ISA-GUIDE Interview mit DLTB-Federführer Erwin Horak

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
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2012 bedeutet für den Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) den Beginn einer neuen Zeitrechnung. Der Glücksspielstaatsvertrag von 2008, auf den sich die Länder nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 28. März 2006 zum Glücksspiel geeinigt hatten, wird durch den so genannten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, Mitte Dezember 2011 auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin unterzeichnet, ersetzt. Das neue Vertragswerk tritt voraussichtlich am 1. Juli 2012 in Kraft. Es sieht im Wesentlichen den Verbleib der Lotterien unter staatlicher Obhut und zugleich die Öffnung des Sportwettenbereichs im Rahmen eines testweisen Konzessionsmodells vor. ISA-GUIDE sprach dazu mit Erwin Horak, Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern, derzeit federführende Gesellschaft im DLTB.

ISA-GUIDE Chefredakteur, Reinhold Schmitt: Herr Horak, wie beurteilen Sie die Entwicklung der Glücksspielgesetzgebung im ausklingenden Jahr? Sind Sie als Federführer des DLTB mit den Ergebnissen zufrieden?

 Erwin Horak, Präsident von LOTTO Bayern und Federführer im Deutschen Lotto- und Totoblock
Erwin Horak, Präsident von LOTTO Bayern und Federführer im Deutschen Lotto- und Totoblock

Erwin Horak: Teils, teils. Erfreulich ist zunächst, dass die Länder am bewährten gemeinwohlorientierten Staatsvertragsmodell bei den Lotterien – also auch bei LOTTO 6aus49 – festhalten. Dies ist die Grundlage dafür, dass wir unseren ordnungspolitischen Auftrag erfüllen und weiter ein verantwortungsvolles, konsequent am Spielerschutz ausgerichtetes Glücksspiel anbieten können. Mit ihrem Beschluss haben die Ministerpräsidenten weiter die Basis zur Förderung des Gemeinwohls sowie des Breiten- und Amateursports durch die staatlichen Lotteriegesellschaften gelegt. Rund 2,5 Milliarden Euro sind das pro Jahr in Deutschland. Und die Länder können künftig Werbung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten auch im Internet und im Fernsehen erlauben. Zum Thema Werbung hoffen wir, dass es in Zukunft in allen Ländern gleichlautende und verbindliche Werberichtlinien gibt, die auch vor den Zivilgerichten standhalten. Nur so ist es uns möglich, die grundsätzlichen Ziele des staatlichen Glücksspiels besser zu erreichen.

ISA-GUIDE Reinhold Schmitt: Welche weiteren Vorteile bringt der Glücksspieländerungsstaatsvertrag darüber hinaus für die staatlichen Anbieter?

Erwin Horak: Neben den beschlossenen Lockerungen bei der informativen Werbung wird das Internet für Lotto und für den Sportwettenbereich geöffnet. Damit steht uns – zusätzlich zu unserem bewährten Annahmestellen-Netz – dieser moderne Vertriebsweg wieder zur Verfügung. Außerdem können wir ODDSET die Sportwette von LOTTO in neuer Rechtsform im Wettbewerb mit 19 weiteren Lizenznehmern zeitgemäß weiterentwickeln. Der einheitliche Steuer- und Abgabensatz von fünf Prozent für alle Konzessionsnehmer ermöglicht es ODDSET, attraktivere Quoten für unsere Kunden anzubieten.

ISA-GUIDE Reinhold Schmitt: Der DLTB hatte sich im Vorfeld der Ministerpräsidenten-Entscheidung vehement gegen eine Liberalisierung – auch gegen eine teilweise Freigabe – bei den Sportwetten ausgesprochen. Warum?

Erwin Horak: Ich stehe dieser Entwicklung nach vor vor sehr skeptisch gegenüber. Meine Befürchtung bleibt es, dass die Länder die Liberalisierung bei den Sportwetten im Vollzug nicht genügend regeln können. Sie stellen sich die Überwachung viel zu leicht vor. Aber der Beschluss steht nun einmal. Deshalb sind die Länder jetzt besonders gefordert sind, den Vollzug durchzusetzen. Die Erfahrung zeigt allerdings: Wir werden auch künftig Klagen und Gerichtsentscheidungen bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe haben. Illegale Glücksspielanbieter werden weiterhin das Monopol bei den Lotterien angreifen.

ISA-GUIDE Reinhold Schmitt: Die Landesregierung von Schleswig-Holstein ist ja aus dem Verbund der Länder ausgeschwenkt. In Kiel ist seit dem 1. Januar 2012 ein eigenes Glücksspielgesetz in Kraft. Wie sehen Sie diese 15+1-Lösung?

Erwin Horak: Diese Situation halte ich für äußerst problematisch. Vor allem, weil das schleswig- holsteinische Gesetz darauf abzielt, dass ab 2012 kommerzielle Glücksspielanbieter aus Schleswig-Holstein heraus Umsätze widerrechtlich auch in anderen Bundesländern generieren und sie dann in Kiel abgeben werden. Diese Entwicklung wird der DLTB mit Testkäufen im Auge behalten und gegebenenfalls wettbewerbsrechtlich dagegen vorgehen. Was Kiel hier macht, ist letztlich eine verdeckte Änderung des Länderfinanzausgleichs. Ich glaube nicht, dass die anderen Länder das so einfach hinnehmen. Rosinenpicken, also sich nur das Beste für sich aussuchen, wird nicht funktionieren. Besonders gefährlich ist neben der grenzenlosen Zulassung kommerzieller Sportwetten in Schleswig-Holstein aber auch die Legalisierung der besonders aggressiven Online-Casinospiele mit Schwerpunkt Internet-Poker. Hier entsteht ein Las Vegas im Norden!

ISA-GUIDE Reinhold Schmitt: In den Medien ist nach dem Alleingang Kiels von der Drohung eines Ausschlusses von NordwestLotto aus dem DLTB die Rede gewesen. Gibt es diese wirklich?

Erwin Horak: Keiner will das wirklich! Allerdings prüft der DLTB für den Fall, dass die schleswig- holsteinische Landesregierung bei ihrer isolierten Glücksspielgesetzgebung bleibt, eine solche Möglichkeit und hat der dortigen Landeslotteriegesellschaft Fragen zu ihrem künftigen Verhalten gestellt. Denn die Zusammenarbeit der Gemeinschaft der 16 Lotteriegesellschaften in Deutschland basiert nach dem Gesellschaftsvertrag auf einer einheitlichen rechtlichen Grundlage. Und das ist der Glücksspielstaatsvertrag beziehungsweise künftig der Glücksspieländerungsstaatsvertrag.

ISA-GUIDE Reinhold Schmitt: Welche Konsequenzen würde ein Rauswurf von NordwestLotto aus dem DLTB bedeuten?

Erwin Horak: Die schleswig-holsteinische Lottogesellschaft auszuschließen, wäre in letzter Konsequenz das Aus für das bewährte LOTTO 6aus49 im nördlichsten Bundesland. Die Zusammenarbeit der 16 Landeslotterie-Unternehmen bezieht sich nämlich insbesondere auf die so genannte Poolung der Lotterie-Einsätze. Dadurch werden Jackpots in nennenswerter Millionen-Höhe bei LOTTO 6aus49 erst möglich. Das würde bei einem Ausschluss in Schleswig-Holstein nicht mehr funktionieren.

ISA-GUIDE Reinhold Schmitt: Es bleibt also auch 2012 spannend, was das Glücksspiel in Deutschland betrifft. Wie sieht der kurze Ausblick des DLTB-Federführers aus?

Erwin Horak: Richtig: Für Spannung ist weiterhin gesorgt. Doch dazu tragen nicht nur politische und gerichtliche Entscheidungen bei, sondern auch die staatlichen Glücksspielanbieter mit einem völlig neuartigen Produkt. Voraussichtlich ab dem 23. März 2012 geht es um den Eurojackpot. Das ist eine gemeinsam mit einer Reihe europäischer Partner veranstaltete internationale Lotterie. Pro Ausspielung sind mindestens zehn Millionen Euro zu gewinnen, Jackpots von bis zu 90 Millionen Euro stehen bereit. In diesem Sinne wünsche ich allen Kunden und Partnern viel Glück und Erfolg im neuen Jahr.