Zu den zentralen Neuerungen gehören ein vollständiges Werbeverbot für Sportwetten während Live-Übertragungen, deutlich strengere Regeln für Außenwerbung sowie Begrenzungen für Free-to-Play-Boni. Branchenvertreter sehen darin einen Wendepunkt, der die bisher erfolgreiche Balance aus Verbraucherschutz und Wettbewerbsfähigkeit gefährden könnte.
Scharfe Kritik aus der Branche
Morten Rønde, Direktor des Branchenverbands Spillebranchen, spricht angesichts der neuen Regeln von einem „schockierenden“ Eingriff in das bestehende System. In den vergangenen Jahren habe Dänemark ein Modell etabliert, das durch klare Struktur, direkte Ansprechpartner bei der Regulierungsbehörde und einen konstruktiven, offenen Austausch geprägt war.
„Das Gleichgewicht zwischen Schutz und Attraktivität des legalen Marktes war entscheidend“, sagt Rønde. Durch die neuen Maßnahmen drohe jedoch ein Bruch mit diesem Ansatz – mit möglicherweise erheblichen Folgen für Marktstruktur und Spielerschutz.
Regierung verweist auf zunehmende Suchtprobleme
Die sozialdemokratische Beschäftigungsministerin Ane Halsboe-Jørgensen verteidigt die Reformen. Eine halbe Million Menschen habe 2021 in Dänemark in irgendeiner Form mit Glücksspielproblemen zu kämpfen gehabt, fast 30.000 davon in schwerer Ausprägung. Auch Kinder und Jugendliche seien betroffen.
Die Regierung sieht die Maßnahmen daher als notwendigen Schritt, um die öffentliche Gesundheit zu schützen und die Präsenz von Glücksspielwerbung zu reduzieren, die in den vergangenen Jahren immer stärker kritisiert wurde.
Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen
Branchenexperte Rønde hält die Reformen jedoch nicht für evidenzbasiert. Die verwendeten Studien seien veraltet und lieferten keine Belege dafür, dass strengere Werbeverbote Spielsucht reduzieren. Stattdessen befürchtet er, dass legale Betreiber an Sichtbarkeit verlieren und Spieler vermehrt auf unregulierte Angebote ausweichen.
Dies deckt sich mit internationalen Erfahrungen: In Ländern wie Italien und den Niederlanden sind nach umfassenden Werbeverboten illegale Anbieter deutlich präsenter geworden. Die dänische Kanalisierungsrate ist laut H2 Gambling Capital bereits von früheren Spitzenwerten um 90 % auf 72 % gesunken.
Wirtschaftliche Auswirkungen bereits absehbar
Auch wirtschaftlich drohen spürbare Folgen. Dänemarks größter privater TV-Sender TV2 rechnet aufgrund des Werbeverbots bei Sportübertragungen mit einem Umsatzrückgang von bis zu 12 Millionen Euro jährlich. Zudem könnten staatliche Steuereinnahmen um mehrere hundert Millionen Kronen sinken.
Auf Anbieterseite wird befürchtet, dass sich einzelne Betreiber aus dem Markt zurückziehen könnten. Mehr als 20 neue Maßnahmen gleichzeitig einzuführen, sei ein erheblicher Eingriff in die Rentabilität des regulierten Marktes.
Sorge um Dänemarks Rolle als europäisches Vorbild
Auch im Ausland sorgt der Kurswechsel für Skepsis. Der schwedische Branchenverband BOS warnt davor, dass Dänemark seine Rolle als „Leuchtturm“ der europäischen Regulierung verlieren könnte. Generalsekretär Gustaf Hoffstedt sieht die Gefahr, dass zu strikte Vorgaben die Attraktivität des legalen Marktes untergraben.
„Der beste Verbraucherschutz besteht darin, Spieler im lizenzierten Markt zu halten“, sagt Hoffstedt. Maßnahmen, die eher abschrecken als schützen, könnten das Gegenteil bewirken.
Ausblick
Die neuen Regeln sollen im Januar 2027 in Kraft treten. Ob Dänemark dabei sein früheres Gleichgewicht zwischen Regulierung, Marktstabilität und Spielerschutz bewahren kann, ist offen. Fest steht jedoch: Der Kurswechsel hat eine Grundsatzdebatte über die Zukunft der dänischen Glücksspielpolitik ausgelöst – und die kommenden Monate könnten entscheidend dafür sein, wie stabil das System langfristig bleibt.