Grundsätzlich stimmt es, dass US Bürger mit allen Einkommensarten, auch denen aus Glücks- und Geschicklichkeitsspielen der Steuerpflicht unterliegen. Deshalb werden bei der Auszahlung des Preisgeldes im Rahmen eines Pokerturnieres 30 % der Summe zur Begleichung der Steuerforderung einbehalten. Nach Ablauf des Steuerjahres kann dann z.B. ein professioneller Pokerspieler natürlich auch seine Kosten (buy ins, Reisekosten und sonstige Aufwendungen) im Rahmen der jährlichen Veranlagung geltend machen und bekommt ggfls. einen Teilbetrag zurückerstattet. Soweit so gut.
Ganz anders stellt sich jedoch die Situation für Personen dar, die in den USA nicht steuerpflichtig sind. Und das betrifft den gesamten Rest der Welt!!! Nicht US-steuerpflichtig ist nämlich jeder, der seinen ersten Wohnsitz außerhalb der USA hat und gleichzeitig weniger als 180 Tage innerhalb des Veranlagungszeitraums von 12 Monaten in den USA verbracht hat. Um diese doch etwas komplizierte Formulierung zu vereinfachen, reden wir kurzerhand von Ausländern. Bei den Ausländern unterscheiden die US-Behörden 2 Kategorien:
– Ausländer, mit deren Heimatland ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht.
– Ausländer ohne Abkommen.
Ausländer mit Doppelbesteuerungsabkommen
Wir Deutsche haben es ausnahmsweise einmal gut! Wir fallen nämlich in diese Gruppe und deshalb bekommen wir auch unsere Turniergewinne 100 % ausbezahlt. Die amerikanischen Behörden dürfen keinerlei Steuer einbehalten. Wir müssen es nur richtig anstellen, unsere Vorgehensweise ist jedoch hundertprozentig legal.
Wenn ich also erstmalig einen Trip in die USA plane, um dort an einem Pokerturnier teilzunehmen, weiß ich das in aller Regel doch ein paar Wochen vorher. Da ich als Pokerspieler ein geborener Optimist bin, rechne ich natürlich auch fest damit, in die Preisgeldränge vorzudringen.
Zur Vorbereitung de USA-Reise besorge ich mir zunächst mal eine ITIN-Nummer (Individual Taxpayer Identification Number), und das geht so:
Unter der Webadresse www.irs.gov suche ich das Formular W 7, das dort als pdf.file zum Download bereitsteht. Dem Formular ist auch eine ausführliche englische Gebrauchsanleitung beigefügt. Nach sorgfältiger Vervollständigung faxe ich das Formluar zusammen mit den benötigten Unterlagen (z.B. Kopie des Personalausweises) an die angegebene Nummer. In der Regel erhalte ich dann innerhalb von 6 Wochen (meistens geht es erheblich schneller) meine ITIN-Nummer. Diese Nummer ist ein Leben lang gültig (oder auch nur, bis sich die amerikanischen Gesetze ändern), Grundsätzlich brauche ich die Nummer aber nur einmal zu beantragen.
Nachdem ich aufgrund der exzellenten Vorbereitung mein Turnier entsprechend selbstsicher spielen kann, erreiche ich locker die Preisgeldränge und muss mir jetzt nur noch den Gewinn auszahlen lassen. Das geht dann so, zumindest bei allen Turnieren in Las Vegas: Ein Mitarbeiter der Turnierleitung überreicht mir ein „receipt“, auf dem mein Name und die Höhe des Gewinns eingetragen ist. Mit diesem Schein gehe ich zur Kasse, lege meinen Reisepass und den deutschen Personalausweis (zum Wohnsitznachweis) vor. Dem Kassierer zeige ich meine ITIN-Nummer und sage nur das Kodewort „double tax agreement“. Innerhalb von einer Minute wird mir dann mein Turniergewinn ohne irgendwelche Abzüge zu 100 % ausbezahlt. Hört sich doch gut an, oder? Es funktioniert auch so, ich habe es während der WSOP 2005 selbst mehrfach durchgeführt.
Ausländer ohne Abkommen
Leider haben es unsere österreichischen und Schweizer Mitbürger nicht ganz so leicht, da ihre Regierungen kein Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA ausgehandelt haben. Hier werden die 30 % erstmal einbehalten, die Betroffenen können das Geld aber zurückfordern. Dies geht sehr gut mit der Hilfe eines amerikanischen Rechtsanwaltes, der sich auf solche Verwaltungsakte spezialisiert hat. Adressen findet man in Las Vegas z.B. in den „yellow pages“, wo diese Anwälte recht auffällige Anzeigen geschaltet haben. Nachteil: Ein Anwalt arbeitet natürlich nicht umsonst. Es geht allerdings auch ohne Anwalt, muss aber relativ kompliziert sein. Wichtig ist jedoch, dass auch die Ausländer ohne Abkommen einen Anspruch auf Rückerstattung haben, wenngleich die amerikanischen Behörden hier einige bürokratische Hindernisse eingebaut haben. Aber welcher optimistische Pokerspieler lässt sich davon abschrecken?
Aufgrund der Brisanz des Themas sei nochmals darauf hingewiesen: Sämtliche Fakten wurden sorgfältig recherchiert und auch selbst ausprobiert, eine Gewähr im rechtlichen Sinne ist natürlich ausgeschlossen.
Euer Michael