Las Vegas – Eine Krake die den „Wal“ verschlingt: Letztes Kapitel – Die Situation heute

Reinhold Schmitt
ISA-GUIDE Chefredakteur (V.i.S.d.P.)
E-Mail: info@isa-guide.de


In den letzten 20 Jahren hat sich Las Vegas einem massiven Wandel unterzogen. Die letzten Wurzeln der Underground Organisationen sind mehrheitlich durch die Kontrolle von Großkonzernen ersetzt worden. Las Vegas heute ähnelt eher einem großen Spielplatz für Erwachsene. Die Hotels wurden ständig größer und ein Casino verfügt im Durchschnitt über 2.000 Zimmer. MGM Grand besitzt gemäß offiziellen Angaben, ohne die super Luxus Villen im Mansion Bereich, 5.044 Zimmer und gehört damit zu den größten Hotelcasinos der Welt. Das Venetian hat nach seinem Ausbau auch über 4.000 Zimmer. Und die Eröffnung des Wynn Casinos auf dem Gelände, wo einst das legendäre Desert Inn stand, brachte die gesamte Zockerwelt zum Staunen.

Weltraumaufnahme von Las Vegas bei Nacht. Hier sieht man besonders gut den starken Kontrast der hell erleuchteten Stadt zur dunklen, umgebenden Wüste. (Foto: ISS Expedition 26 crew - NASA Earth Observatory)
Weltraumaufnahme von Las Vegas bei Nacht. Hier sieht man besonders gut den starken Kontrast der hell erleuchteten Stadt zur dunklen, umgebenden Wüste. (Foto: ISS Expedition 26 crew – NASA Earth Observatory)
Sie werden Sich fragen, womit sich diese ganzen neuen Hotels finanzieren lassen. Die Antwort liegt auf der Hand. Es sind die Millionen Spieler, die jährlich nach Las Vegas pilgern, um ihr Glück zu versuchen. Und jeder von ihnen verspielt im Durchschnitt ein paar hundert Dollars täglich, was sich schließlich zu einem riesigen Endbetrag kumuliert. Dank der relativ niedrigen Besteuerung des Bruttospielertrags in Nevada, können die Firmen ganz anders kalkulieren als in den meisten anderen Ländern der Welt. Und das ist auch der Grund dafür, weshalb den Spielern in Vegas viel mehr geboten und zurückgegeben werden kann. Nichtsdestotrotz, am Ende verlieren sie alle.

Ein Casino Host wie Steve Cyr fungiert quasi als “Game-Starter”. Es ist seine Funktion, den Wal in die Stadt zu locken, ihn mit allen möglichen Vergünstigungen, Begrüßungsgeschenken, Suiten, Showtickets usw. hungrig auf das Erlebnis, namens Vegas zu machen. Sobald der Gast schließlich im Casino ist, hat er seinen Job erfüllt. Von da an ist es Aufgabe der Casino Croupiers, der Cocktail Girls und der Pitbosse dem Gast maximalen Service zu bieten und ihn um sein Geld zu erleichtern. Der Casino Host bringt das nie endende Spiel zum Laufen. Denn gespielt wird in Vegas immer, heute, morgen, übermorgen, die Spieler kommen und gehen.

Im Folgenden ein paar der prägnanteren Persönlichkeiten:

Jeff Armstrong, berühmter Gitarrist und Performer im Hard Rock Hotel und Casino und Großzocker, starb im Alter von 44 Jahren an einer Überdosis Heroin. Zum Zeitpunkt seines Todes schuldete er dem Casino eine siebenstellige Summe. In der Zeit, als Spielschulden nicht auf legale Art und Weise eingefordert werden konnten, erlöschten diese mit dem Tod eines Spielers. Dies ist heute nicht mehr so. In den Vereinigten Staaten dürfen die Casinos Spielschulden ihrer Kunden legal einfordern, selbst im Falle des Dahinscheidens können die Erben in die Pflicht genommen werden.
Natürlich versuchen Casinos heutzutage ihr Verlustrisiko zu minimieren und eine Bonitätsprüfung neuer Großzocker ist obligatorisch.

Gus Johnson, einer jener Dot-Com-Millionäre, die regelmäßig nach Las Vegas kamen, um mit Millionen Dollar um sich zu werfen. Er verspielte soviel Geld, das es ihm schließlich die Freude am Kick nahm. Sechs Millionen Dollar Spielschulden waren genug für ihn. Seither spielt er zwar immer noch gelegentlich. Es reicht ihm aber wenn er 500 oder 1.000 Dollar pro Spiel einsetzt, denn das sichert ihm immer noch all die Comps und Vergünstigungen zu ohne ihm den Spass an der Sache zu nehmen. Und um die Girls zu beeindrucken reicht es auch noch. Er hat gelernt, dass er die Casinos nur dadurch schlagen kann, indem er ihnen das Minimum an Action gibt, das nötig ist um an seine Comps zu kommen. Wenn der Deal besagt, dass er eine Stunde mit 1.000 Dollar Minimum pro Hand spielen muss, um seine Suite und alles andere zu bekommen, dann spielt er auch nur noch eine Stunde täglich, anstatt wie früher üblicherweise 8-14 Stunden nonstop. Denn er hat gelernt, dass es die Spieldauer ist, die den Zocker ruiniert, nicht ein einziges Spiel, sondern die Länge der Session.

Fast Eddie D, der Craps Spieler, über den auch berichtet wurde, lebt heute in Costa Rica. Dort lässt er es sich gut gehen und lebt von den Anteilen an einem lokalen Casino.

Guy Hudson, Steve Cyrs Mentor, der ihm den Einstieg ins Walfängergeschäft gezeigt hat, ist heute pensioniert. Er vermisst die Welt des Glücksspiels, die ihn sein ganzes Leben lang umgeben hat. Gerne würde er ein oder zwei Tage die Woche arbeiten, doch die Zeiten haben sich geändert. Heute liest er viel – John Grisham oder Tom Clancy sind seine Favoriten. Er spielt gerne Golf und trifft sich von Zeit zu Zeit mit Steve Cyr, um über die legendären Zeiten der Wahlfängerei zu plaudern. Highroller Gambling interessiert ihn nach wie vor, obwohl er selbst nie ein Spieler war.

Bill Nielsen, einer jener Highroller, die auf ihrer Mission etwas zu weit gingen und die Linie überschritten haben. So etwas ist nie ratsam und seine Karriere endete eher tragisch. Seine Spielverluste brachen ihm das Rückgrat. Er landete in einem Gefängnis in Kalifornien und fand keinen Weg zurück nach oben. Nachdem er seine Zeit abgesessen und die rechtlichen Angelegenheiten erledigen konnte, zog er mit einem Verwandten zusammen, wo er heute, gemäß letzten Informationen, immer noch lebt. Seine Zeit als Superzocker ist jedoch ein für allemal zu Ende.

Larry Flynt in seinem berühmten, vergoldeten 80.000 Dollar Rollstuhl. (2009) (Foto: © Glenn Francis, www.PacificProDigital.com / CC BY-SA 3.0)
Larry Flynt in seinem berühmten, vergoldeten 80.000 Dollar Rollstuhl. (2009) (Foto: © Glenn Francis, www.PacificProDigital.com / CC BY-SA 3.0)
Larry Flynt war solange loyaler Gast im Vegas Hilton, bis Steve Cyr das Casino verließ. Selbst jene Meinungsverschiedenheit über einen Casinomarker, den Flynt zunächst nicht zurückzahlen wollte konnte deren Freundschaftsverhältnis auf lange Sicht nicht trüben. Der eigens für Flynt angelegte Rollstuhl-Lift in den Highlight-Limit-Bereich des Vegas Hilton erinnert heute noch an die legendären Zeiten, in denen Flynt um Millionen spielte. Heute ist der High Limit Bereich leer und verlassen. Flynt selbst spielt nun im Venetian und im Golden Nugget. Steve Cyr arbeitet übrigens heute auch fürs Golden Nugget neben seiner Tätigkeit als Unternehmensberater.

Robert Coury, jener MGM Floormanager, der für Steve Cyr wichtige Informationen über Wale lieferte und seinen Teil dazu beigetragen hat, dass Steve Cyr neue Kunden fürs Vegas Hilton angeworben hat, arbeitet heute für Station Casinos in Henderson in deren Top-Casino, Green Valley Ranch Station. Er ist dort ebenfalls als Floormanager tätig. Nur das Konzept ist heute etwas anders als damals. Das Casinobusiness hat sich gewandelt und ist heute eher ein Massengeschäft. Die Wale sind langsam am Aussterben, doch kleine Fische schwimmen nach wie vor zu Tausenden im Teich herum.

Steve Wynn, der Begründer des modernen Las Vegas, Verantwortlicher für die Entstehung des Mirage, Treasure Island und Bellagio kaufte im Jahr 2000 das Desert Inn und ließ es später schliessen und abreissen. Dort steht heute das 2,4 Milliarden Dollar teuren Wynn Las Vegas. Es ist eines jener wenigen Casino Ressorts, bei dem der Golfplatz gleich neben dem Casino liegt, quasi ein perfekter Walfänger! Neben dem Hotel befindet sich ein Komplex aus 18 Villen, nur für Großzocker. Ein Spieler kann somit innerhalb von wenigen Minuten von seiner Villa hinüber zum Golfplatz gelangen und nur wenige Minuten nach dem Spiel bereits wieder in seiner Villa sein und mit seinen Freunden eine Champagner Party feiern. Daneben gibt es im Wynn Las Vegas einen Suiten Bereich mit 300 Top-Suiten, die sich in unmittelbarer Nähe des High Limit Bereiches des Casinos, dem Baccara Pit, befinden.

Steve Cyr, der Superhost schlecht hin, über den es in diesem Bericht eigentlich ging, verließ das Vegas Hilton nach annähernd zehn Jahren Firmenzugehörigkeit. Der Konflikt zwischen ihm und der Hilton-Gruppe endete dabei vor Gericht. Cyr beschuldigte das Vegas Hilton, ihn zu unrecht zu beschuldigen, nur um ihn loszuwerden. In Folge des Gerichtsverfahrens, wurde es ihm, nach seinem Ausscheiden aus dem Hilton, bis zum Ende seiner regulären Vertragslaufzeit verboten ein Casino in Vegas zu betreten. Cyr machte sich selbständig und arbeitete als Berater für ein Casino in Kalifornien und für zwei Casinos auf den Bahamas. Nachdem seine Arbeitssperre in Las Vegas abgelaufen war, bekam er wieder Verträge mit Binion’s Horseshoe und dem Hard Rock Casino. Heute arbeitet er nicht mehr für ein einzelnes Casino und sein Einkommen basiert einzig und allein auf der Summe, welche die Casinos von den Spielern einnehmen, die Cyr Ihnen bringt.

Das Golden Nugget Las Vegas. (Foto: H2Oman / CC BY 2.0)
Das Golden Nugget Las Vegas. (Foto: H2Oman / CC BY 2.0)
Im Jahre 2004 lernte Cyr die beiden Unternehmer Tim Poster und Tom Breitling kennen. Diese beiden Jungunternehmer hatten es als Internet Reiseanbieter zu Wohlstand gebracht und kauften im Januar 2004 das Golden Nugget für 215 Millionen Dollar von der MM-Mittrage-Corporation. In der Hoffnung, Las Vegas wieder den alten Glanz zu verleihen und zu den guten alten Zeiten zurückzukehren, versucht das Golden Nugget seither, die Zentrale für High Limit Zocker zu werden. Die höchsten Limits und besten Odds werden seither im Golden Nugget angeboten. Beim Black Jack kann man standardmäßig bis zu 15.000 Dollar auf eine einzige Box setzen. Das ist das höchste Limit, welches ohne Diskussionen mit der Geschäftsleitung akzeptiert wird. Steve Cyr anzuheuern war einer der ersten Schachzüge, den die beiden Unternehmer machten. Sie wollten den besten Casino Host für ihr Casino. Und Steve Cyr war wieder im Geschäft, ohne jedoch seine Verbindungen in San Diego und auf den Bahamas aufgeben zu müssen. Übrigens, Andre Agassi ist stiller Teilhaber des Golden Nugget Casinos. Steve Cyr arbeitet seither gerne für diese jungen Leute die, im Gegensatz zu den konservativen Weltanschauungen der Caesars Palace oder Vegas Hilton Manager, offen sind für neue Ideen.

Seit der Übernahme des Golden Nugget durch die beiden Unternehmer ist aus dem kleinen Downtown Juwel eine ernsthafte Konkurrenz für die anderen Casinos südlich des Las Vegas Boulevard geworden. Im High Limit Pit des Golden Nugget kann man 10.000 Dollar auf die Pass Line setzen und das GN bietet 10X ODDS an auf diese Wette, etwas, das kein anderes Casino auf der Welt anbietet. Der Hausvorteil auf diese Wette beträgt sagenhaft geringe 0,18 Prozent!

Wie hoch genau die Ablösesumme war, die Poster und Breitling mit Steve Cyr vereinbart hatten, ist ein wohlgehütetes Geheimnis. Klar ist, dass man Cyr nicht für schmales Geld bekommen konnte und dieser mit dem Deal sehr zufrieden ist. Einmal soll er gesagt haben, dass diese Vereinbarung für ihn der beste Deal war, den er sich nur vorstellen konnte! Der Deal des Jahrhunderts und einzigartig in Nevada. Aber mehr war darüber auch nicht in Erfahrung zu bringen.

Die im Golden Nugget ausgestellte "Hand of Faith", das größte Gold Nugget das je mit Hilfe eines Metall Detektors gefunden wurde. (Foto: FF23-fr / CC BY 3.0)
Die im Golden Nugget ausgestellte „Hand of Faith“, das größte Gold Nugget das je mit Hilfe eines Metall Detektors gefunden wurde. (Foto: FF23-fr / CC BY 3.0)
Heute ist Steve Cyr dort, wo er immer sein wollte. In der glimmernden Casinowelt von Las Vegas, aber dennoch unabhängig und frei. Er hat Vorgesetzte, mit denen er über neue Ideen sprechen kann und stößt dabei nicht sofort auf taube Ohren. Er hat ein Netzwerk geschaffen, welches ihm die nötigen Informationen bietet, die er braucht. Er ist sogar so unabhängig, dass er sich nicht fürchten muss, irgendwann gefeuert zu werden, weil er über das nötige Handwerkszeug verfügt, jederzeit und überall wieder neu anfangen zu können. Mit anderen Worten, er hat sich seine Welt geschaffen, wie er sie wollte. Er ist ehrgeizig und frech genug, sich seine eigenen Spielregeln zu schaffen, welche ihm das Überleben in einem Geschäft, in dem die Konkurrenz härter nicht sein könnte, über Jahre hinweg garantiert haben. Und heute, an der Spitze seiner Karriere, denkt er langsam darüber nach, etwas zurückzustecken und sein Leben etwas mehr zu genießen. Aber seine Welt ist die Walfängerei in den Casinos von Las Vegas. Wenn Sie einen Ausflug nach Las Vegas geplant haben, dann markieren Sie sich auf den Sehenswürdigkeiten das Golden Nugget, Downtown Las Vegas.

Quelle und Grundlage zu dieser Serie, sowie Informationen daraus, war das spannende und hochinteressante englischsprachige Buch von Deke Castlemen mit dem Titel: “Die Waljäger in der Wüste”.

Hier finden Sie eine Übersicht aller bisher erschienen Teile dieser Artikelserie.