Mit 20 Cent in den Ruin – Neue Spielverordnung wird Zahl der abhängigen Spieler verdoppeln

Medium: Pressemitteilung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS)

180.000 Deutsche sind spielsüchtig. Spielsüchtig heißt: sie verspie-len ihr Eigentum, sie verschulden sich, sie verpfänden ihr Gehalt, sie haben ernsthafte juristische Probleme. „Wer so viel spielt wie Glücksspielsüchtige“, denkt mancher, „der muss doch auch einmal gewinnen.“ Stimmt! Und der Gewinn wird sofort wieder verspielt.
Der Gesetzgeber versucht bislang, gerade auch junge Menschen vor dieser existenzvernichtenden Spirale zu schützen. Doch eine geplan-te Änderung der Spielverordnung würde nach Auffassung der DHS das Problem extrem verschärfen.

80 Prozent aller Glücksspielsüchtigen, die sich in therapeutischer Behand-lung befinden, verlieren ihr Geld nicht etwa im Casino oder im Internet, sondern an den klassischen Geldspielautomaten in Gaststätten und Spiel-hallen. Sie geraten mit 20-Cent-Münzen in den Ruin.
Derzeit sind in Deutschland rund 200.000 dieser Geräte aufgestellt, die pro Jahr rund 2,35 Milliarden Euro an Spielverlusten einbehalten. Das Geld kommt regelmäßig von denen, die ohnehin nicht viel besitzen: Sozialhilfe-empfänger, Geringverdienende, Kinder und Jugendliche. In wenigen Minu-ten ist das Taschengeld verspielt, in wenigen Stunden die gesamten Mo-natseinkünfte.
Um noch Ärgerem vorzubeugen, bestehen gesetzliche Schranken. Sie be-rücksichtigen die Tatsache, dass die Probleme mit der Zahl aufgestellter Geräte und der Mindestspieldauer direkt zusammenhängen. Viele Geräte mit kurzer Spieldauer erhöhen die Zahl der abhängigen, ruinösen Spieler.

So sind derzeit je Gaststätte max. 2, je Spielhalle max. 10 Glücksspielge-räte erlaubt. Die Mindestspieldauer beträgt 12 Sekunden und der mögliche Verlust pro Gerät knapp 60 Euro/Stunde. Trotz dieser Begrenzungen sind die negativen Folgen bereits heute enorm. Doch immer wieder versucht die Spielgeräteindustrie, diese Beschränkungen aufzuweichen. Durch in-tensive Lobbytätigkeit ist sie ihrem Ziel nunmehr gefährlich nah.
Bereits im September soll der Bundesrat folgende Änderungen genehmi-gen: Erhöhung der aufstellbaren Glücksspielgeräte auf 3 bzw. 15, Verkür-zung der Spieldauer auf nur noch 3 Sekunden, Erhöhung des Verlustes auf mehr als 100 Euro/Stunde. Hinzu kommt das sog. „Player Tracking“. Damit wird künftig das Spielverhalten des einzelnen Spielers analysiert. Ziel ist, Verluste und Zwischengewinne so zu dosieren, dass der Spieler möglichst lange spielt – und möglichst viel verliert.
50 Prozent mehr Geräte, viermal kürzere Spieldauer und fast eine Ver-dopplung der Verluste – all das führt zwangsläufig zu mehr Glücksspiel-süchtigen mit nochmals dramatisch höheren Schulden. Dazu Ilona Füch-tenschnieder, Vorsitzende des Fachverbands Glücksspielsucht: „Schon heute haben wir 180.000 abhängige Glücksspieler. Diese Zahl wird sich durch die geplanten Änderungen leicht verdoppeln. Was da auf uns zu-kommt, ist mehr als erschreckend!“
Und Dr. Raphael Gaßmann, stellv. Geschäftsführer der Deutschen Haupt-stelle für Suchtfragen betont: „Die geplante Änderung der Spielverordnung ist überflüssig und gefährlich. Sie nutzt einigen wenigen Firmen der Auto-matenindustrie, die sie in die Wege geleitet haben. Und sie bedroht leicht-fertig die Existenz hunderttausender Jugendlicher, Erwachsener und Fami-lien. Der Bundesrat muss sich zwischen diesen beiden Interessen ent-scheiden.“

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen empfiehlt: Papierkorb!

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Raphael Gaßmann
Referent für Grundsatzfragen
Stellv. Geschäftsführer der DHS e. V.
Tel.: 02381 / 9015-17
Fax: 02381 / 9015-30
Email: gassmann@dhs.de
http://www.dhs.de

Ilona Füchtenschnieder
Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Tel.: 05221 / 599850
Fax: 05221 / 599875
Email: spielsucht@t-online.de
http://www.gluecksspielsucht.de