Spielhallengesetz in Berlin trifft die Falschen

Vernichtung mittelständischer Existenzen – und keine Stadtbildverbesserung

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird am 01.06.2011 das neue Berliner Spielhallengesetz verkündet werden und kann somit in Kraft treten. Schon jetzt wird allerdings klar, dass der eigentliche Zweck, die Eindämmung von pathologischem Spielverhalten bei gleichzeitiger Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes, der Einkaufsstraßen und Geschäftsmeilen in den Bezirken, wohl nicht erreicht werden wird.

Beispiel auf der Hermannstraße in Neukölln: Von den 37 Geschäften, die in irgendeiner Form Gastronomie, Unterhaltung, Wetten, Spielangebote oder ähnliches anbieten und damit das äußere Erscheinungsbild prägen, sind jedoch nur drei Geschäfte als Spielhallen konzessioniert (Mitteilung des Senats von Berlin, Kleine Anfrage des Abgeordneten Jotzo, FDP, Drs. 16/15181). „Selbst wenn man sofort diese drei Spielhallen schlösse, würde sich keine optische Veränderung im Erscheinungsbild der Straße ergeben“, so Thomas Breitkopf, Vorsitzender der Automatenkaufleute Berlin und Ostdeutschland e. V.. „Statt in den letzten Jahren, das Baurecht zu novellieren und konsequent anzuwenden, hat man abgewartet und nichts getan, obwohl die Automatenverbände genau das gefordert haben“, so Breitkopf weiter.

Das Missverhältnis zwischen 49 konzessionierten Spielhallen und rund 2.000 konzessionierten und erlaubnisfreien Gaststätten in Neukölln macht deutlich, wo das eigentliche Problem liegt – im Baurecht. Die Bezirke stehen als Kommune in der Pflicht, das äußere Erscheinungsbild ihrer Einkaufsstraßen zu gestalten, etwa durch Satzungen und durch die Baunutzungsverordnung wie dies an anderer Stelle im Stadtbild (vgl. z. B. Mitte um den Hackeschen Markt) geschehen ist. „Die Festsetzung von Bebauungsplänen ist das Königsrecht der Bezirke“, so AWI-Geschäftsführer Dirk Lamprecht. „Bei diesem Verfahren ist auch eine Beteiligung der Anwohner und der Kommunalparlamente sichergestellt, aber es macht Mühe“, so Lamprecht weiter.

Auch die Bekämpfung pathologischen Spielverhaltens durch veränderte Schließzeiten der Spielhallen, dürfte wohl ins Leere gehen: Stattdessen droht Arbeitslosigkeit und Steuerverlust, denn hatten bis dato seriöse Spielhallen einen Dreischichtbetrieb von drei Mal acht Stunden, so fällt aufgrund der neuen Schließzeitvorgaben davon ein Drittel (acht Stunden) weg. Dies bedeutet, dass künftig nur noch zwei Schichten personell besetzt werden müssen. „Die dritte Schicht wandert betriebsbedingt gekündigt direkt in die Arbeitslosigkeit und produziert somit Gemeinkosten“, so Thomas Breitkopf. „Gleichzeitig werden an unseren zugelassenen und vom Finanzamt überwachten Geräten keine Steuereinnahmen mehr erwirtschaftet, sodass bei Erhöhung der Gemeinkosten und gleichzeitigem Ausfall von Steuern ein größeres Loch in der Kasse entsteht, was mich schon als Steuerzahler ärgert“, so Breitkopf. Die Schadensersatzansprüche der Aufsteller, welche schnell augrund langfristiger Miet- und Kreditverträge in die Millionen gehen können, werden wohl die Gerichte klären.

Und es folgt die Abwanderung in die Illegalität: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spielgast in der Schließzeit – sofern er unbedingt spielen möchte – nicht ins Internet, ins Hinterzimmer von Sportwettläden, Kulturvereinen oder andere illegale Angebote ausweicht, verhindert das Gesetz nicht. „Anstatt ein Spiel unter sozialer Kontrolle und strengen gesetzlichen Regeln anzubieten, wird der Spielgast förmlich in die Illegalität hineingedrängt. Wer spielen will, der spielt, das ist auch die Auffassung, die uns immer wieder von Glücksspielexperten, die sich mit pathologischem Spielverhalten auseinandersetzen, bestätigt wird. Notwendig ist eher eine Sachkundeprüfung der Betreiber und eine Schulung des Personals in der Früherkennung und Frühintervention“, so Thomas Breitkopf. Daher sind die Verbände der Automatenwirtschaft eine Kooperation mit dem Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V. eingegangen, der in diesem Jahr schon mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewerblicher Spielstätten bundesweit geschult hat. „Tendenz weiter steigend, der Bedarf ist da“, so Breitkopf, „und diesem tragen die Verbände Rechnung.“

Darüber hinaus befürchten zahlreiche Firmen, aufgrund des verringerten Angebots und der wegbrechenden Umsätze, ihre Ausbildungsplätze nicht mehr halten zu können. So kündigt ein großes Filialunternehmen an, ab dem nächsten Jahr seine Ausbildungsplätze in Berlin streichen zu müssen. Mit fatalen Folgen: Fallen Ausbildungsplätze weg, werden in den Berufsschulen die Klassen zu klein, um das Berufsbild in Berlin zu beschulen. Fällt wiederum die Berufsschule in Berlin aus, trifft dies ganz Berlin und Ostdeutschland, wo die Auszubildenden im Blockunterricht unterrichtet werden. Damit steht dann am Ende ein ganzer Ausbildungsberuf zur Disposition.

FAZIT: „Anstatt gemeinsam kooperativ gegen Missstände am Markt vorzugehen und durch Öffnung der Spielhallen das öffentliche Erscheinungsbild zu verbessern, hat der Senat hier den Bezirken die kalte Schulter gezeigt“, so Breitkopf. „Das Problem, ein negatives Erscheinungsbild von Einkaufsstraßen, wird so nicht in den Griff zu bekommen sein und der Bekämpfung pathologischen Spielverhaltens hat man hier einen Bärendienst erwiesen“, so Breitkopf abschließend.