Das PokerNews Profil: John Phan

Von Nicole Gordon

Seine Freunde nennen ihn den „Razor“ – und das nicht nur wegen seiner Neigung jeden Pot bei welchem er dabei ist, zu raisen oder wegen seiner Vorliebe für das gleichnamige Motorola Handy, der wahre Grund ist sein untrüglicher Instinkt dafür Schwächen bei seinen Gegnern zu entdecken. Uneingeweihten könnte John Phan am Spieltisch wie ein komplett Verrückter erscheinen. Er raist mit Schrotthänden, quatscht seine Gegenspieler voll und trinkt gelegentlich das eine oder andere Gläschen Rotwein am Spieltisch. Ein Image, an welchem er sehr hart gearbeitet und welches er sehr durchdacht aufgebaut hat. Im Laufe seiner Karriere hat Phan mittlerweile über 4 Millionen Dollar bei Pokerturnieren gewonnen, trotzdem hat er nie vergessen woher er kommt und hat seine Familie und sein Land zu jeder Zeit unterstützt.

John Phan wurde im Jahr 1974 in Vietnam geboren. Als kleiner Junge verließ er zusammen mit seiner Familie sein Heimatland und wanderte in die USA aus. Als Phan 8 Jahre alt wurde, siedelten sie sich im nördlichen Kalifornien, in der Stadt Stockton, an. Phan’s Familie betrieb ein Lebensmittelgeschäft, in welchem er auch die meiste Zeit seiner Jugend arbeitete (der einzige „richtige“ Job, welchen er jemals hatte). Im Alter von 16 Jahren spielte er in einem örtlichen Poker-Room (welcher von einem engen Freund von Phan betrieben wurde) Low-Limit Poker Games. Nachdem er die High-School abgeschlossen hatte, schrieb er sich bei der örtlichen Fachhochschule ein, studierte aber nicht wirklich, da er sich bereits damals auf seine Pokerkarriere konzentrierte und seine Zeit lieber mit USD 2-USD 4 und USD 3-USD 6 Limit Hold’em Games verbrachte, als mit seinem Studium an der FH. Schließlich wagte er sich in die Casinos der nahe gelegenen Stadt Sacramento und fing an in höheren Limits zu spielen. Als er erkannte, wie viel Geld er an den Spieltischen gewinnen konnte, verließ er die Fachhochschule und wurde an seinem 21. Geburtstag zum hauptberuflichen Poker-Pro. Anfänglich verdiente er sich seinen Lebensunterhalt indem er in verschiedenen kalifornischen Casinos Middle Limit Holdem spielte. Die ersten Jahre verheimlichte er seiner Familie seinen Beruf. Als er sich letztendlich entschied seiner Familie die Wahrheit zusagen, war die Reaktion seiner Familie sehr negativ, da sie der Meinung waren, er hätte sich den falschen Beruf ausgesucht. Als seine Familie jedoch bemerkte, daß er erfolgreich war, änderte sich ihre Einstellung betreffend Phan’s Berufswahl allmählich.

Nachdem er einige Jahre als Cash-Game Pro verbrachte, fing Phan an Turniere zu spielen, sein erstes gewonnenes Turnier war ein USD 200 Seven-Card Stud Event im L.A.‘s Bicycle Casino (Oktober 1998). Nur einige Wochen später gewann er sein zweites Turnier, ein 200 USD Limit Holdem Event, wobei er für diesen Sieg ein Preisgeld in Höhe von über 10.000 USD erhielt. Phan war begeistert – sein aggressiver, unkonventioneller Spielstil eignete sich hervorragend um Turniere zu spielen. In den nächsten drei Jahren spielte er in vielen Turnieren (vor allem im südlichen Kalifornien) und saß 19 Mal in unterschiedlichen Pokervarianten am Final Table (Seven-Card Stud, Omaha hi-lo, Pot-Limit Hold’em und in seiner Spezialdisziplin Limit Hold’em).

Im Jahr 2004 hatte John Phan seinen Durchbruch. Seine erstes sechsstelliges Turnierpreisgeld gewann er bei der Binion World Poker Open im Januar, als er das 500$ Limit Holdem Event gewann und dafür ein Preisgeld in Höhe von 160.000 USD erhielt. Vier Tage später gewann er ein weiteres WPO Event, das 500 USD Pot-Limit Holdem Turnier (Preisgeld 85.000 USD). Seine Erfolgsserie setzte sich in Tunica fort, wo er bei den L.A. Poker Classics zweimal am Final Table saß und einen Final Table beim Bay 101 Shooting Star Event für sich verbuchen konnte. Im Sommer des Jahres 2004 gewann er zwei weitere große Turniere – für seinen Sieg im 3.000 USD NLHE beim Bellagio Festa al Lago erhielt er ein Preisgeld von 189.000 USD und weitere 76.000 USD für den Gewinn eines Preliminary Events bei den Bicycle Casino’s Legends of Poker. Danach entschied er, weniger Low-Buy In Turniere zu spielen und konzentrierte sich auf Turniere mit Buy-Ins um die 10.000 USD, dementsprechend höher waren auch die zu erwartenden Preisgelder.

John schaffte es im Jahr 2005 das erste Mal an den Final Table der WPT World Championchips. Das Finale dieses 25.000 USD Buy-In Events wurde im TV übertragen. Mit ihm zusammen am Spieltisch saßen Phil Ivey, Rob Hollink, Hasan Habib und (der spätere Gewinner) Tuan Le. Phan wurde Vierter und erhielt dafür ein Preisgeld in Höhe von 518.000 USD (sein bisher höchstes Preisgeld). Bei der WSOP 2005 wurde er beim 5000 USD Seven Card Stud Event Vierter. Im Jahr 2005 machte er einen Final Table nach dem Anderen und war in jeder „Spieler des Jahres“ Rangliste auf einer Top-Position, ihm fehlte eigentlich nur noch ein WSOP Bracelet.

Im Jahr 2006 war das Bracelet schon zum greifen nah, er wurde jedoch beim $ 1,000 No-Limit Hold’em mit Rebuys Event nur Zweiter (Gewinner: Jon Friedberg). Ein Jahr danach belegte er bei der WSOP 2007 im USD 2,500 No-Limit Hold’em Event den zweiten Platz (Gewinner: Francois Saffieddine). Sein Name war auf jeder Rangliste mit großartigen Pokerspielern, welche noch kein WSOP Bracelet gewonnen hatten, zu finden. Doch dies sollte sich im Sommer 2008 ändern.

Nach einem der wildesten Heads-Up Matches der WSOP Geschichte (beide Spieler gingen mehrmals All-In, bevor überhaupt eine Karte auf dem Tisch lag), sicherte sich John Phan den Sieg und gewann am 17. Juni 2008 sein erstes WSOP Bracelet beim 3000 USD No-Limit Holdem Event (Preisgeld ca. 435.000 USD). Nur eine Woche später gewann er sein zweites Bracelet beim 2,500 USD Deuce-to-Seven Triple Draw Lowball Event (Preisgeld: 151.000 USD). Somit gehört Phan nun zu der elitären Gruppe von Spielern (zu welcher unter anderem auch Phil Ivey, Ted Forrest, Layne Flack, Jeff Madsen, Tom Schneider und Mark Seif gehören) welche mehrere WSOP Bracelets in einem einzelnen Jahr gewonnen haben.

Obwohl der Terminkalender von Phan prall gefüllt ist, nimmt er sich zusammen mit seiner engen Freundin, Poker Pro Liz Lieu, die Zeit um etwas für sein Heimatland zu tun. Er spendet einen gewissen Teil seiner Gewinne, um seine Familie zu unterstützen und reist regelmäßig zusammen mit Liz nach Vietnam, wo sie Essen und Vorräte in den Dörfern ihrer Verwandten verteilen. Außerdem besuchen sie bei ihren Reisen nach Vietnam regelmäßig Waisenhäuser und Kinderhorte. Er hofft, daß er eines Tages eine eigene Wohltätigkeitsorganisation für Kinder in Vietnam gründen kann.

Wenn Phan nicht von Turnier zu Turnier reist, lebt er in Long Beach/Kalifornien.