ISA-GUIDE Interview mit Karl Stoss, Generaldirektor Casinos Austria

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
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ISA-GUIDE sprach auf der Messe ATEI/ICE 2008 in London mit Dr. Karl Stoss, Generaldirektor der Casinos Austria, geboren in Dornbirn und Vater von drei Kindern. Dr. Karl Stoss ist seit 1. Jänner 2007 Mitglied des Vorstandes, mit der Hauptversammlung am 25. Mai 2007 folgte er Dr. Wallner als Generaldirektor nach. Der gebürtige Vorarlberger studierte Betriebswirt und war zuletzt Vorsitzender des Vorstandes der Generali Versicherung AG.

ISA-GUIDE, Chefredakteur Reinhold Schmitt: Herr Stoss, seit Mai 2007 sind Sie Generaldirektor bei Casinos Austria. Wie gefällt Ihnen Ihr neues Arbeitsumfeld und wo liegen die größten Unterschiede zu Ihrer vorherigen Aufgabe als Vorstandsvorsitzender der Generali Versicherung AG?

Dr. Karl Stoss<br />Generaldirektor der Casinos AustriaDr. Karl Stoss: Dass wir hier nicht Teil eines Konzerns mit Sitz in einem anderen Land sind. Wir können also die Entscheidungen allein und mit Fokus auf unser eigenes Geschäft treffen. Natürlich müssen wir weit reichende Schritte mit unserem Aufsichtsrat abstimmen, es diktiert uns aber niemand, was wir zu tun haben. Und es ist ein überaus spannendes und abwechslungsreiches Geschäft.

ISA-GUIDE, Schmitt: Casino Austria zählt mit 76 Casinos weltweit zu den größten Casinounternehmen. Auf dem österreichischen Casino-Markt genießt Casino Austria eine unangefochtene Alleinstellung als Alleinkonzessionär. In Ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn bei Banken und Versicherungen mussten Sie sich stets im Wettbewerb bewegen. War das nicht spannender? Wo liegt die Herausforderung für Sie in dieser Monopolstellung?

Dr. Karl Stoss: Die Crux ist, dass wir zwar einerseits als Monopolist bezeichnet werden, es aber sehr wohl einen überaus harten Wettbewerb gibt. Es gibt eine ganze Reihe von Unternehmen, die sich in unserer Branche niederlassen und breit machen. Es gab und gibt von deren Seite auch immer wieder Bestrebungen, die Politik zur Liberalisierung dieses Marktes zu bewegen. Und nicht zuletzt wollen wir natürlich international weiter expandieren. Auch dort stehen wir, sehr erfolgreich, regaional und international, starker Konkurrenz gegenüber.

ISA-GUIDE, Schmitt: Casino Austria hat in den letzten Jahren auf weltweite Expansion gesetzt. Sie haben Casino-Projekte in Südamerika, Australien, Südafrika und Indien realisiert, sind mit 68 % an den Österreichischen Lotterien beteiligt und haben die deutschen Spielbanken in Niedersachsen übernommen. Welche Projekte erwarten uns bei Casino Austria als nächstes und wo sehen Sie perspektivisch noch Wachstum?

Dr. Karl Stoss: Ein zentraler Punkt unserer Expansionsstrategie ist es natürlich, auch die Österreichischen Lotterien, die derzeit nur im eigenen Land tätig sind, in neue Märkte zu führen. Dabei auf die weltweite Erfahrung und das Netzwerk von Casinos Austria International zurückgreifen zu können, ist dabei ein sehr wichtiges Asset.

ISA-GUIDE, Schmitt: Sie haben sich kürzlich in einem Interview begeistert für die Idee einer „Österreichischen Glücksspiel AG“ geäußert. Was genau steckt hinter dieser Idee?

Dr. Karl Stoss: Dabei geht es auf keinen Fall darum, Casinos Austria und Österreichische Lotterien zu fusionieren. Die beiden Unternehmen werden gesellschaftsrechtlich eigenständig bleiben. Was wir sehr wohl planen, ist die Kräfte viel stärker zu bündeln und gewisse Unternehmensbereiche, die vor allem im Back-office liegen, gemeinsam zu führen.

ISA-GUIDE, Schmitt: Es gibt erste Spekulationen, dass mit der Entwicklung zu einem großen Glücksspielkonzern auch ein Stellenabbau bei Casino Austria einhergehen könnte.
Was ist dran an diesen Gerüchten?

Dr. Karl Stoss: Stellenabbau ist bei uns absolut kein Thema. Ganz im Gegenteil. Wir wollen weiter expandieren und wachsen, sei es mit neuen Produkten oder in neuen Märkten. Und dafür brauchen wir jeden einzelnen Mitarbeiter.

Reinhold Schmitt, Chefredakteur <br> ISA-Guide, <br>Dr. Karl Stoss, Generaldirektor <br>der Casinos Austria ISA-GUIDE, Schmitt: Casino Austria ist ein sehr erfolgreiches Unternehmen. Was zeichnet Ihr Unternehmen im Vergleich zu anderen Casino-Betreibergesellschaften aus Ihrer Sicht besonders aus?

Dr. Karl Stoss: Der große Erfahrungsschatz, den wir aus unseren Aktivitäten auf allen fünf Kontinenten gewonnen haben. Das überaus breite Angebot, von Lotteriespielen über Sportwetten bis hin zu Casinospielen wie Roulette und Poker. Welcher andere Anbieter kann schon damit aufwarten. Und letztlich der Umstand, dass wir unser Geschäft mit großer Sorgfalt und einem hohen Maß an Verantwortungsbewusstsein betreiben.

ISA-GUIDE, Schmitt: Was sagen Sie zu der Entwicklung im Nachbarland Deutschland? Dort haben die Ministerpräsidenten einen Glücksspielstaatsvertrag verabschiedet, der das staatliche Monopol sichert und privaten Wettbewerb vollständig ausschließt.

Dr. Karl Stoss: Es steht mir nicht zu, die politischen Entwicklungen in Deutschland zu kommentieren. Zumal es sich dabei im Kern auch um das Geschäft mit Sportwetten handelt, das in Österreich seit vielen Jahren liberalisiert ist. Da ist es auch schwer, Vergleiche zu ziehen.

ISA-GUIDE, Schmitt: Die Beschränkungen des deutschen Glücksspielmonopols spürt Casino Austria gerade am eigenen Leib. Sie liegen im Rechtsstreit mit der Niedersächsischen Landesregierung wegen der Internetlizenz, die man Ihnen nach Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung nun entziehen will. Wie wird diese Auseinandersetzung für Casino Austria ausgehen?

Dr. Karl Stoss: In Deutschland ist derzeit rechtlich sehr viel in Bewegung. Ich möchte derartige Dinge nicht über die Medien austragen. Selbstverständlich bemühen wir uns intensiv um eine vernünftige Lösung, tun dies aber auf Basis informeller Gespräche und sind zuversichtlich, dass sich eine für alle Seiten verträgliche Regelung finden wird.

ISA-GUIDE, Schmitt: Uli Hoeneß, Manager des FC Bayern München, hat sich vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Sportbild zum Thema Sportwetten geäußert. Den Hinweis, das Hauptargument für das Verbot privater Sportwettanbieter sei die Suchtgefahr, kommentierte er so: „Da lach ich mich doch tot“: Ist das Argument der Suchtprävention von der Politik nur vorgeschoben oder gibt es tatsächlich einen Unterschied zwischen staatlichen und privaten Spielangeboten?

Dr. Karl Stoss: Wie bereits erwähnt, sind Sportwetten in Österreich längst liberalisiert. Es ist aber, soweit dies die Europäische Kommission zulässt, Angelegenheit der jeweiligen nationalen Regierungen, wie sie den Markt regulieren möchte. Zurufe von außen halte ich da für entbehrlich.

ISA-GUIDE, Schmitt: In einem Interview haben Sie kürzlich gesagt, dass es auch beim Glücksspielmonopol wirtschaftliche Interessen gibt. Die Richter des höchsten deutschen Gerichts haben in ihrem Urteil jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Staat sein Monopol nicht dazu nutzen darf, finanzielle Lücken in den öffentlichen Haushalten zu schließen. Lehren uns die Grundsätze der Marktwirtschaft nicht, dass sich der Staat aus wirtschaftlichen Tätigkeiten heraus halten und dies privaten Unternehmen überlassen soll?

Dr. Karl Stoss Generaldirektor der Casinos Austria <br>in London auf der Messe Dr. Karl Stoss: Es gibt natürlich auch wirtschaftliche, etwa fiskale Nebenwirkungen. Diese dürfen aber nicht im Fokus der Entscheidungen stehen. Das ist, soweit ich das überblicke, weder in Österreich, noch in Deutschland der Fall. Man darf bei der Liberalisierungsdebatte jedenfalls nicht außer Acht lassen, dass der Glücksspielmarkt ein überaus heikles Terrain ist. Kein Politiker kann daran Interesse haben, ordnungspolitische Interessen wie Jugenschutz und Suchtprävention einer Liberalisierung um jeden Preis zu opfern.

ISA-GUIDE, Schmitt: Das Glücksspiel ist eine der weltweit stärksten Wachstumsmärkte. Noch sind wir weit entfernt von einer Vereinheitlichung der Marktbedingungen in Europa. Während es in vielen Staaten noch Staatsmonopole gibt, räumen andere Länder privaten Anbietern große wirtschaftliche Freiheiten ein. Wird es aus Ihrer Sicht in naher Zukunft eine Angleichung der europäischen Märkte geben und wie wird diese aussehen?

Dr. Karl Stoss: Eine derartige Vereinheitlichung könnte letztlich nur über Betreiben der Europäischen Union erfolgen. Nach den bisherigen Aussagen des zuständigen EU-Kommissars Charlie McCreevy möchte dieser nur dann einschreiten, wenn nationale Regelungen dem Gemeinschaftsrecht widersprechen. In Österreich ist das offenbar nicht der Fall, weshalb das Vertragsverletzungsverfahren auch ausgesetzt wurde. Wie sich die Dinge in Deutschland entwickeln werden, wird man sehen.

ISA-GUIDE, Schmitt: Herr Stoss, wir danken Ihnen für das informative und offene Gespräch.