Spielbank Hamburg informiert: Nichts passiert vor dem Casino Esplanade – und alle berichten

Die goldene Kugel vor den Fahnen des Casino Esplanade
Die goldene Kugel vor den Fahnen des Casino Esplanade

Hamburg, 27. Juni 2008. Wo anders als vor dem Casino Esplanade könnte eine Performance mit einer goldenen Kugel stattfinden? Das dachte sich auch der Schweizer Konzeptkünstler Dieter Meier und lud die Kunstszene vor das Hamburger Casino. Dabei kullerte seine „Boule d’or centenaire“ (Goldene Kugel des Jahrhunderts) über ein abschüssiges 12-Meter Brett. Der Titel der schrägen Installation „Le Rien en or“. Das Nichts aus Gold. Das Publikum war geneigt wie das Brett und applaudierte. Und weil es um Nichts ging, berichtete BILD ebenso wie Die Welt oder die Financial Times Deutschland (FTD). Meiers magischer Blick begeisterte.

Und der Schweizer wusste sich ebenso magisch zu inszenieren, als er die Gold- gegen eine Roulettekugel tauschte. Er traf die 17. Es ging wieder um nichts. In der FTD redete der ehemalige Sänger der Popband Yello und Gründer der Vereinigung der Maitres de Rien (der Herren des Nichts) Tacheles. Er klärte jene Kunstbanausen auf, die alles für rein bizarres Spektakel halten: „Für den Beamten ist meine Aktion grober Unfug“. Der Unfug hat jedoch Stil und Methode:

Dieter Meier mit der goldenen Kugel
Dieter Meier mit der goldenen Kugel

Meier schafft im Rahmen der EURO 2008 ein Werk namens „Rien en Or“. Dabei vergoldet er Alltagsobjekte, zum Beispiel eine profane Dachrinne oder einen schlichten Gullydeckel. Die Objekte werden durch das Gold aus ihrem Alltag gehoben, so Meier. Für den Erhalt des Werkes hat Meier die Stiftung „Fondation des maîtres de rien“ gegründet. In die Kugel sind acht Daten der nächsten hundert Jahre eingraviert. An diesen Tagen wird die Kugel aus ihrer Vitrine geholt, um über die Holzbahn zu kullern. In Hamburg waren Hunderte dabei, darunter Walter Kägi, Schweizer Generalkonsul, Ingeborg Prinzessin zu Schleswig-Holstein, Baron Ludolf, Mareike Carriere, Marion Fedder, Victoria Voncampe. Sie fragten sich: Was soll’s? Meier kennt die Antwort. Es ist Kunst, die noch 100 Jahre ins Laufen kommt. Die nächsten Termine in Hamburg, an denen die Kugel der „Bois du voyage d‘or“ – den „goldenen Reiseweg“ herunterkullert: 2033 und 2064.

Meiers Motto: „Das Leben ist nur Urlaub vom Totsein. Wir sind der letzten Schönheit des Nicht-Seins verpflichtet. Und leben den Unsinn und die Unbedeutung.“ Doch der 63-Jährige weiß um die Vergänglichkeit des Seins. Die nächsten Termine in Hamburg könnte er verpassen. Zur FTD „Ich werde die Sache dann als nichtpraktizierender Atheist aus dem Himmel betrachten.“

Die rollende Kugel
Die rollende Kugel
Dieter Meier vor dem Roulette Kessel
Dieter Meier vor dem Roulette Kessel
Dieter Meier beschwört den Roulette Kessel
Dieter Meier beschwört den Roulette Kessel