Interview mit Diplom-Kaufmann Michael Seegert, Geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG und Geschäftsführer der GHI GmbH

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
E-Mail: info@isa-guide.de


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Diplom-Kaufmann Michael Seegert
Diplom-Kaufmann Michael Seegert
Heute im Interview: Diplom-Kaufmann Michael Seegert, geb. 30.05.1956, getrennt lebend, 4 Kinder, Geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG und Geschäftsführer der GHI GmbH.

Chefredakteur Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Seit wann sind Sie in der Spielbranche?

Diplom-Kaufmann Michael Seegert: Seit 1. Juli 1986 in der Spielbank-Branche

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Welche Funktion üben Sie heute aus?

Michael Seegert: Geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG und Geschäftsführer der GHI GmbH (Komplementärin und Immobilienbesitzgesellschaft).

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Welche Gesellschaften sind ihren Häusern angeschlossen.

Michael Seegert: Zur Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG gehören die Standorte in Bad Neuenahr, Bad Dürkheim und Nürburg. Die Gesellschaft ist beteiligt an der German Casino Beteiligungs-GmbH & Co. KG, die die ehemaligen Mecklenburgischen Spielbanken (Schwerin, Warnemünde und Waren) und die ehemalige Spielbank im Frankfurter Flughafen betrieben hat.
Daneben ist die Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG an der Spielbank Mainz, Trier, Bad Ems GmbH & Co. KG beteiligt sowie über die Spielbank Berlin Internationale Beteiligungen GmbH & Co. KG am Casino Locarno in der Schweiz.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Wo liegen für Sie die markantesten Veränderungen im Bereich der Spielbanken?

Michael Seegert: In den Anfängen meiner Tätigkeit in Spielbanken gab es im Glücksspielbereich lediglich Lotto und Toto, ganz wenige Spielotheken sowie rund 40 Spielbankstandorte. Von Online-Glücksspielen und Sportwetten war keine Rede, so dass staatlich konzessionierte Spielbanken mit ihren damals dominierenden Klassischen Spielangeboten nahezu ohne Wettbewerb waren. Die Anforderungen an das damalige Management von Spielbanken waren völlig andere, als das heute im harten Wettbewerb mit Spielotheken, Online-Glücksspielangeboten und Sportwetten der Fall ist.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Welche Spiele werden in ihren Häusern angeboten?

Michael Seegert: In den mit uns verbundenen Spielbanken versuchen wir die Symbiose der Angebote des traditionellen live-game mit Roulette (insbesondere auch weiterhin französisches Roulette) und Black Jack in klassischem Ambiente kombiniert mit unterschiedlichsten Automaten- und Poker-Angeboten in modernen stylischen Räumlichkeiten; in klassischen Kurhäusern wie Bad Neuenahr und Bad Dürkheim nicht immer ein leichtes Unterfangen.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Ist Ihrer Ansicht nach eine Marktsättigung bei Casinos in Europa erreicht?

Michael Seegert: Insbesondere nach den Restriktionen des 1. Glücksspielstaatsvertrages im Jahr 2008 muss man konstatieren, dass zumindest in Deutschland eine unverkennbare Marktsättigung erreicht ist. Dies wird durch die in den letzten Jahren erfolgte Schließung der Spielstandorte Binz, Borkum, Bremen (Breitenweg), Erfurt, Frankfurt/Main, Frankfurt/Oder, Görlitz, Halle, Hamburg (Wandsbek), Heringsdorf, Plauen, St. Wendel, Schwerin, Stralsund, Travemünde, Waren (Müritz), Warnemünde und Wernigerode leider eindrucksvoll bestätigt.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Automatenspiele erlangen allein durch ihre technische Innovation immer größere Beliebtheit. Ist das klassische Spiel nicht mehr attraktiv?

Michael Seegert: Automatenspiele erfahren aufgrund der technischen Möglichkeiten eine stetige Fortentwicklung und Innovation, die die Spielangebote im Klassischen Spiel in dieser Weise nicht bieten können. Dazu kommt, dass die nachwachsenden Generationen mit Computerspielen, Smartphones und sonstigen modernen technischen Errungenschaften wie selbstverständlich umgehen und von daher eine große Affinität zu Spielautomaten haben. Dennoch hat und wird nach meiner Auffassung auch das Klassische Spiel immer seine Liebhaber behalten und wir beobachten mit Freude in unseren Spielbanken zunehmend jüngere gut gekleidete Besucher, die ihr Glück besonders bei Roulette und Black Jack versuchen. Deshalb bin ich überzeugt davon, dass die klassischen Spielangebote auch in der Zukunft – wenn auch mit geringerem Anteil als in der Vergangenheit – ihre Existenzberechtigung haben werden.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Die Spielautomaten folgen Trends. Ist für Sie das stetige Anpassen an neuesten Generationen sinnvoll oder steht mehr die Spielgewohnheit im Vordergrund?

Michael Seegert: Die Automatenindustrie ist überaus kreativ in der Entwicklung von Automaten und Spielsystemen. Dies zeigt sich, wenn man Automaten aus den Anfängen Ende der 70er Jahre mit heutigen Angeboten vergleicht. Dazwischen liegen technische Welten. Es ist für Spielbankbetreiber aber nahezu unmöglich, stets die neuesten Automatensysteme aller Lieferanten im Angebot zu haben, da der Zyklus der Erneuerung sich immer mehr beschleunigt. Zwar gibt es viele langjährige Besucher, die an ihren gewohnten Spielen festhalten wollen, dennoch ist es im Wettbewerb unverzichtbar, stets neuen Trends zu folgen wie zurzeit den Automaten mit 3D-Graphik oder Spielsystemen der Blockbuster-Serien wie Game of Thrones und ähnlichem.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Sehen Sie Möglichkeiten, die Attraktivität von Spielstätten zu erhöhen, auch durch Änderungen seitens des Gesetzgebers?

Michael Seegert: Wir haben festgestellt, dass es für Gelegenheitsbesucher – weniger für Stammgäste – wichtig ist, neben den reinen Spielangeboten im Casino Unterhaltungsangebote wie Zusatzgewinnspiele und Live-Musik vorzufinden. Dies erhöht den Unterhaltungswert eines Spielbankbesuches. Leider werden die Spielbanken meines Erachtens in diesen Angeboten wegen vermeintlich spielanreizender Wirkung durch Restriktionen zu sehr eingeschränkt.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Turniere sind ein attraktives Special wie zum Beispiel das Poker oder Black Jack. Sehen Sie hier Handlungsbedarf?

Michael Seegert: Regelmäßige Poker-Turniere sowie gelegentliche Black Jack- oder Automatenturniere erhöhen ebenfalls die Attraktivität eines Spielbankbesuches und sind fester Bestandteil in unseren Spielbanken. Insbesondere der hohe personelle Aufwand bei Pokerturnieren in Verbindung mit den nur marginalen Einnahmen begrenzt aber hier den Handlungsspielraum für Spielbank-Betreiber.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Gut geschultes Personal ist das Nonplusultra im Spielbank-Sektor. Wie sieht bei Ihnen die Aus- und Fortbildung der Beschäftigten aus?

Michael Seegert: Unsere meist langjährigen Mitarbeiter sind in den eigenen Häusern bestens ausgebildet. Wegen der gestiegenen Anforderungen setzen wir zunehmend auf den multifunktionellen Mitarbeiter, der anders als in der Vergangenheit in verschiedensten Tätigkeitsbereichen in unseren Spielbetrieben einsetzbar ist und damit die Flexibilität des Personaleinsatzes erhöht. Die besonders in unseren traditionellen Häusern – Bad Neuenahr und Bad Dürkheim betreiben wir seit 68 bzw. 67 Jahren – notwendige Umstellung eines ehemals starren Personaleinsatzes zu einem zunehmend flexiblen System stellt unsere Arbeitnehmervertreter und langjährige Mitarbeiter vor hohe Anforderungen. Wir befinden uns dabei aber auf einem sehr guten Weg.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Die wirtschaftliche Talfahrt konnte bislang nicht zum Stillstand gebracht werden. Inwieweit sind auch Ihre Spielbanken betroffen?

Michael Seegert: Zwar haben auch wir in unseren Spielbanken seit der EURO-Einführung und insbesondere seit dem Glücksspielstaatsvertrag im Jahr 2008 mit deutlich rückläufigen Besucher-, BSE und Troncaufkommen zu kämpfen. Dennoch ist es uns auch in diesen Jahren stets gelungen, durch rechtzeitige strukturelle Anpassungen in Verbindung mit Veränderungen der Rahmenbedingungen durch den Landes-Gesetzgeber betriebswirtschaftliche Engpässe zu vermeiden. Vor 2 Jahren ist die Talsohle bei uns erreicht worden, und seit dem letzten Jahr verzeichnen wir wieder einen erfreulichen Aufwärtstrend. Wir hoffen natürlich alle, dass dieser Trend möglichst lange anhalten wird.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Das Internet nimmt zwischenzeitlich einen bedeutsamen Raum im Informationsfluss für Konsumenten ein. Wie sehen hier Ihre Aktivitäten aus?

Michael Seegert: Das Internet ist nach meiner Auffassung Segen und Fluch zugleich. Natürlich sind wir mit unseren Spielbanken auf den gängigen social-media-Plattformen und erreichen auf diesem Wege Konsumenten, zu denen wir früher überhaupt keinen Zugang hatten. Die unzähligen unkontrollierten Online-Glücksspielangebote im Internet machen uns aber das Leben schwer und sind eine der Hauptursachen für den verschärften Wettbewerb, dem wir uns heute ausgesetzt sehen.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Wie stehen Sie zum Online-Casino und würden Sie mit Ihrem Haus in diesem Bereich auch Aktivitäten anstreben?

Michael Seegert: Ich persönlich kann überhaupt keinen Reiz an Online-Casinos finden, da mir hier all das, was die Faszination des Glücksspiels ausmacht, fehlt. Andererseits bin ich immer wieder überrascht, wie viele Menschen auch aus meinem Umfeld – von denen ich das niemals gedacht hätte – diese Angebote nutzen. Daraus bleibt nur der Schluss, dass auch hier ein Bedarf besteht, der offenbar befriedigt werden sollte. Zurzeit wird dies zum überwiegenden Teil nur von nicht konzessionierten Anbietern getan. Sofern bei den Überlegungen zur Überarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages Online-Glücksspiele auch in Deutschland erlaubt werden sollten, werden wir uns natürlich auch in unserer Gesellschaft dazu Gedanken machen müssen.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Immer mehr Spielbanken stellen sich auch dem Problem der Spielsucht und werden damit ihrem gesellschaftlichen Auftrag gerecht. Welche Aktivitäten unterstützen Sie diesbezüglich in Ihrem Unternehmen?

Michael Seegert: Spielsucht-Prävention ist bei uns seit vielen Jahren zentraler Bestandteil der Unternehmensführung. Gemeinsam mit unserem Konzessionsgeber, der Landeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (LZG) und der Universität Mainz haben wir ein umfassendes Sozialkonzept zur Spielsuchtprävention und 
-intervention entwickelt und setzen dies in unseren Häusern konsequent um.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Mit dem Begriff „Spielbanken“ und „Casinos“ verbinden die Konsumenten nicht nur das Ambiente, sondern auch das Glück des großen Gewinns. An welche großen Ausschüttungen, die Ihre Gäste erfahren haben, erinnern Sie sich?

Michael Seegert: Da unsere Unternehmensphilosophie Millionen-Jackpots im Automatenspiel eher kritisch gegenübersteht, sind die richtig großen Gewinne bei uns an den Roulette-Tischen realisiert worden. In Bad Dürkheim hatte ich Ende der 80er Jahre selbst das leidvolle Vergnügen, die Auszahlung einer Gewinnsumme von DM 700.000 an einen damaligen Stammgast zu vollziehen. In Bad Neuenahr ist es vor gar nicht langer Zeit einem Gast gelungen, an einem Wochenende € 1 Million zu gewinnen. Aber jeder weiß, um solche Gewinne zu realisieren, muss man natürlich auch entsprechende Einsätze riskieren. 5 und 6-stellige Gewinne sind bei uns an allen Angeboten weiterhin an der Tagesordnung.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Bis vor Jahren galt eine strenge Kleiderordnung beim Besuch von Spielbanken. Zwischenzeitlich gelockert legen aber trotzdem die meisten Häuser auch heute noch sehr viel Wert auf große Abendgarderobe. Wie sehen Sie dies?

Michael Seegert: Große Abendgarderobe können wir heute nicht mehr erwarten. In unseren klassischen Spielen legen wir aber weiterhin Wert auf gepflegte Kleidung, beim Herrn bevorzugt Hemd und Jackett. Dies ist besonders bei dem jungen Pokerpublikum nicht immer ganz einfach. Erfreulich ist die Beobachtung, wenn junge Pärchen an den Wochenenden zu uns kommen, dass diese dann sehr schick und gepflegt auftreten.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an amüsanten Begebenheiten während Ihrer Tätigkeit denken?

Michael Seegert: Ende der 80er Jahre beobachtete ich in Bad Dürkheim einen Roulette-Gast, der den ganzen Abend von Tisch zu Tisch eilte und überall sein Spiel mit Maximum machte. Es war offenbar nicht sein Tag, denn er verlor und als sein Geld zur Neige ging, setzte er sich an einen Tisch, zog sein letztes banderoliertes Geldbündel aus der Jackett-Tasche, wechselte es in Jetons und setzte alles in einem Spiel. Auch dies Mal traf er nicht. Er erhob sich vom Tisch, knöpfte sein Jackett zu, verneigte sich leicht zu den Croupiers und verabschiedete sich – nachdem er mehrere 100.000 DM verloren hatte – mit den Worten „Meine Herren, es war mir ein Vergnügen“. Für mich war das zu Beginn meiner Spielbankzeit ein sehr eindrucksvolles Erlebnis.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was fällt Ihnen mal abgesehen von Reichtum spontan ein?

Michael Seegert: Nur ein Wunsch: Gesundheit für meine Familie und mich.

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Wie sieht Ihr freizeitlicher Ausgleich aus?

Michael Seegert: Reisen, Sylt, Garten, gut Essengehen mit der Familie

Reinhold Schmitt, ISA-GUIDE: Herzlichen Dank für das Gespräch.