Velden – Sieg im Abschlussturnier

Michael Keiner
Poker-Experte
E-Mail: laserase@aol.com


Eigentlich hatte ich mich auf Velden mehr als nur tierisch gefreut. Nach einer äußerst bescheidenen WSOP Performance, unmenschlichen 47° C Tagestemperaturen in Las Vegas, die früher oder später jeden zu einem generell Tageslicht meidenden Vampir mutieren lassen, war die Eventwoche am Wörthersee genau jener Anreiz, der neue Lebensgeister wecken sollte.

Wie schon in den Jahren zuvor wurde nach meiner Heimkehr nur flugs der Koffer gewechselt und schon ging es ab durch den Tauerntunnel nach Kärnten. Die Motivation wurde zusätzlich beflügelt durch meine Erinnerung an das letzte Jahr, als ich dort den Main Event zu Dritt teilen durfte. Dies wäre genau die richtige Finanzspritze, um den Vegas-Brand wirkungsvoll zu löschen. Zwei Tage stand ich mir zu, um die ersten Auswirkungen des leidigen Jetlags zu überwinden, dann stand das Seven Card Stud Turnier auf dem Programm. Hier war ich mit meiner Leistung insgesamt ganz zufrieden, aber wie das üblicherweise bei Limitturnieren so abläuft, muss man in den späten Phasen einfach auch ein bisschen Glück haben. Der Draw muss kommen oder die „made hand“ muss halten. Das war diesmal eben nicht so und ich durfte mich nach 12 Stunden Spielzeit als 14. kurz vor Erreichen der Bubble aus dem Event verabschieden.
Noch weniger Aussicht auf Erfolg brachte der Main Event mit sich. Nachdem ich insgesamt dreimal in den ersten vier Stunden mit meinem Pocketpaar bei an sich sorgenfreiem Board im Showdown in die Pocket Asse meiner jeweiligen Gegner blicken durfte, war auch hier „Schicht im Schacht“ und die Cashgame Potlimit Omaha Partie hatte mich wieder.

Das Abschlussturnier wollte ich normalerweise überhaupt nicht spielen. Nolimit Holdem mit 100 Euro Buy-in und unlimited Rebuys während der ersten drei Levels versprachen nicht gerade einen atemberaubenden Preispool. Aber da die Interessentenliste für die €20/€40 Potlimit Omaha Runde kurz vor 15 Uhr immer noch gähnende Leere aufwies und sich immerhin schon über 100 Leute ins Turnier eingekauft hatten, entschloss ich mich doch noch zu einer Teilnahme. Ich kaufte mich gleich mit doppelten Chips ein. Bis zum Ende der Rebuy-Phase konnte ich meinen Stack zwar nur unwesentlich von 4.000 auf 5.500 Chips aufbauen, aber immerhin wurde auch kein Rebuy fällig. Das Add-on brachte für 100 €, weitere 4.000 Chips – ein Angebot, das man kaum ernsthaft ausschlagen kann. Hier lief plötzlich alles wie am Schnürchen. 10 Stunden später fand ich mich im Heads Up mit einem 3 : 1 Chiplead wieder und gut 20 Minuten später hatte ich das Turnier gewonnen.
Warum ging es diesmal so einfach? Wenn ich mir den Verlauf des Turniers genauer ansehe, fallen mir 2 Dinge besonders auf: Erstens hatte ich mit Pocketpaaren niemals schwere Entscheidungen preflop zu treffen. Einmal hielt ich KK und einmal JJ. Beide Male foldeten alle Spieler auf mein Openraise hin ihre Karten und es kam gar nicht erst zu einem Showdown. Zweitens hatte ich das unverschämte Glück, gleich zweimal im Verlaufe des Turniers einen Showdown mit einem Coinflip gewinnen zu können. Beim ersten Mal war ich selbst All-in und mein :Ax :Kx gewann gegen die Pocket 88 meines Gegners. Beim zweiten Mal war dann mein Kontrahent all-in und mein :Kc :Jc konnte sich gegen seine 99 durchsetzen.
Ansonsten war viel Taktieren angesagt. Bis in die späte Turnierphase war ich nur selten über Average, hatte dann aber das Glück, kaum beim Stehlen der Blinds erwischt zu werden. Ich vermied es konsequent, die extremen Shortstacks zu attackieren, konzentrierte mich eher auf die mittleren Stacks und startete auch hin und wieder einen Angriff auf die Chipleader, wenn die Situation günstig erschien.
Aber das erklärt noch nicht Alles. Vielleicht fällt es mir einfach viel leichter, bei einem 300 € Turnier meine Chips relativ gelassen in die Mitte zu schieben, im Vergleich zu einem 8.000 € EPT Event. Und vielleicht ist es genau jene mangelnde Risikofreudigkeit, die mich letztendlich bei einem großen Turnier viel zu oft scheitern lässt. Einen Versuch ist es allemal wert und bei der CAPT Graz in gut 3 Wochen gibt es ja wieder genügend Gelegenheit zum Üben.

Euer Michael von free-888.com