Das PokerNews Interview: Andy Bloch

Von Martin Harris

Seit er sein erstes Pokerturnier im Jahr 1993 gewonnen hatte, hat Andy Bloch über USD 4 Millionen bei Pokerturnieren gewonnen und hat gleichzeitig einige Diplome in Elektrotechnik am M.I.T und ein Diplom in Rechtswissenschaften in Harvard erworben. Zusätzlich zu seinen beiden Final Table bei der World Poker Tour, hat der Full Tilt Poker Pro 20 Preisgelder bei der WSOP bzw. der WSOPE gewonnen, wozu 7 Final Table und zwei 2.Plätze gehörten. Dabei hat er auch bewiesen, daß er sich mit den unterschiedlichsten Pokervarianten auskennt, da er bei den 7 Final Table bei unterschiedlichen Spielvarianten am Final Table saß: No-Limit Holdem, Limit Holdem, Pot-Limit Holdem, Seven-Card Stud, Razz, Pot-Limit Omaha und H.O.R.S.E. Bei der WSOP 2007 schied Andy Bloch bei einem 2-7 Triple Draw Event auf der Final Table Bubble aus.

Kurz nachdem er vom PokerStars.com European Poker Tour Monte Carlo Grand Final zurückkam, sprach PokerNews mit ihm über verschiedene Themen, wie z.B. Blackjack (ein weiteres Kartenspiel, in welchem Bloch sein Können bereits bewiesen hat), die aktuelle rechtliche Situation beim Online Poker, Annie Duke’s Abschneiden bei der Celebrity Apprentice, die Struktur der letzten World Poker Tour Championships und die kommende World Series of Poker.

PokerNews: Die meisten unserer Leser kennen Ihre Geschichte und wissen, daß Sie in den 90’ern ein Mitglied im MIT Blackjack Team waren. Sie haben immer noch in einigen Casinos Hausverbot, korrekt?

Andy Bloch: Ja, das stimmt. Die meisten davon sind in Europa. Eins davon ist London und dort wurde während der letzten Jahre die World Series of Poker Europe ausgetragen. Als ich mich für die WSOPE registrieren wollte, mussten die Casinoangestellten zuerst ihren Supervisor rufen und sich eine Ausnahmegenehmigung holen. In den USA variiert es von Bundesstaat zu Bundesstaat. In den meisten Casinos kann ich alles, außer Blackjack, spielen, in anderen Casinos darf ich nur Poker spielen – dort darf ich noch nicht einmal an den einarmigen Banditen spielen!

PN: Eine Frage zu einem anderen Spiel – Schach. Zu Beginn eines Kapitels in “Full Tilt Poker Strategy Guide: Tournament Edition”über das Preflop Spiel bei No-Limit Holdem Turnieren, stellen Sie einen Vergleich an zwischen dem Preflop Spiel und den Eröffnungszügen beim Schach. In welchen Beziehungen ist Schach außerdem noch mit Poker vergleichbar.

Bloch: Es gibt einige Unterschiede. Bei Poker sind die Informationen verdeckt, so daß es immer eine Ungewissheit über den Ausgang jeder individuellen Hand besteht. Wenn aber das Heads-Up beginnt, gibt es eine optimale Strategie, genau wie beim Schach, wobei die Strategie beim Poker allerdings nicht so feststehend ist, wie beim Schach. Manchmal muss man eine Hand halt mal so spielen und manchmal muss man die gleiche Hand ganz anders spielen – um den Gegenspieler zu verwirren. Es gibt aber auch noch andere Ähnlichkeiten. Viele Leute behaupten, Poker wäre ein Glücksspiel und Schach wäre ein Spiel der Fähigkeiten. Diese Aussage findet man oft bei rechtlichen Debatten. Aber in der Realität… ist die Grenze zwischen einem Glücksspiel und einem Spiel der Fähigkeiten oftmals wesentlich fließender, als die meisten Leute denken.

PN: Barney Frank (D-MA), der Vorsitzende des Finanzausschusses im Repräsentantenhaus, hat gerade eine neue Gesetzesvorlage vorgestellt, welche den Unlawful Internet Gambling Enforcement Act (UIGEA) außer Kraft setzen soll. Was denken Sie über den momentanen rechtlichen Status von Online Poker?

Bloch: Die Online Poker Welt benötigt definitiv einige rechtliche Regelungen. Und es wird eine Regulierung benötigt, welche dafür sorgt, daß Mechanismen eingeführt werden, welche dafür sorgen, daß die Spieler vor Betrug geschützt werden, daß der Jugendschutz gewährleistet wird und daß Spielsüchtige entsprechende Hilfe erhalten bzw. sich selbst für Seiten sperren können… Diese Maßnahmen würden die Situation für die Spieler schon sehr verbessern, da die Spieler dann sicher sein könnten, daß die Seiten, auf welchen sie spielen, in ihrem Interesse handeln.

PN: Wie viele andere Spieler in der Pokerszene haben sich sehr für die “Celebrity Apprentice” interessiert – Sie unterstützen Annie Duke. Was denken Sie über das Abschneiden von Annie?

Bloch: Annie hat ihre Sache gut gemacht. Sie hat es bis zum Final Table geschafft – nun ist Annie im Heads-Up gegen Joan Rivers. Es ist großartig Annie beim Spiel zu beobachten, da ich Annie schon viele Jahre kenne und gut mit ihr befreundet bin. Ich beobachte Annie, schaue mir ihr Gesicht an und beobachte ihre Reaktionen, wenn ich mir dann Joan’s Gesicht und Joan’s Reaktionen anschaue, stelle ich fest, daß Annie ihre Emotionen und ihre Aktionen viel besser unter Kontrolle hat. Ich hätte einige Dinge anders gemacht, wenn ich mir aber den Spielverlauf ansehe, hat Annie bisher hervorragend gespielt. Einige der Sachen, welche Joan zu Annie gesagt hatte, waren für mich einfach inakzeptabel. Und Annie war einfach unglaublich – Sie saß einfach da, hat gelächelt und hat sich die Sachen angehört, ohne darauf zu reagieren. Wenn Annie solche Sachen zu Joan gesagt hätte, wäre Joan sicherlich aufgesprungen, hätte den Raum verlassen und wäre nie mehr zurückgekommen.

Für mich wäre dies alles eine große Farce, wenn Donald Trump beschlossen hätte, daß Joan Rivers gewinnen würde. Niemand weiss bis jetzt, wer gewinnen wird. Das Finale ist erst am Sonntag. Ich plane nach New York zu fliegen und denke, es wird sicherlich überaus spannend. Aber ich meine… wenn Joan Rivers gewinnen sollte, dann hat Joan das Turnier sicherlich nicht gewonnen, weil sie so gut gespielt hat, da sie eigentlich schon zwei oder drei Mal aus dem Turnier hätte fliegen müssen.

PN: Was war das Problem im Bezug auf die Struktur bei den WPT World Championships im letzten Monat?

Bloch: Der Buy-In in Höhe von USD 25.000 bei den WPT Championships, wurde vom Bellagio so hoch angesetzt, um mit den “Deep-Stack” Turnieren in anderen Casinos konkurrieren zu können. Es war beabsichtigt, daß jeder Spieler das 4-fache des Buy-In’s als Start-Stack erhält. Deshalb starteten wir mit 100.000 Chips, anstatt wie früher mit 50.000 Chips. Die Blindstruktur wurde allerdings in der Anfangsphase nicht angepasst, so daß wir mit 50/100 Blinds starteten. Es war also fast unmöglich in den ersten Leveln auszuscheiden. Und ich ging trotzdem fast Pleite. Ich hatte einen Straight Flush und mein Gegenspieler hätte theoretisch einen höheren Straight Flush haben können, hatte aber letztendlich doch keinen höheren…eine außergewöhnliche Situation, in welcher ich ebenso gut hätte ausscheiden können. Ich weiss nicht, ob jemand im ersten Level verdoppelt hat oder ausgeschieden ist. Vielleicht ein oder zwei Spieler. Das ist aber so ein geringer Prozentsatz, daß dieser Tag für mich irgendwie verschenkte Zeit war, wenn nur 5-10% der Teilnehmer ausscheiden.

Am Tag 1 schieden also nur sehr wenige Spieler aus. An den beiden ersten Tagen schieden insgesamt nur 50% der Teilnehmer aus. Am 3.Tag gab es dann eine Erhöhung von 50% bei den Blinds. Wenn man bis zu diesem Zeitpunkt gut mit seinem Stack spielen konnte, kam man schon kurz danach in Situationen, bei welchen man aufgrund der hohen Blinds bei vielen Händen Preflop All-In gehen musste. Ich bin der Meinung, daß diese Hände eigentlich am Tag 1 hätten gespielt werden sollen, anstatt zwei Tage spielen zu müssen, um dann gezwungen zu werden, zu Gamblen.

Es gibt einen französischen Physiker, welcher einige Forschungen betrieben und eine Abhandlung über die Struktur bei Pokerturnieren geschrieben hat. Er war der Meinung, daß die Höhe des Start-Stacks sich nicht auf die spätere Turnier-Struktur auswirken würde. Es wäre nur eine Verschwendung eines Levels, was das Turnier unnötigerweise verlängert. Wenn man das Problem lösen möchte, daß die Spieler am Final Table nicht genügend Chips haben, sollte man nicht versuchen dieses Problem zu lösen, indem man mehr Chips in das Turnier bringt. Die Lösung besteht darin, später noch eine Level hinzuzufügen oder die Level im späteren Verlauf zu verlängern. Eine weitere Möglichkeit wäre es, einen Weg zu finden, um das Spiel an sich zu beschleunigen, damit pro Level mehr Hände gespielt werden könnten.

PN: Dies führt uns zur nächsten Frage – was denken Sie über die “Triple Stack” Events, welche bei der diesjährigen WSOP eingeführt werden sollen (es handelt sich dabei um Events, bei welchen die Spieler einen Start-Stack in Höhe des 3-fachen Buy-In’s erhalten; z.B. 4.500 Chips bei Events mit einem Buy-In von USD 1.500)?

Bloch: Für die Bellagio Championships sind die hohen Start-Stacks eigentlich Ok, da es am folgenden Tag keine weiteren Events gibt, in welchen man spielen möchte. Aber bei der WSOP gibt es jeden Tag ein Turnier und manchmal sogar zwei Turniere, an welchen man teilnehmen könnte. Es gibt ein Turnier, welches zur Mittagszeit startet und ein weiteres Event, welches um 5:00 p.m startet. Wenn es nun bei den 5:00 Uhr Turnieren zusätzliche Chips gibt und es wird nicht in einem höheren Level gestartet, endet das damit, daß man die Zeit der Spieler verschwendet und mehr Spieler sich für Tag 2 qualifizieren werden, was wiederum dazu führt, daß diese Spieler nicht an den Turnieren zur Mittagszeit am nächsten Tag teilnehmen können. Dieser Umstand wird sich mit Sicherheit auf die Teilnehmeranzahlen der Turniere am nächsten Tag auswirken.

PN: Und da die 5:00 p.m. Turniere meistens kein No-Limit Holdem Event sind und sich deswegen die Teilnehmeranzahlen verändern werden…

Bloch: Stimmt, und ich liebe diese anderen Pokervarianten. Ich möchte in so vielen Turnieren, mit anderen Pokervarianten, wie nur möglich mitspielen. Das Problem ist, daß ich immer daran denken muss, daß ich dann unter Umständen das 12:00 Uhr Turnier ausfallen lassen muss, wenn ich an einem 5:00 Event teilnehme. Oder ich muss wie ein kompletter Maniac spielen, was ich nicht wirklich tun möchte.

PN: Was denken Sie, wieviele Spieler an dem diesjährigen “40th Annual” USD 40.000 No-Limit Hold’em Event [Event Nr. 2] teilnehmen werden?

Bloch: Ich hoffe, daß mindestens 250 Spieler teilnehmen werden, dann wäre der Preispool ca. USD 10 Millionen hoch. Aufgrund der aktuellen Entwicklung, denke ich, daß meine Schätzung ganz gut passt. Ein Problem ist, daß viele Europäer nicht als erstes in diesem Turnier spielen möchten, da sie nicht die vollen 5 Wochen in den USA verbringen möchten. Andererseits ist es ja eine gute Sache, daß dieses Event das erste Event ist, da es nicht so schlimm ist, wenn man bei einem der frühen Events ausscheidet, da es ja noch genügend andere Events gibt.

PN: Auf welche Events freuen Sie sich am meisten?

Bloch: Ich freue mich auf das USD 40.000 Event. Außerdem natürlich auf das USD 50.000 H.O.R.S.E Event und auf alle USD 10.000 Events, welche als “World Championship” Events bezeichnet werden, im speziellen auf die Mixed Events und die anderen Nicht-No-Limit Poker Varianten.

PN: Auf Ihrer Internetseite haben Sie ein älteres Full Tilt Poker Chat-Protokoll veröffentlicht, in welchem Ihnen folgende Frage gestellt wird:” Haben Sie ein Bracelet gewonnen?”.

Bloch: [Lacht]

PN: Ich glaube das Protokoll war aus der Zeit kurz nach der WSOP 2006 und Sie haben geantwortet:“ Ich habe 0,93 Bracelets”, was sich darauf bezog, daß Sie beim USD 50.000 H.O.R.S.E Event knapp ein Bracelet verpasst hatten (Bloch verlor im Heads-Up gegen Chip Reese). Im letzten Jahr haben Sie schon wieder knapp ein Bracelet verpasst und belegten beim USD 10.000 Pot-Limit Omaha Event den 2. Platz (der Gewinner war Nenad Medic). Haben Sie nun 0,97 Bracelets?

Bloch: Ha ha, na ja, schauen wir mal…es kommt darauf an, wie man rechnet. Beim H.O.R.S.E Event hatte ich 0,93 Bracelets, da man die Hände im Heads-Up im Gesamten betrachten muss. Ich lag bei den All-In’s von Chip in 93% der Fälle vorne und hätte eigentlich gewinnen müssen. Im letzten Jahr war ich mit Nenad nur bei einer wichtigen Hand All-In – es war ein 3-Way Pot, bei welchem ich nur eine Gewinnchance in Höhe von 20% hatte. (In dieser Hand waren Bloch und die beiden anderen verbleibenden Spieler, Medic und Liebert, All-In, wobei Medic Q-Q, Bloch 9-9 und Liebert 6-6 auf der Hand hatten. Die Hand wurde von Medic gewonnen).

Wenn ich diesen Pot gewonnen hätte…dann wäre ich jetzt Inhaber von 1.13 Bracelets, was mehr als ein Bracelet wäre! Wenn man sich nur auf meine Gewinnchance bezieht, wäre mein Faktor nun von 0,93 auf 0,95 angestiegen (lacht). Wenn man aber nur von den All-In’s ausgeht, müsste ich eigentlich mindestens ein Bracelet besitzen.

PN: Nun kommt natürlich die Frage… Was würde es für Sie bedeuten das erste Bracelet zu gewinnen?

Bloch: Das würde bedeuten, daß ich aufhören könnte…

PN: …beantworten Sie die Frage.

Bloch: Ja! Die Leute könnten dann nicht mehr zu mir sagen, ich wäre der beste Spieler ohne Bracelet. Aber viele Leute, welche ich kenne und viele meiner Poker-Kollegen waren sehr überrascht, als sie hörten, daß ich noch kein Bracelet gewonnen habe. Ich muss also kein Bracelet gewinnen, um von meinen Kollegen respektiert zu werden, da diese mir schon oft gezeigt haben, daß sie vor einem Spiel soviel Respekt haben, daß die meisten denken ich hätte bereits ein Bracelet gewonnen.

Es wäre natürlich eine großartige Sache, wenn ich ein Bracelet gewinnen würde und mein Ziel bei der WSOP ist es ein Bracelet zu gewinnen. Wenn ich aber in einem großen Event nur Zweiter werde, bin ich ebenso zufrieden. Ich bin durchaus zufrieden damit, im USD 40.000 Event oder beim USD 50.000 H.O.R.S.E Event Zweiter zu werden oder wenn ich beim Main Event am Final Table sitzen würde. Das würde mich glücklich machen, vielleicht sogar glücklicher, als wenn ich bei irgendeinem anderen Event ein Bracelet gewinnen würde.

PN: Abschließend möchten wir noch wissen, was hinter der Sache mit dem Hut steckt?

Bloch: Ich habe den Hut vor einem Jahr zusammen mit einem Halloween-Kostüm erhalten. Dann habe ich den Hut bei meiner Blackjack DVD getragen, wo ich einen irischen Rockstar darstellte. Dann habe ich beschlossen den Hut aus Spaß an der Freude, bei einem Pokerturnier zu tragen. In einer Hand musste ich mit A-A gegen A-A antreten und verlor. Deshalb entschied ich den Hut solange zutragen, bis bewiesen war, daß er kein Unglück bringt. Das war vor einigen Jahren bei der WSOP und ich habe mittlerweile einige Mal am WSOP Final Table gesessen, so daß der Hur für mich mittlerweile irgendwie ein wenig zu meinem Markenzeichen geworden ist. Ich trage den Hut allerdings nur selten, wenn ich reise, da Reisen ihm nicht gut tut – er wird sonst noch zerdrückt.