Kommentar zum EuGH-Urteil – EUGH entscheidet mit „Placanica“ aktuellen Grundsatzfall zum Thema Sportwetten-Vermittlung in Europa

– Das Glückspielmonopol in Deutschland bröckelt!!! von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.

Europäischer Gerichtshof hält Glückspielmonopol für EU-rechtswidrig!

Die Konferenz der Ministerpräsidenten der Bundesländer beschloss im Dezember 2006 noch schnell den Entwurf des neuen Lotteriestaatsvertrages. Einmal mehr der Versuch das Monopol auf Glückspiel in Deutschland in Stein zu meisseln. Viele Experten teilen hierbei unsere Einschätzung, dass diese Regelungen zum einen in krassem Widerspruch zu geltendem Europarecht stehen, zum anderen aber auch kaum durch das Grundgesetz gedeckt sein dürften.

Wie an dieser Stelle bereits zahlreich diskutiert, geht es bei der Problematik immer noch auf der einen Seite maßgeblich um die europäische Dienstleistungsfreiheit (Artikel 43 EG) und eine entsprechende Niederlassungsfreiheit (Artikel 49 EG) und auf der anderen Seite insbesondere um die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art.3 GG).

Als einziges Bundesland hatte Schleswig-Holstein seine Zustimmung zum Staatsvertrag verweigert, weil man dort offensichtlich auch Bedenken gegen die europarechtliche Zulässigkeit und damit den Fortbestand des deutschen Glückspielmonopols hatte. Grund für das Zögern der Norddeutschen waren die kurzfrsitig anstehenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Thematik Sportwetten in Europa. Eine absolut nachvollziehbare und im nachhinein völlig richtige Entscheidung.

Nunmehr ist eine der ersten dieser Entscheidungen ergangen. Der EuGH in Luxemburg hat heute endlich in der seit langem erwarteten Placanica-Sache (Akt.Z.: C-338/04) entschieden.
Ausgangsfall hierbei war zwar, wie bereits seinerzeit 2003 in der Angelegenheit Gambelli, eine Rechtssache aus Italien, die hierin diskutierten und entschiedenen allgemeinen Grundsätze, dürften jedoch ohne Weiteres auf Deutschland übertragbar sein. Gegenstand der Sache Placanica ist die Frage der Niederlassungsfreiheit und des freien grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs in ganz Europa und dies insbesondere im Hinblick auf das Angebot und die Vermittlung von Sportwetten.

Zur Überprüfung standen strafrechtliche Maßnahmen gegen die Tätigkeit mehrer Sportwettenvermittlers, der Verträge über Sportwetten aus Italien an den britischen Buchmacher Stanleybet vermittelt hat. Da Stanleybet nur in England lizenziert ist, drohte die italienische Justiz den Betroffenen mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren. Mit einersolchen Strafe müssen die Betroffenen nun nicht mehr rechnen.

Die Richter des EuGH erklärten heute das staatliche Glückspielmonopol in Italien für EU-rechtswidrig. Die Richter vertreten die Auffassung dass auch private Anbieter von Wetten bei der Vergabe von Konzessionen zugelassen werden müssen und europäische Wettanbieter ihre Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten dürfen.

Die genauen Urteilsgründe liegen hier im Volltext noch nicht vor. Wenn allerdings die strafrechtliche Verfolgung eines italienischer Sportwettenexperte, der Sportwetten nach Großbritanien vermittelt, europarechtswidrig ist, muss dies ohne Weiteres auch für Deutschland ansässige Vermittler, die etwa nach Österreich, Tschechien oder Gibraltar vermitteln, gelten. Auch die Einführung privater Konzessionen in Deutschland ist damit alles andere als ausgeschlossen.

Insofern wird diese Entscheidung maßgeblichen Einfluss auf die deutsche Sportwettbranche haben. Der Staatsvertrag der Bundesländer kann in der aktuellen Form damit wohl wirklich „in die Tonne“. Eigentlich ist es nur eine Frage der Zeit, wann das staatliche Wettmonopol auch in Deutschland fällt und für ganz Europa Chancengleichheit geschaffen wird.

Terhaag/Herrmann
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