Neue Wanderausstellung im Automatenmuseum würdigt genialen Erfinder
Freuen sich über die Ausstellung zu Paul Ehrlich: Karin Gauselmann, Paul Gauselmann und Achim Quaas am Ariston, Ehrlichs wichtigster Erfindung. (Foto: Oliver Krato)Espelkamp - Es war ein feierlicher Moment, als Karin Gauselmann das Band mit der Schere durchtrennte und damit die neue Ausstellung im Automatenmuseum symbolisch eröffnete. Es hätte dafür keine passendere Person geben können als die Urenkelin des vor rund 100 Jahren verstorbenen Erfinders Paul Ehrlich, dessen Leben und Werk von der sechswöchigen Wanderausstellung unter die Lupe genommen wird. Der Leipziger erfand 1882 eine Mini-Drehorgel, das Ariston, auf der gelochte Pappplatten aufgelegt und durch Kurbeln abgespielt werden konnten. Das Produkt erwies sich als Verkaufsschlager, weil es so erstmals möglich war, Musik abzuspielen ohne ein Instrument beherrschen zu müssen. Hinzu kam, dass sich die Platten wechseln ließen. Mit der Lochplatte entwickelte Paul Ehrlich zudem den ersten musikalischen Datenträger.
Startschuss: Karin Gauselmann eröffnet die neue Ausstellung über ihren Urgroßvater Paul Ehrlich im Beisein von Museumsleiter Sascha Wömpener (links) und Achim Quaas. (Foto: Oliver Krato)„Paul Ehrlich hatte eine Marktlücke entdeckt. Das Ariston war ein Welterfolg und traf einen Nerv“, erläuterte Dr. Birgit Heise, Musikwissenschaftlerin der Universität Leipzig im Rahmen der Eröffnungsfeier, zu der knapp 100 Gäste erschienen waren. Die Forscherin schilderte, dass Paul Ehrlich 1877 sein erstes Patent angemeldet hatte – im Deutschen Reich war es das erste überhaupt für mechanische Musikinstrumente. Mit welcher Leidenschaft der rastlose Tüftler neue Dinge entwickelte, zeigt sich auch daran, dass Paul Ehrlich mehr als 100 weitere Patente anmeldete. Neben genialen Ideen hatte er aber auch einen Sinn für effektive Produktionsmethoden, die den erschwinglichen Preis und somit den Konsum für die breite Masse ermöglichten. „Das Ariston wurde in der eigenen Fabrik nach den Methoden der Arbeitsteilung in Serienfertigung hergestellt“, schildert die Wissenschaftlerin. Innerhalb kurzer Zeit wurden rund 100.000 Instrumente verkauft. Das Ergebnis war ein Reingewinn von rund 200.000 Mark. Mit seinem Bestseller rief er viele Nachahmer auf den Plan und begründete einen eigenen Industriezweig, der die Stadt Leipzig Ende des 19. Jahrhunderts zum Zentrum dieser Entwicklung machte. Ehrlich gelangte zu Wohlstand, doch in den Folgejahren liefen ihm andere Firmen mit ihren Innovationen den Rang ab. Hinzu kamen die Gerichtskosten, mit denen sich Ehrlich gegen die Songschreiber und deren Ansprüche wehren musste. Am Ende blieb vom Reichtum nicht mehr viel übrig, ein unternehmerischer Neustart in Minden brachte ebenfalls nicht den gewünschten Erfolg.
Gut besucht: Zahlreiche Gäste kamen zur Ausstellungseröffnung ins Automatenmuseum. (Foto: Oliver Krato)Auch wenn der materielle Wohlstand Paul Ehrlichs nicht von Dauer war – in der Geschichte des Musikhörens bleibt das Ariston ein Meilenstein. Die Erfindung der Lochplatte war die Keimzelle, auf der später die Schallplatten, CDs und heutigen Streaminganbieter aufbauten. Menschen aller gesellschaftlichen Schichten konnten ihr Leben fortan mit Musik bereichern. „Paul Ehrlich hatte den Musikkonsum demokratisiert“, fasste Espelkamps Bürgermeister Dr. Henning Vieker zusammen. Mit großem persönlichem Einsatz stellte der Museumswissenschaftler und Kurator Achim Quaas, ebenfalls ein Urenkel Paul Ehrlichs, die Wanderausstellung über seinen bedeutenden Vorfahren zusammen. Grundlage ist die Ariston-Sammlung des Schweizers René Spinnler, der seine Exemplare dem Automatenmuseum geschenkt hatte. Neben der Lebensgeschichte von Paul Ehrlich zeigt die lebendige Ausstellung in verschiedenen Bildern die vielfältigen Varianten des Aristonprinzips und dokumentiert die Faszination der Geräte, die sie auch heute noch auf die Sammlerszene und ihr Hobby hat. Bis zum 18. Mai ist die Ausstellung auf Benkhausen zu erleben. Eine KI-generierte Sequenz in der Dauerausstellung sorgt sogar dafür, dass Paul Ehrlich zum Leben erweckt wird. „Wir freuen uns, dass Paul Ehrlich rund 150 Jahre nach der Erfindung des Aristons seine verdiente Würdigung erfährt“, erklärt Museumsleiter Sascha Wömpener. Danach wird die Ausstellung im Leipziger Grassi Museum gezeigt.
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