WSOP 2007 – Teil 4: Mein erstes Bracelet!

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Es ist tatsächlich passiert. Ich kann es selbst noch gar nicht richtig glauben. Ich habe den $ 1.500 7-Card Stud Event gewonnen und bin jetzt stolzer Besitzer eines Bracelets. Der Tag 2 des Events gestaltete sich als ein wahrer Marathon. Wir starteten nachmittags um 16 Uhr, ich hangelte mich mehr schlecht als recht über die Runden und wartete als short Stake geduldig auf meine Gelegenheiten, die Antes einsammeln zu können. Mit einem Barry Greenstein und Ted Forrest als Tischnachbarn gab es auch nicht gerade allzu viel Raum für gewagte Moves, überleben war angesagt.

Als noch 3 Tische und etwa 20 Spieler im Turnier waren, spürte ich regelrecht die Welle heranrauschen kommen. Mit Welle meine ich eine beeindruckende Serie guter Starthände, die durchaus „showdown-fähig“ war. Ich nutzte die Gunst der Stunde und schaltete sofort in einen loose-aggressive Modus um. Begleitet von den etwas skeptischen Blicken meiner Gegner raiste ich einen überdurchschnittlich hohen Prozentsatz der Hände und fand auch meist einen Kontrahenten, der es zumindest auf 4th und 5th Street wissen wollte.

Mit Beginn des Finaltisches fand ich mich zu meiner eigenen Überraschung in der Rolle des Chipleaders wieder. In der Vergangenheit hatte ich sehr wohl meine Lektion gelernt, dass dies auf keinen Fall eine Position zum Ausruhen darstellte, also wurde ich noch eine Spur aggressiver. Es klingt zwar nicht unbedingt galant, aber es ist ein herrliches Gefühl, mit der Angst seiner Gegner vor dem Ausscheiden spielen zu können.

Völlig unbeeindruckt davon blieben lediglich Raymer und Greenstein, die in bekannt professioneller Manier ihr Spiel weiter durchzogen. Komplett unberechenbar war der Chinese Steve Sung, der mir massiven Widerstand bot und unbeirrt versuchte, in die Position des Chipleaders zu gelangen. Ich wusste, dass ich mit ihm irgendwann einen unvermeidlichen Showdown haben würde. Also klammerte ich die drei Spieler von meinen Stealversuchen aus und widmete mich stattdessen ausgiebig den übrigen Gegnern. Weder Raymer noch Greenstein hatten in dieser Nacht das Glück auf ihrer Seite. Trotz meiner Ansicht nach fehlerfreiem Spiels litten sie unter schleichendem Chipschwund und konnten nie wirklich in den Kampf ums Bracelet eingreifen.

Michael Keiner<BR>stolzer Besitzer eines Bracelets Steve Sung hatte sich bei seinen ständigen Attacken auch etwas übernommen und war ausgesprochen short staked, als wir noch zu Dritt waren. Der anfangs eher passiv wirkende Nesbitt Coburn eliminierte schließlich Sung und wir waren „Heads-up“.

Ich bot ihm noch an, das Finale am nächsten Mittag zu beenden, da es mittlerweile schon 5:40 Uhr am Sonntagmorgen war. Aber er wollte das Ganze unbedingt sofort zu Ende bringen und so spielten wir weiter. Unser „Heads-up“ ging wesentlich schneller über die Bühne, als ich selbst dachte. Coburn blieb weiterhin ziemlich passiv, callte mich aber oft bis zum Showdown mit sehr marginalen Händen bis zum Showdown durch. Nach 51 Minuten war das Match beendet. Ich erhöhte mit einem Paar Königen auf 20.000 und Coburn ging direkt mit seinen restlichen 28.000 All-in. Er zeigte 4-7-J. Zum Schluss machte er zwar noch ein Paar, konnte aber meine Könige nicht schlagen. Es dauerte gute 10 Minuten, bis ich wirklich voll begriffen hatte, was hier geschehen war. Verflogen war der ganze Zorn auf die schlechte Organisation der WSOP, auf die Pannen von Harrahs. Ich hatte mein Bracelet am Arm, „mission completed“.

Natürlich konnte ich aufgrund meines Adrenalinspiegels kein Auge zumachen und wirkte wahrscheinlich ziemlich fertig, als ich mich am Nachmittag wieder zur offiziellen Siegerehrung ins RIO begab. Auf dem Weg dorthin traf ich Benjamin Kang von „hochgepokert.tv“. Direkt nach seinen wirklich herzlichen Glückwünschen fragte er mich, wo wir denn heute Abend feiern würden. Ups, da hatte ich überhaupt nicht dran gedacht. Aber Benjamin hatte schon alles als Überraschungsparty organisiert. Er hatte eine VIP Lounge im „Body English“, dem Nachtclub des Hard Rock Hotels gemietet und ein paar Freunde eingeladen. Was als harmlose kleine Feier beginnen sollte, wurde ungelogen zur besten Party meines Lebens! Ben und sein Team hatten uns allen eine unvergessliche Nacht auf die Beine gestellt. Um 4:30 Uhr in der Früh forderten schließlich die vergangenen 36 schlaflosen Stunden und die ungezählten Wodka/Red Bulls auf der Party ihren Tribut. Ich kann mich nur noch ganz verschwommen an die Rückkehr in mein Quartier erinnern. Lieber Benjamin, an dieser Stelle noch mal ganz herzlichen Dank für die Megafete.

Und wo wir schon beim Bedanken sind: Vielen, vielen Dank auch den hunderten Gratulanten und den Fans, die mir zuhause die Daumen gedrückt haben. Mein Mailserver ist zeitweise zusammengebrochen. Ich kann Euch versichern, dass ich bei dieser WSOP noch so Einiges vorhabe. Wie es weitergeht, könnt Ihr bald an dieser Stelle nachlesen.

Euer Michael von free-888.com

Bildquelle: www.hochgepokert.tv