Verwaltungsgebühr für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis

Die für die Erteilung glücksspielrechtlicher Erlaubnisse vorgesehene Gebührenregelung in dem bis Mitte 2021 geltenden Glücksspielstaatsvertrag (§ 9a Abs. 4) ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts mit der Verfassung vereinbar. 

Verwaltungsgebühr für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis

Prüfungsmaßstab für den Gebührenbescheid ist neben Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) auch der Glücksspielstaatsvertrag der Länder (GlüStV), hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV) vom 15.11.20111. Dies folgt aus § 33 GlüStV, mit dem die Staatsvertragsparteien von der Ermächtigung des Art. 99 Alt. 2 GG Gebrauch gemacht haben2.

Die Revisibilitätsklausel des § 33 GlüStV umfasst auch § 9a Abs. 4 Satz 6 GlüStV, wonach für die Kostenerhebung „im Übrigen“ die Kostenvorschriften des jeweiligen Sitzlandes der handelnden Behörde gelten. Revisionsgerichtlich überprüfbar sind insoweit allerdings nur Inhalt und Reichweite der staatsvertraglichen Bestimmung, also die Frage, auf welche Regelungsbereiche des jeweiligen Landeskostenrechts sich die Verweisung bezieht, nicht hingegen die Auslegung der einzelnen landesrechtlichen Bestimmungen.

§ 9a Abs. 4 Satz 6 GlüStV erklärt die auf Landesebene bestehenden Kostenvorschriften für ergänzend anwendbar, ohne sie in das Staatsvertragsrecht zu übernehmen. Auf eine rein deklaratorische Verweisung deutet schon der Wortlaut der Norm hin, wonach die Landesvorschriften unmittelbar „gelten“ und nicht lediglich „entsprechend gelten“ sollen. Auch eine systematisch-teleologische Auslegung spricht gegen eine Inkorporation der sich immer wieder ändernden Kostengesetze der Sitzländer. Die im ländereinheitlichen Verfahren nach § 9a GlüStV zuständigen Behörden bleiben auch in dieser Funktion Landesbehörden, für die ihr jeweiliges Verwaltungsverfahrens, Vollstreckungs- und Kostenrecht aus sich heraus kraft landesrechtlichen Anwendungsbefehls gilt3. Der Sinn und Zweck der hier wie in vergleichbaren Fällen (vgl. zu § 48 RStV Lent, in: Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, § 48 RStV Rn. 1 m.w.N.) auf eine möglichst einheitliche Auslegung der staatsvertraglichen Bestimmungen abzielenden Revisibilitätsklausel gebietet keine andere Beurteilung, da im ländereinheitlichen Verwaltungsvollzug nach § 9a GlüStV für jede Glücksspielform nur ein Sitzland zuständig und daher nur jeweils ein einziges Kostengesetz anwendbar ist. Die im Streitfall ergänzend anwendbaren Vorschriften des rheinland-pfälzischen Landesgebührengesetzes (LGebG) vom 03.12.19744, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.06.20175, sind daher der revisionsgerichtlichen Prüfung entzogen. Dies betrifft insbesondere die – in der Vollzugspraxis des Beklagten nicht einheitlich beantwortete – Frage, ob sich der Kläger als gemeinnütziger Verein auf die persönliche Gebührenfreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 LGebG berufen kann.

Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids ist § 9a Abs. 4 GlüStV. Danach erheben die nach den Absätzen 1 und 2 zuständigen Behörden, hier die Glücksspielbehörde des Landes Rheinland-Pfalz (§ 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GlüStV), für Amtshandlungen in Erfüllung der Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 3 Kosten in Gestalt von Gebühren und Auslagen (§ 9a Abs. 4 Satz 1 GlüStV). Für die Erteilung einer Glücksspielerlaubnis im ländereinheitlichen Verfahren, wie sie der Kläger beantragt hat, wird gemäß § 9a Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV eine nach den Spieleinsätzen gestaffelte Gebühr erhoben.

Diese unmittelbar im Staatsvertrag getroffene Gebührenregelung ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie verstößt weder gegen die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung nach Art. 104a ff. GG noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Verfassungswidrigkeit der Norm ergibt sich auch nicht aus ihrem Zusammenspiel mit der Konzessionsabgabe nach § 4d GlüStV.

Die für die Erteilung von Glücksspielerlaubnissen nach § 9a GlüStV geltende Gebührenregelung genügt den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 104a ff. GG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben mit Blick auf die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung sowie zur Wahrung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung6. Zwar gibt es keinen eigenständigen verfassungsrechtlichen Gebührenbegriff, aus dem sich unmittelbar Prüfungsmaßstäbe für die Verfassungsmäßigkeit einer Gebührenregelung ergäben7. Bundesrechtliche Voraussetzung für die Erhebung einer Gebühr ist allerdings, dass zwischen der kostenverursachenden Leistung der Verwaltung und dem Gebührenschuldner eine besondere Beziehung besteht, die es gestattet, ihm die Amtshandlung individuell zuzurechnen. Unter Beachtung dieser Kriterien verfügt der Gebührengesetzgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen, welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen und welche über die Kostendeckung hinausreichenden Zwecke, etwa einer begrenzten Verhaltenssteuerung in bestimmten Tätigkeitsbereichen, er mit einer Gebührenregelung anstreben will8.

Die staatsvertragliche Gebührenvorschrift wird diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht. Sie ermöglicht die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für die im ländereinheitlichen Verfahren erteilten Erlaubnisse und Konzessionen. Die Gebühr verfolgt mit der Kostendeckung und dem Vorteilsausgleich zwei legitime Zwecke. Ein grobes Missverhältnis der Gebührenbemessung zu diesen Gebührenzwecken lässt sich nicht feststellen.

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Der Gebührentatbestand des § 9a Abs. 4 GlüStV knüpft an die Vornahme von Amtshandlungen an, die von den Gebührenschuldnern veranlasst worden sind bzw. ihnen zugutekommen, so dass es sich um den Typus einer Verwaltungsgebühr handelt. Die Notwendigkeit einer staatsvertraglichen Gebührenregelung folgt aus der verfahrensrechtlichen Besonderheit. Mit § 9a GlüStV in der Fassung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 15.12.2011 wurde erstmals für verschiedene Glücksspielangebote ein formalisiertes ländereinheitliches Verfahren eingeführt, bei dem jeweils die Glücksspielaufsichtsbehörde eines Landes die Erlaubnis oder Konzession für das Gebiet aller Länder erteilt (§ 9a Abs. 1 und 2 GlüStV). Diese Neuerung ist Ausfluss der grundsätzlichen Zuständigkeit der Länder im Glücksspielrecht, die für die länderübergreifende Zulassung von Glücksspielen ein einheitliches Verfahren erforderlich macht9. Hierbei erteilt das im jeweiligen Verfahren zentral zuständige Land eine Erlaubnis bzw. Konzession mit Geltung für alle Länder. Die nach § 9a Abs. 1 und 2 GlüStV zuständigen Behörden üben gegenüber den Erlaubnis- und Konzessionsnehmern auch die Aufgaben der Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 GlüStV mit Wirkung für alle Länder aus und können die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen (§ 9a Abs. 3 Satz 1 GlüStV). Die Beteiligung der Länder wird durch das Glücksspielkollegium sichergestellt (§ 9a Abs. 5 bis 8 GlüStV), das zur Erfüllung der Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 3 besteht (§ 9a Abs. 5 Satz 1 GlüStV; vgl. dazu RP LT-Drs. 16/1179 S. 69).

Dem ländereinheitlichen Verfahren gemäß § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GlüStV unterliegen auch die Erlaubnisse für „Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential“ nach § 12 Abs. 3 Satz 1 GlüStV, für deren Erteilung das Land Rheinland-Pfalz zuständig ist. Diese im Dritten Abschnitt des Staatsvertrags (§§ 12 bis 18 GlüStV) geregelten privaten Lotterien, deren Veranstalter als gemeinnützig anerkannt sein müssen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), durchbrechen das grundsätzliche staatliche Veranstaltungsmonopol für Lotterien (§ 10 Abs. 6 GlüStV). Sie unterliegen gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dem allgemein für Glücksspiele geltenden repressiven Verbot mit Befreiungs- bzw. Erlaubnisvorbehalt10; auf die Erteilung der Erlaubnis besteht daher kein Rechtsanspruch (§ 4 Abs. 2 GlüStV).

Die Erhebung von Gebühren nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV dient legitimen Gebührenzwecken. Mit einer Verwaltungsgebühr können zulässigerweise unterschiedliche Zwecke verfolgt werden, wobei sich die sachliche Rechtfertigung der Gebührenhöhe aus den Gebührenzwecken der Kostendeckung, des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie aus sozialen Zwecken ergeben kann11. Daraus folgt allerdings nicht, dass jeder dieser Zwecke beliebig zur Rechtfertigung der konkreten Bemessung einer Gebühr herangezogen werden kann. Nur wenn solche legitimen Gebührenzwecke nach der tatbestandlichen Ausgestaltung der konkreten Gebührenregelung von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen werden, sind sie auch geeignet, sachlich rechtfertigende Gründe für die Gebührenbemessung zu liefern12. Die hiernach erforderliche Auslegung anhand von Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte13 lässt mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die staatsvertragliche Gebührenregelung in einem weit verstandenen Sinn der Kostendeckung und darüber hinaus dem Vorteilsausgleich dient.

Die Gebührenerhebung nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV dient in erster Linie dem Zweck, die mit der „Erteilung der Erlaubnis oder Konzession“ im ländereinheitlichen Verfahren verbundenen Kosten zu decken. Damit sind entgegen der Auffassung des Klägers nicht allein die Kosten der Antragsbearbeitung gemeint. Die Gebühr nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV soll zum einen den im ländereinheitlichen Erlaubnis- bzw. Konzessionsverfahren bei den beteiligten Behörden entstehenden und damit unmittelbar „für“ die Erteilung notwendigen Verwaltungsaufwand decken, wie in der Begründung des Staatsvertrags anklingt9. Der Kostendeckungszweck erfasst zum anderen aber auch den Prüfungs- und Überwachungsaufwand, der sich während der Geltungsdauer aus einer – im Regelfall für mehrere Jahre erteilten – Erlaubnis oder Konzession ergibt.

Dass auch dieser an das Gebrauchmachen von der Erlaubnis bzw. Konzession anknüpfende und daher fortlaufend anfallende Verwaltungsaufwand, sofern er nicht gemäß § 9a Abs. 4 Satz 5 GlüStV gesondert gebührenpflichtig ist, mit der „Erteilungsgebühr“ nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV abgegolten werden soll, folgt zwar nicht schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, der sich auch im Sinne einer Beschränkung auf die Antragsbearbeitung verstehen ließe, ergibt sich jedoch aus dem Regelungszusammenhang.

Nach der Grundnorm des § 9a Abs. 4 Satz 1 GlüStV erheben die zuständigen Behörden „für Amtshandlungen in Erfüllung der Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 3 Kosten (Gebühren und Auslagen)“. Die Tätigkeit der nach § 9a Abs. 1 und 2 GlüStV zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde ist nicht mit der einmaligen Erlaubniserteilung abgeschlossen, sondern setzt sich in Gestalt der weiteren – nach § 9a Abs. 3 Satz 1 GlüStV ebenfalls mit Wirkung für alle Länder auszuübenden – Glücksspielaufsicht fort. Auch die damit verbundenen Aufgaben unterliegen nach § 9a Abs. 4 Satz 1 GlüStV der staatsvertraglich begründeten Gebührenpflicht. Ziel dieser behördlichen Überwachungstätigkeit ist es insbesondere, die Einhaltung der Inhalts- und Nebenbestimmungen zu gewährleisten, mit denen die (mehrjährigen) Erlaubnisse oder Konzessionen angesichts der im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen strengen Erteilungsvoraussetzungen regelmäßig versehen sind.

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Dass auch dieser behördliche Aufwand des „Auf-Stand-Haltens“ der Genehmigung, den der Beklagte in der mündlichen Verhandlung exemplarisch erläutert hat, mit der wertabhängigen Gebühr nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV abgedeckt werden soll, folgt insbesondere aus der Regelung des § 9a Abs. 4 Satz 3 GlüStV, wonach bei längerer Geltungsdauer der Erlaubnis bzw. Konzession die Gebührenerhebung nicht einmalig und abschließend im Jahr der Erteilung erfolgt, sondern – mit einem Abschlag für die Folgejahre – auf den gesamten Geltungszeitraum verteilt wird. Die Gebührenermäßigung ab dem zweiten Geltungsjahr rechtfertigt sich, wie es in der Begründung zum Staatsvertrag heißt, aus dem im Vergleich zum Genehmigungsjahr „geringeren Verwaltungsaufwand“14. Diese Formulierung lässt unmissverständlich erkennen, dass der Normgeber von einem auch noch in den Folgejahren anfallenden, dem Erlaubnisinhaber zuzurechnenden (Überwachungs-)Aufwand ausgeht, der durch die Gebühr nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV ebenfalls abgedeckt werden soll. Er entsteht aufgrund der fortlaufend notwendigen Aufsichtsmaßnahmen auch dann, wenn es nicht zu Einzelfallanordnungen kommt, für die in § 9a Abs. 4 Satz 5 GlüStV eine zusätzliche (Rahmen-)Gebühr vorgesehen ist.

Neben der Kostendeckung dient die für die Erlaubnis- bzw. Konzessionserteilung zu entrichtende Gebühr in hinreichend erkennbarer Weise auch dem Vorteilsausgleich. Dies ergibt sich aus dem gewählten Gebührenmaßstab sowie aus den Gesetzesmaterialien. § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV knüpft die Höhe der Gebühr an die – mit dem Verwaltungsaufwand in keinem Zusammenhang stehenden – voraussichtlichen Spiel- oder Wetteinsätze und bestimmt den Gebührensatz damit nach dem zu erwartenden Umsatz der Glücksspielveranstalter. Auch die Begründung zum Staatsvertrag, wonach bei der Gebührenbemessung neben dem Verwaltungsaufwand auch die Bedeutung der Angelegenheit für den Kostenschuldner Berücksichtigung finden soll15, bringt den Vorteilsausgleich als weiteren Gebührenzweck deutlich zum Ausdruck.

Der durch die Gebühr auszugleichende Vorteil liegt darin, dass die Glücksspielveranstalter von der Erlaubnis oder Konzession Gebrauch machen können, die ihnen in Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots mit Befreiungsvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV bzw. § 4a Abs. 1 GlüStV erteilt wird. Während der im Zulassungsbescheid festgelegten Laufzeit können die Anbieter das genehmigte Glücksspiel legal durchführen und in dem jeweils zugelassenen Umfang Einnahmen generieren. Eine solche begünstigende Wirkung infolge der gebührenpflichtigen Amtshandlung unterfällt ohne Weiteres dem weiten Vorteilsbegriff der Rechtsprechung, die als „besonderen Vorteil“ neben wirtschaftlichen auch rechtliche, ideelle und tatsächliche Vorteile jeglicher Art anerkennt16.

Auch bei nicht-kommerziellen Erlaubnisnehmern wie den Veranstaltern von Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential (§§ 12 bis 18 GlüStV) ist ein derartiger Vorteil zu bejahen. Mit solchen Veranstaltungen dürfen zwar keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgt werden, die über den mit dem Hinweis auf die Bereitstellung von Gewinnen verbundenen Werbeeffekt hinausgehen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GlüStV), so dass dafür oft die Bezeichnung „Soziallotterien“ verwendet wird17. Auch diese Veranstalter erlangen aber mit der Erteilung der Lotterieerlaubnis eine vorteilhafte Rechtsstellung, der ungeachtet der gemeinnützigen Ausrichtung auch ein wirtschaftlicher Wert zukommt. Denn ihnen wird damit die Durchführung eines ihrem Satzungszweck entsprechenden Vorhabens auf dem staatlich regulierten Glücksspielmarkt ermöglicht, das sie anderenfalls nicht hätten verwirklichen können. Dass die erzielten Reingewinne am Ende nicht den Veranstaltern als private Einkünfte zufließen, sondern gemeinnützig verwendet werden (müssen), lässt den in der behördlichen Zulassungsentscheidung liegenden Vorteil nicht entfallen.

Die in § 9a Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV geregelte Gebührenbemessung steht, gemessen an den dafür geltenden verfassungsrechtlichen Vorgaben, nicht in einem groben Missverhältnis zu den vom Gesetzgeber verfolgten Gebührenzwecken des Vorteilsausgleichs und der Kostendeckung.

Zur Wahrung des weiten Gestaltungs, Typisierungs- und Pauschalierungsspielraums des Gesetzgebers bei der Gebührenbemessung ist die gerichtliche Kontrolldichte am Maßstab finanzverfassungsrechtlicher Rechtfertigungsanforderungen eingeschränkt. Eine Gebührenbemessung ist hiernach nur dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn sie in einem groben Missverhältnis zu den verfolgten legitimen Gebührenzwecken steht18. Die verfassungsrechtliche Kontrolle der gesetzgeberischen Gebührenbemessung, die ihrerseits komplexe Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen voraussetzt, darf – insbesondere bei der Einführung eines neuen Gebührentatbestands – nicht überspannt werden. Maßgebliche Bestimmungsfaktoren der Gebührenbemessung, wie die speziellen Kosten der gebührenpflichtigen öffentlichen Leistungen und der Vorteil der Leistungen für den Gebührenschuldner, lassen sich häufig nicht exakt und im Voraus ermitteln und quantifizieren. Eine präzise Vorauskalkulation, wie sie bei der Erhebung kostendeckender Benutzungsgebühren etwa bei kommunalen Einrichtungen grundsätzlich geboten ist, kann daher bei Verwaltungsgebühren nicht verlangt werden. Der Gesetzgeber darf vielmehr generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können19.

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Auch wenn sich der Gesetzgeber bei der Gebührenbemessung nicht auf die Kosten des Verwaltungsaufwands beschränken muss, sind diese bei der Ausgestaltung des Gebührentatbestands nicht gänzlich ohne Bedeutung. Das Äquivalenzprinzip als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verbietet die Festsetzung der Gebühr völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung20. Dies gilt auch dann, wenn bei der Bemessung der Gebühr der wirtschaftliche Wert der Amtshandlung in Rechnung gestellt, also ein weiterer Gebührenzweck verfolgt wird. Der Entgeltcharakter der Gebühr muss dadurch gewahrt bleiben, dass diese sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht völlig von den Kosten des Verwaltungsaufwands lösen darf. Das Verbot einer gänzlichen Abkoppelung folgt aus dem der Gebühr begriffsnotwendig innewohnenden Ziel der Kostendeckung21.

Unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs bestehen gegen die Bemessung der Erlaubnis- bzw. Konzessionsgebühr keine Bedenken. Nach § 9a Abs. 4 Satz 2 Buchst. a bis d GlüStV errechnet sich die Höhe der Gebühr nach den genehmigten oder voraussichtlichen Spiel- oder Wetteinsätzen. Ein solcher vorteilsbezogener Gebührenmaßstab ist nicht nur im Glücksspielrecht anerkannt, sondern findet vielfach bei begünstigenden Amtshandlungen Anwendung, die sich auf ein Objekt mit wirtschaftlichem Wert beziehen. So darf sich die Gebühr für eine Grundbucheintragung am Wert des Grundstücks orientieren22, die Baugenehmigungsgebühr auf die Rohbausumme als Gebührenmaßstab abstellen23 und die Gebühr für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung an die Errichtungs- bzw. Investitionskosten der Anlage anknüpfen24. Angesichts eines – degressiv gestaffelten – Gebührensatzes, der maximal ein Tausendstel der Spiel- oder Wetteinsätze ausmachen kann, erweist sich der Vorteilsausgleich auch der Höhe nach als maßvoll; im Fall des Klägers ergab sich danach für das Jahr 2018 bei einem Umsatz von fast einer halben Milliarde € nur eine Gebühr in Höhe von 163 407 €.

Eine greifbare Abkoppelung der nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV erhobenen Gebühren von den Kosten der zugrundeliegenden Verwaltungsleistung lässt sich nicht feststellen.

Zur Höhe des zu veranschlagenden Verwaltungsaufwands heißt es in den Gesetzesmaterialien unter Bezugnahme auf den „Bericht zur Erhebungswelle 2010 im Rahmen der Evaluation des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV)“ des Landesbetriebs Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Anlage 1 zum Evaluationsbericht 2010), im Jahr 2009 hätten die Personal- und Sachkosten der zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder einschließlich der Prozesskosten bei etwa 9, 1 Mio. € gelegen14. Dass der Normgeber den Evaluationsbericht als Erkenntnisquelle für die Ausarbeitung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags im Jahr 2011 herangezogen hat, ist naheliegend und nicht zu beanstanden. Die im Bericht genannten Zahlen konnten angesichts ihrer Aktualität grundsätzlich als Prognosegrundlage dienen, so dass gegen die Wahl des Referenzjahres 2009 nichts zu erinnern ist. Auch gegen die Einbeziehung von Prozesskosten in die Personal- und Sachkosten bestehen keine prinzipiellen Bedenken, zumal es sich aus damaliger Sicht nur um einen untergeordneten Rechnungsposten gehandelt haben dürfte. Der Gesetzgeber hatte, anders als bei der Kalkulation von Benutzungsgebühren für eine kostendeckende öffentliche Einrichtung, lediglich eine grobe Abschätzung des typischerweise entstehenden Verwaltungsaufwands vorzunehmen.

Auf Bedenken trifft es hingegen, dass der Gesetzgeber seine Prognose pauschal auf den im Evaluationsbericht genannten Gesamtbetrag von 9, 1 Mio. € gestützt hat, ohne einen direkten Bezug zu den von der Gebührenregelung des § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV erfassten Verwaltungstätigkeiten herzustellen. Im Bericht berücksichtigt wurden offenbar sämtliche Aktivitäten der für die Glücksspielaufsicht zuständigen Behörden der Länder, ohne danach zu differenzieren, ob die betreffenden Glücksspielformen durch den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in das ländereinheitliche Verfahren nach § 9a GlüStV überführt werden oder weiterhin dem Gebührenrecht der Länder unterliegen sollten. Auch wurde ersichtlich nicht zwischen den Verwaltungskosten für die Erlaubnis- bzw. Konzessionserteilung einerseits und für Untersagungen unerlaubten Glücksspiels sowie sonstige behördliche Einzelmaßnahmen andererseits differenziert, obwohl letztere über den Gebührentatbestand des § 9a Abs. 4 Satz 5 GlüStV separat erfasst werden. Die vom Normgeber gewählte stark pauschalierende Vorgehensweise hat zur Folge, dass dem angegebenen Betrag von 9, 1 Mio. € für die Abschätzung des Verwaltungsaufwands nur ein eingeschränkter Aussagegehalt beigemessen werden kann. Die damit verbundene Erschwernis der gerichtlichen Kontrolle des Gebührensatzes erscheint hier gleichwohl noch hinnehmbar, da den Staatsvertragsparteien bei Einführung des ländereinheitlichen Verfahrens nach § 9a GlüStV ersichtlich keine genaueren Zahlen zur Verfügung standen und teilweise – im Falle der bis dahin verbotenen Sportwetten – auch noch gar nicht zur Verfügung stehen konnten. Im Falle späterer Neuregelungen dürfte eine derart weitgehende pauschalierende Betrachtungsweise nicht mehr ohne Weiteres zulässig sein.

Auch wenn anzunehmen ist, dass der im ländereinheitlichen Erlaubnis- und Konzessionsverfahren entstehende Verwaltungsaufwand geringer zu veranschlagen ist als der vom Gesetzgeber zugrunde gelegte Orientierungswert von 9, 1 Mio. €, spricht nichts dafür, dass das zu erwartende Gebührenaufkommen in seiner Höhe von den tatsächlich entstehenden Verwaltungskosten völlig abgekoppelt sein könnte.

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Die in der Gesetzesbegründung für das Jahr 2009 vorgenommene Vergleichsrechnung, wonach angesichts eines prognostizierten Gesamtgebührenaufkommens von 2 978 300 € nur etwa 30 % des angenommenen Verwaltungsaufwands von 9, 1 Mio. € gedeckt wären, muss allerdings als unrealistisch angesehen werden. Sie bezieht zwar zu Recht auch den zum damaligen Zeitpunkt illegalen Sportwettenmarkt mit ein, der durch das mit dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag geschaffene Konzessionssystem in die Legalität überführt werden sollte25. Die anhand der im Evaluierungsbericht ermittelten Umsätze des Deutschen Lotto-Toto-Blocks von 6 791 Mio. € sowie eines geschätzten Umsatzvolumens auf dem illegalen Sportwettenmarkt von 3 000 Mio. € in Anwendung des Tarifs nach § 9a Abs. 4 Satz 2 Buchst. d GlüStV errechnete Verwaltungsgebühr in Höhe von 2 978 300 € beruht allerdings auf einer Fiktion. Sie unterstellt – wohl aus Vereinfachungsgründen, dass für den Gesamtumsatz von ca. 9, 8 Milliarden € nur eine einzige Erlaubnis nach § 9a GlüStV erteilt wurde. Geht man demgegenüber von einer Aufteilung in eine Mehrzahl von Erlaubnis- und Konzessionsverfahren mit entsprechend geringeren Spiel- oder Wetteinsätzen aus, die zumindest teilweise unter dem in § 9a Abs. 4 Satz 2 Buchst. d GlüStV genannten Schwellenwert von 100 Mio. € liegen, so ergibt sich wegen der degressiven Staffelung des Gebührensatzes in § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV ein deutlich höherer Gesamtbetrag der zu erwartenden Gebühreneinnahmen.

Dieser Effekt ist jedoch zu gering, als dass er zu einer greifbaren Abkoppelung des Gebührenaufkommens von dem damit abzugeltenden Verwaltungsaufwand führen könnte. Selbst wenn der für das ländereinheitliche Verfahren angenommene Gesamtumsatz von ca. 9, 8 Milliarden € ausschließlich auf Erlaubnisse und Konzessionen mit Spiel- bzw. Wetteinsätzen von weniger als 30 Mio. € entfiele und daher in sämtlichen Fällen der maximale Gebührensatz von 1 % nach § 9a Abs. 4 Satz 2 Buchst. a GlüStV anwendbar wäre, könnten die Gebühreneinnahmen insgesamt einen Betrag von 9, 8 Mio. € nicht übersteigen. Sie müssten wegen des bei mehrjähriger Erteilung für die Folgejahre geltenden 10 %-Abschlags nach § 9a Abs. 4 Satz 3 GlüStV sogar noch um einiges niedriger liegen und bewegten sich damit in der Nähe des vom Gesetzgeber zugrunde gelegten Gesamtaufwands von 9, 1 Mio. €. Danach lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass die Höhe der zu erhebenden Gebühren zu dem damit abzugeltenden Verwaltungsaufwand völlig außer Verhältnis stehen, die tatsächlich anfallenden Kosten also um ein Vielfaches übersteigen könnte.

Ein solches grobes Missverhältnis lässt sich im Übrigen auch bei rückwirkender Betrachtung unter Einbeziehung der Ergebnisse des in der mündlichen Verhandlung erörterten Evaluationsberichts der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder nach § 32 GlüStV vom 28.04.2017 nicht erkennen. Danach betrugen die Verwaltungskosten im ländereinheitlichen Verfahren für die Jahre 2012 bis 2016 insgesamt 12, 8 Mio. €, wobei die Gebühreneinnahmen im gleichen Zeitraum mit 3, 5 Mio. € ebenfalls deutlich unter dem prognostizierten Wert lagen.

Der einheitliche Gebührentatbestand des § 9a Abs. 4 GlüStV für alle in das ländereinheitliche Verfahren überführte Glücksspielformen verstößt nicht gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte – bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart – ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt26.

Hieran gemessen war die vom Kläger geforderte gebührenrechtliche Privilegierung der Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential (§§ 12 ff. GlüStV) gegenüber den Sportwetten (§§ 4a ff. GlüStV) weder unter dem Gesichtspunkt der Gemeinnützigkeit noch wegen eines möglicherweise geringeren Verwaltungsaufwands zwingend geboten. Nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers27 bergen auch die Glücksspielformen, deren Erträge ganz oder überwiegend für Gemeinwohlzwecke verwendet werden, so erhebliche Gefahren für die Spielteilnehmer und die Allgemeinheit, dass für sie das in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV normierte repressive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ebenso gerechtfertigt ist wie für die kommerziellen Glücksspielangebote28. Dass diese prinzipielle verfahrensrechtliche Gleichbehandlung sich in einer einheitlichen Gebührenregelung widerspiegelt, deren Berechnungsmodus sich vorrangig am Kriterium des Vorteilsausgleichs orientiert, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Vor Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags war auch noch nicht konkret absehbar, ob und inwieweit mit der Erteilung und Überwachung der erstmals zu erteilenden Konzessionen für Sportwetten ein signifikant höherer Verwaltungsaufwand verbunden sein würde als bei den sonstigen in § 9a Abs. 1 und 2 GlüStV genannten Erlaubnissen. In Anbetracht seiner weiten Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis war der Gesetzgeber daher jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt nicht gehindert, für alle Zulassungsakte im ländereinheitlichen Verfahren eine nach denselben Maßstäben zu errechnende Verwaltungsgebühr festzulegen. Dass an die Erteilung von Sportwettenkonzessionen besonders strenge Anforderungen gestellt werden (§§ 4a ff. GlüStV), hätte zwar schon damals einen im Vergleich zu den Lotterieerlaubnissen erhöhten Gebührensatz gerechtfertigt, wie er nunmehr im Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland vom 29.10.202029 vorgesehen ist. Aus gleichheitsrechtlichen Gründen zwingend geboten war eine solche Differenzierung aber nicht.

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Auch das Nebeneinander der Verwaltungsgebühr nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV und der – nur für Sportwettenanbieter geltenden – Konzessionsabgabe nach § 4d GlüStV in Höhe von 5 v.H. des Spieleinsatzes führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Gebührenregelung. Das Bundesverfassungsgericht verlangt im Zusammenhang mit dem Erfordernis hinreichender Regelungsklarheit der verfolgten Gebührenzwecke, mehrere Gebührenregelungen in der Rechtsordnung so aufeinander abzustimmen, dass die Gebührenschuldner nicht durch unterschiedliche Gebühren zur Deckung gleicher Kosten einer Leistung oder zur Abschöpfung desselben Vorteils einer Leistung mehrfach herangezogen werden30. Es erscheint aber bereits zweifelhaft, ob diese Forderung, die als Ausprägung des allgemeinen Gedankens der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung zu verstehen ist31, auch für die Auferlegung mehrerer Abgaben durch denselben Normgeber gilt, der die Gesamtbelastung des Kostenschuldners ohnehin zu berücksichtigen hat.

Selbst wenn die genannte Vorgabe einschlägig sein sollte, wäre ein Verfassungsverstoß zu verneinen. Der Vorteil, der durch die Verwaltungsgebühr ausgeglichen wird, ist nicht identisch mit dem Vorteil, der durch die Konzessionsabgabe abgeschöpft werden soll. Die Gebühr nach § 9a Abs. 4 Satz 2 GlüStV wird für die Erteilung der Erlaubnis bzw. Konzession und damit für die bloße Möglichkeit des Lotterie- oder Sportwettenbetriebs erhoben; sie wird nach den voraussichtlichen oder genehmigten Spiel- oder Wetteinsätzen bemessen und ist daher auch dann zu entrichten, wenn von der Erlaubnis oder Konzession überhaupt (noch) kein Gebrauch gemacht wurde. Demgegenüber knüpft die Konzessionsabgabe für Sportwettenanbieter nach § 4d GlüStV an das spätere tatsächliche Gebrauchmachen von der Konzession an; mit ihr wird der dem Konzessionsnehmer durch den Wettbetrieb entstehende, nach dem erzielten Spieleinsatz bemessene wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft (§ 4d Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GlüStV). Anders als mit der Verwaltungsgebühr verfolgt der Gesetzgeber mit der Erhebung der Konzessionsabgabe zudem Lenkungszwecke in Form der Nachfragedämpfung32. Hielte man trotz dieser Unterschiede die Kumulation der beiden Abgaben für problematisch, könnten sich die verfassungsrechtlichen Bedenken jedenfalls nicht auf die von Erlaubnis- und Konzessionsnehmern gleichermaßen zu entrichtende Verwaltungsgebühr, sondern nur auf die in einem späteren Stadium für einen Teil dieser Veranstalter hinzutretende Konzessionsabgabe beziehen, die im Übrigen auch hinsichtlich ihres finanziellen Volumens von ungleich höherem Gewicht ist.

Die Gebührenfestsetzung ist im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltuangsgerichts ebenfalls nicht zu beanstanden.

Der Gebührenbescheid ist nicht deshalb rechtswidrig, weil der Erlaubnisbescheid vom 10.11.2014, auf den er sich bezieht, seinerzeit von der unzuständigen Behörde erlassen wurde und damit formell rechtswidrig war. Der Erlaubnisbescheid stellt einen – mit belastenden Nebenbestimmungen versehenen – begünstigenden Verwaltungsakt dar, von dem der Kläger seit Jahren – so auch im streitgegenständlichen Jahr 2018 – Gebrauch gemacht hat; insoweit ist er auch in Bestandskraft erwachsen33. Bundesrechtliche Bedenken gegen die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für die Erteilung der damaligen Erlaubnis bestehen daher nicht. Dass landesrechtliche Vorschriften der Gebührenerhebung nicht entgegenstehen, hat das Verwaltungsgericht mit bindender Wirkung festgestellt. Wie oben dargelegt, ist die Auslegung einzelner Bestimmungen des Landeskostenrechts nicht über § 9a Abs. 4 Satz 6 GlüStV revisibel.

Gegen die Art und Weise der Berechnung des 10 %-Abschlags gemäß § 9a Abs. 4 Satz 3 GlüStV ist nichts zu erinnern. Nach dieser Vorschrift erfolgt die Berechnung bei mehrjährigen Erlaubnissen gesondert für jedes Jahr, wobei sich die Gebühr „für jedes Folgejahr … um 10 v. H. ermäßigt.“ Der Kläger ist der Auffassung, der Abzugsbetrag müsse von Jahr zu Jahr um weitere 10 % steigen; dies hätte zur Folge, dass bei langjährigen Erlaubnissen schließlich überhaupt keine Verwaltungsgebühren mehr zu zahlen wären. Diese Ansicht vermag schon mit Blick auf den Gedanken des Vorteilsausgleichs nicht zu überzeugen. Der Beklagte hat die Bestimmung so verstanden, dass der Abzug von 10 % stets anhand der Gebühr für das erste Geltungsjahr der Erlaubnis (hier 2015) zu berechnen ist; bei der Gebühr für 2018 hat er daher einen Kürzungsbetrag von 17 393 € in Ansatz gebracht. Diese vom Verwaltungsgericht bestätigte Vorgehensweise des Beklagten ist nicht zu beanstanden.

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Zwar legt das Gesetz den Bezugspunkt für den 10 %-Abschlag nicht ausdrücklich fest und lässt damit mehrere Deutungsmöglichkeiten zu. So erscheint es etwa denkbar, auf das jeweilige Vorjahr als Referenzjahr abzustellen34 oder den – jährlich neu, hier anhand der Spieleinsätze für 2018 – ermittelten Gebührenbetrag unmittelbar und ohne Rückgriff auf ein früheres Jahr um 10 % zu reduzieren. Angesichts des nicht eindeutigen Wortlauts hat das Verwaltungsgericht aber zu Recht auf die Gesetzesmaterialien zurückgegriffen, wonach es dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers entspricht, dass sich die Gebühr für jedes Folgejahr „um 10 v. H. der Gebühr für das erste Jahr ermäßigt“14. Diese Auslegung wird bestätigt durch die ab 1.07.2021 geltende Neufassung des § 9a Abs. 4 Satz 4 GlüStV, in der die Formulierung „für jedes Folgejahr“ durch die Wendung „für die Folgejahre“ ersetzt wurde. Hierdurch soll erneut klargestellt werden, dass es auch für das dritte oder vierte Jahr der Geltungsdauer einer Erlaubnis bei einer Ermäßigung um 10 % im Verhältnis der Gebührenhöhe „für das erste Geltungsjahr“ verbleibt35. Dieses Normverständnis, das dem Vorteilsausgleichszweck der Gebühr Rechnung trägt, ist auch für den Glücksspielstaatsvertrag in der hier maßgeblichen Fassung zugrunde zu legen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. April 2021 – 9 C 1.20

  1. RP GVBl.2012, 166[]
  2. vgl. BVerwG, Urteil vom 05.04.2017 – 8 C 16.16 – ZfWG 2017, 394 Rn. 14[]
  3. vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 25.09.2015 – Vf. 9-VII-13 u.a. – VerfGHE BY 68, 198 Rn. 145[]
  4. RP GVBl.1974, 578[]
  5. RP GVBl.2017, 106[]
  6. vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.01.2017 – 2 BvL 2/14 u.a., BVerfGE 144, 369 Rn. 62 m.w.N.[]
  7. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979 – 2 BvL 5/76, BVerfGE 50, 217 <225 f.>[]
  8. vgl. BVerfG, Urteil vom 19.03.2003 – 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 <19> BVerwG, Urteil vom 29.03.2019 – 9 C 4.18, BVerwGE 165, 138 Rn. 21 f.; jeweils m.w.N.[]
  9. vgl. RP LT-Drs. 16/1179 S. 69[][]
  10. vgl. nur Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl.2013, § 12 Rn. 3 m.w.N.[]
  11. stRspr; vgl. nur BVerfG, Urteil vom 19.03.2003 – 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 <13>[]
  12. BVerfG, Urteil vom 19.03.2003 – 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 <13> Beschluss vom 06.11.2012 – 2 BvL 51/06 u.a., BVerfGE 132, 334 Rn. 50[]
  13. vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14.10.2008 – 1 BvR 928/08 26, insoweit nicht in BVerfGK 14, 328[]
  14. RP LT-Drs. 16/1179 S. 70[][][]
  15. RP LT-Drs. 16/1179 S. 69 und 70[]
  16. vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 – 2 BvR 413/88, BVerfGE 93, 319 <343 f.> Urteil vom 19.03.2003 – 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 <18> vgl. auch Wild, Die Verwaltung 2006, 493 <512> Perlitius, Die vorteilsabschöpfende Verwaltungsgebühr, Schriften zum ÖR, Bd. 1170, 2010, S. 33[]
  17. vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 – 8 C 5.10, BVerwGE 140, 1 Rn. 26[]
  18. BVerfG, Urteil vom 19.03.2003 – 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 <17 ff.> Kammerbeschluss vom 09.12.2008 – 2 BvR 1958/05 11[]
  19. BVerfG, Urteil vom 19.03.2003 – 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 <17 ff.>[]
  20. BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979 – 2 BvL 5/76, BVerfGE 50, 217 <227> BVerwG, Urteil vom 13.10.2020 – 10 C 23.19, NVwZ 2021, 497 Rn. 18[]
  21. BVerwG, Urteil vom 30.04.2003 – 6 C 4.02, BVerwGE 118, 123 <127> m.w.N.[]
  22. BVerfG, Kammerbeschluss vom 06.07.2004 – 2 BvR 206/04 – NJW 2004, 3321[]
  23. BVerwG, Beschluss vom 20.02.1996 – 8 B 16.96 7[]
  24. BVerfG, Kammerbeschluss vom 30.05.2018 – 1 BvR 45/15, NVwZ 2019, 57[]
  25. vgl. RP LT-Drs. 16/1179 S. 1, 40[]
  26. stRspr; vgl. nur – jeweils zum Steuerrecht – BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 – 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 <19> BVerwG, Urteil vom 29.06.2017 – 9 C 7.16, BVerwGE 159, 216 Rn. 50[]
  27. RP LT-Drs. 16/1179 S. 1[]
  28. vgl. auch Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl.2013, § 12 Rn. 7[]
  29. RP GVBl.2020, 767[]
  30. BVerfG, Urteil vom 19.03.2003 – 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 <20> Beschluss vom 17.01.2017 – 2 BvL 2/14 u.a., BVerfGE 144, 369 Rn. 65[]
  31. vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.2017 – 9 C 7.16, BVerwGE 159, 216 Rn. 29 m.w.N.[]
  32. RP LT-Drs. 16/1179 S. 66[]
  33. vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2019 – 8 C 14.18, BVerwGE 167, 60 Rn. 21 ff.[]
  34. vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2016 – 3 K 5661/14 194[]
  35. RP LT-Drs. 17/13498 S. 137[]