, Chefredakteur, Reinhold Schmitt: Über die Ausschreibung in Stuttgart war einiges zu lesen? Wer steht hinter dem Konsortium, das sich für die Konzession beworben hat?

John Jahr jr.: Noch während des Ausschreibungsverfahrens haben wir die „Casino Stuttgart GmbH & Co. KG“ gegründet. Diese neue Gesellschaft wurde extra für den Spielbankbetrieb in Stuttgart „maßgeschneidert“. Hinter ihr stehen Gesellschafter, die ihre Kompetenz beim Aufbau und Betrieb namhafter Spielbanken bereits unter Beweis gestellt haben. Sie stehen für die Erfolge der Häuser Bad Neuenahr, Berlin, Hamburg und Wiesbaden. All diese Standorte behaupten sich derzeit gegen die rückläufigen Branchentrends. Zum Beispiel Wiesbaden: Durch ständige Entwicklungen im Klassischen Spiel stiegen hier in 2004 die Bruttospielerträge gegenüber Vorjahr um 11,96 Prozent. Und Berlin erreichte in 2004 durch konzeptionelle Änderungen einen 15prozentigen Anstieg der Bruttospielerträge im Klassischen Spiel. Die Spielbank Berlin erzielte damit 89 Mio. Euro Bruttospielertrag. Damit schaffte sie die Wende und liegt erstmals vor Hohensyburg auf Platz 1 der deutschen Spielbanken. Innerhalb von vier Jahren erzielte sie eine BSE-Steigerung um fast 10 Mio. Euro.

ISA-CASINOS: Sie selbst sind als Hamburger Kaufmann und Verleger bekannt. Wie sieht es an der Elbe aus?

Jahr: In Hamburg investieren wir gerade in eines neues Stammhaus. Die Spielbank zieht Anfang des kommenden Jahres in ein klassizistisches Palais, mitten im Herzen der Hansestadt. Dort erweitern wir nicht nur das Automatenspiel, sondern auch das Klassische Spiel. Beide Glücksspiele integrieren wir in ein Unterhaltungsangebot, das Entertainment und Glücksspiel miteinander vernetzt. Wir realisieren damit eine Idee, die Parallelen zum Standort Stuttgart aufweist.

ISA-CASINOS: Wie positionieren sich die einzelnen Gesellschafter in Ihrem Bewerbermodell?

Jahr: Wir verfolgen das auch in anderen Dienstleistungsbranchen eingesetzte Konzept des „best of“. Auf diese Weise verbinden wir die einzelnen „best practices“ zu einer optimalen Lösung für Stuttgart. Allein mit Berlin, Hamburg und Wiesbaden vereinigt unsere Bewerbergesellschaft das Know-how von drei der führenden fünf Spielbanken in Deutschland. Darüber hinaus steigerte auch Bad Neuenahr das Bruttospielertragsaufkommen im vergangenen Jahr um über 3 Prozent. In der Summe ist das ein deutlicher Beleg für die Kompetenz und Glaubwürdigkeit der Bewerber. Wenn Sie dann noch berücksichtigen, dass die Entwicklung des Bruttospiels der Spielbank Stuttgart in 2004 dagegen in allen Bereichen stark rückläufig ist.

ISA-CASINOS: Welches sind für Sie die Gründe, sich für Stuttgart zu bewerben?

Jahr: Stuttgart ist ein hervorragender Standort für eine Spielbank. Die Lage, Einzugsbereich, Umgebung und auch die Mitarbeiter sind viel versprechend. Stuttgart liegt zwar –trotz stetiger BSE-Rückgänge in den letzten Jahren– im Gesamt-Ranking in Deutschland an dritter Stelle. Doch wir werden noch erhebliche, bislang ungenutzte Wachstumspotentiale freilegen und nutzen. Es reizt, in ihre Entwicklung zu investieren. Die Spielbank kann so bereits in wenigen Jahren zum einspielstärksten Einzelstandort avancieren – wenn wir gemeinsam mit den Mitarbeitern die bestehenden Ressourcen optimal ausnutzen. Wir haben daher zunächst einmal eine Marktanalyse vorgenommen. Dann entwickelten wir daraus unser Konzept und statteten unsere Gesellschaft mit den notwendigen Mitteln bestens aus. Schon die Projektarbeit für die Bewerbung löste bei allen Beteiligten Begeisterung und Aufbruchsstimmung für Stuttgart aus.

ISA-CASINOS: Gegenwärtig sind alle Spielbanken Baden-Württembergs in der landeseigenen Betreibergesellschaft vereint, die nach Übernahme der Casinos in Baden-Baden und Konstanz unter neuer Firma als „Baden-Württembergische Spielbanken GmbH & Co. KG“ auftritt. Dies lässt den Schluss zu, dass das Land auch in Zukunft eine einheitliche Betreiberschaft durch seine Gesellschaft bevorzugen würde. Das sehr versteckt bekannt gemachte und dadurch kaum und wenn, dann zu spät wahrgenommene Ausschreibungsverfahren spricht nicht dafür, viele Bewerber erreichen zu wollen. Glauben sie dennoch an Ihre eine Chance?

Jahr: Niemand weicht gerne von einem einmal eingeschlagenen Weg ab. Das trifft für den privaten Konzessionsinhaber ebenso zu wie für den staatlichen Betreiber. Aber hier geht es um etwas anderes. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss von 2000 vorgeschlagen, dass eine Ausschreibung ein mögliches Verfahren ist, über eine Konzessionsneuvergabe zu entscheiden. Das heißt: Private Spielbankbetreiber dürfen nicht außen vor bleiben. Dem folgt nun der Gesetzgeber in Baden-Württemberg. Alle Bewerber sollen eine gleiche Chance haben. Aber nur einer kann gewinnen. Dies darf nur der beste, respektive der unter Abwägung aller relevanten Belange am meisten geeignete Bewerber sein.

ISA-CASINOS: Also: Kein Scheinverfahren?

Jahr: Ich gehe davon aus, dass das Innenministerium dieses grundrechtlich gebotene Verfahren nicht als notwendiges Durchgangsstadium zur Entscheidung in eigener Sache versteht – und nur pro forma durchführt. Die Ausschreibungsinhalte und die Verfahrensneutralität lassen darauf schließen, dass man die Sache ernst nimmt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das Land eine private Betreibergesellschaft benachteiligt, wenn es von deren Unternehmenskonzept mehr profitiert. Und wir bieten einen klaren Dreijahresplan, der der öffentlichen Hand 20 Millionen zusätzlicher Einnahmen bringt. So sind Standort und Arbeitsplätze zu sichern. Darüber hinaus legen wir in Sachen Sicherheit hohe Maßstäbe an und bieten und zur Suchtprävention ein überzeugendes und von namhaften Institutionen entwickeltes Konzept an. Daher erwarten und verlangen wir nicht mehr als ein faires Verfahren, das eine unvoreingenommene Bewertung der Bewerbungsunterlagen gewährleistet. Wenn danach der objektiv wirklich Bessere die Konzession bekommt, gibt es nichts auszusetzen.

ISA-CASINOS: Das klingt selbstbewusst. Sie betonen, dass ihre neue Gesellschaft vom Know-how mehrerer der in Deutschland erfolgreichsten Spielbanken profitiert. Was heißt das?

Jahr: Das ist in der Tat etwas absolut Einmaliges. Ich darf wohl ohne Übertreibung anmerken, dass der Austausch erfolgreicher Konzepte durch Spielbanken in Deutschland untereinander in der Vergangenheit mehr oder weniger ein Tabu-Thema war. Auch die Glückspielbranche lässt sich nicht gerne in die Karten gucken. Umso erstaunlicher war diese Projektarbeit. Ich habe Vergleichbares bisher nicht erlebt. Zum ersten Mal haben sich Gesellschafter, Geschäftsführer und spieltechnische Spezialisten von vier Spielbanken an einen Tisch gesetzt und ihre Schatzkästchen geöffnet. So kam das Beste vom Besten zusammen. Modernste und bewährte innerbetriebliche Strukturen, innovative Tisch- und Spielsaalkonzepte, attraktive Neuerungen bei Spielformen und Sicherheitstechnik – gleich, was es war, aus jeder Spielbank wurden die persönlichen Erfolgsrezepte zu einem Gesamtwerk verbunden. Daneben wurde ein anspruchsvolles Sicherheits- und Suchtkonzept implementiert. Die Gesellschafter haben bereits in der Bewerbungsphase mit einem für dieses frühe Stadium bemerkenswerten Etat eine außergewöhnliche Marketingstrategie sowie eine neue architektonische Ausrichtung für den Spielbankbetrieb entwickelt. Alles mit hoher Professionalität.

ISA-CASINOS: Wenn sie diese Vorzüge hervorheben, was heißt das wirtschaftlich?

Jahr: Nach Schätzungen lagen die Gesamtbruttospielerträge der Spielbank Stuttgart im Jahr 2004 etwa bei 59,6 Mio. Euro. Die Größenordnung dürfte sich mittlerweile in etwa im Bereich plus/minus einer Million bestätigt finden. Unsere aus der erarbeiteten Konzeption entwickelte Kalkulation geht indes für das erste Planjahr 2006 bereits von einem BSE in Höhe von 66,6 Mio. Euro aus. Bis 2008 sollen auf dieser Basis allein in Stuttgart sogar rund 74 Mio. Euro eingespielt werden können. Die Attraktivität der durch die Spielbankabgaben daraus zu realisierenden Mehreinnahmen für das Land ist also nicht zu übersehen.

ISA-CASINOS: Das wird auch Ihr Mitbewerber registrieren?

Jahr: Ich hoffe es. Es wäre interessant zu erfahren, was der derzeitige Konzessionär gegen die im letzten Jahr erkennbar rückläufige Tendenz seiner Zahlen zu tun gedenkt.

ISA-CASINOS: Herr Jahr, vielen Dank für das Gespräch.