Zurück in die Zukunft

Von Katja Thater

Oktober 1999: Ebay wird erfunden, Günter Grass bekommt den Literatur Nobelpreis, die Toten Hosen veröffentlichen das Album „Unsterblich“ und es gibt 2 Poker-Turnierveranstaltungen in ganz Europa.
Schatzi, Jan Jachtmann, Michi Keiner und Markus Golser sitzen in Baden beim PLO.

Oktober 2009: Neustart des Teilchenbeschleunigers, Schwarz-Gelb hat ein 40 Milliarden-Loch und es gibt 35 Poker- Turnierveranstaltungen in ganz Europa.
Schatzi, Jan Jachtmann, Michi Keiner und Markus Golser sitzen in Baden beim PLO.

Als ich hier 1999 das erste Mal mit Poker physisch in Berührung kam, raiste man noch in Schilling. Die Herren trugen abenteuerliche Krawatten mit Versacemuster und ich artig Mamas Perlenkette. Baden bei Wien war das Ereignis des Jahres. Alternativen gab es wenig.

Unvorstellbare Möglichkeiten für den damalig Pokerverrückten: 24 Std. Cashgames mit Flatrate-Verköstigung von DO&CO incl. geschlossener Vorhänge (man weiß ja, wie empfindlich Pokerspieler auf Tageslicht reagieren), Hotel in Spuckweite und Turniere mit mehr als 100 Teilnehmern. Ein El Dorado für die meisten deutschen Spieler. Las Vegas vor der Haustür sozusagen. Eine ganze Woche lang war die Uhr auf Null gestellt, falls sie nicht sowieso schon vorher in der Pfandleihe lag. Alle, die nicht gerade broke waren, das Finanzamt am Hals oder eine Scheidung am Laufen hatten, sprangen pünktlich in den Flieger oder verabredeten sich zum Sammeltransport nach Baden.

Die Welt war noch groß: Kein Facebook, kein Twitter, kein Skype, kein PokerStars. Nicht einmal Internet. Man musste seinen Arsch noch in Bewegung setzen, um mit Leuten zu sprechen oder Karten umzudrehen. Ob es nun besser oder schlechter war kann ich gar nicht sagen. Es war einfach anders. Es herrschte eher so eine Art Bootcamp-Stimmung und man freute sich auf Baden wie ein Kind auf den Geburtstag. Um es vorweg zu nehmen: Diejenigen, die 1999 noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen sind: Ja, das Telefon war schon erfunden. Die Handys waren allerdings so groß, wie heute eine selbstständige Funkstation in Mogadishu.

2009 kann man sich kaum noch entscheiden, wo man Poker spielen möchte. Gerade Turniere in Europa werden wie Sand am Meer angeboten. Trotz der Konkurrenz ist es bemerkenswert, dass sich Baden bis heute seinen festen Platz als einer der schönsten und besten Poker-Standorte in Europa erhalten hat. Zugegebenerweise habe ich ja etwas nostalgische Erinnerungen an dieses Casino, kann aber durchaus objektiv sagen, dass Edgar Stuchly & Co da immer etwas Einmaliges auf die Beine stellen.

Zum 20 jährigen Jubiläum findet in Baden zum ersten Mal der Poker EM Nations Cup statt. Es handelt sich dabei um einen Teambewerb, an dem pro Nation nur 2 Mannschaften teilnehmen dürfen. Ein Team besteht aus 4 Spielern und das Startgeld beträgt 20.000 Euro pro Team. Gespielt wird in den Varianten Texas Holdem No Limit, Omaha Pot Limit und Seven Card Stud Limit.

Teamwettbewerbe sind für mich immer etwas ganz Besonderes und nehmen einen Extra-Stellenwert in meinem Pokerleben ein. Im Januar 2006 hatte ich die Chance, ebenfalls mit Michael Keiner als Kapitän, an dem ersten Nations Cup mit deutscher Beteiligung in Cardiff zu spielen. Die Konkurrenz war groß, die Quoten standen schlecht für uns und nach den ersten Heats lagen wir ganz schön zurück. Michi hat mich dann mit den Worten „Mach mal das Wunder von Bern“ in den Ring geschickt. Man muss sein Spiel ganz schön anpassen und sein Team immer im Hinterkopf haben. Egotrips sind tabu. Das fällt einem Pokerspieler, der ja gewohnt ist einsam und allein für sich seine Entscheidungen zu treffen, nicht immer leicht. Am Ende haben wir einen guten 2. Platz belegt und nach der Ausstrahlung im Channel 4 kam dann ja u.a. PokerStars auf mich zu.

In Baden ist es, wie immer, fortschrittlich. Statt NLHE Einerlei gibt es es Mixed Game. In abgespeckter Form, aber immerhin. Das DSF wird dabei sein und ich bin gespannt, wie die PLO und Stud im TV umsetzen. Ich glaube, es könnte eine Art Premiere sein. Nicht auszudenken, wenn wir demnächst noch H.O.R.S.E. im Fernsehen spielen oder gucken.

Die Hemden sind bestickt, die Messer gewetzt. Teamgeist, Flexibilität und Momentum. Ich freu mich drauf.

Manche Dinge ändern sich eben nie.

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