Ein Suchtpräventionsprojekt für die Spielbank Hamburg

Die Geschäftsleitung der Spielbank Hamburg beauftragte das Büro für Suchtprävention vor zwei Jahren, ein neues Suchtpräventionskonzept zu entwickeln und seine Realisierung zu begleiten. Ziel war es, den Spielerschutz durch geeignete Präventionsmaßnahmen auszubauen und diese neuen in die schon bestehenden suchtvorbeugenden Aktivitäten und Strukturen zu integrieren.

Das Büro für Suchtprävention hat ein Konzept erstellt, das sich eng an suchtpräventiven Sozialkonzepten der schweizerischen Spielbanken orientiert. Dieses Konzept sieht in erster Linie vor, im Spielbetrieb Früherkennungsstrukturen einzurichten und die Beschäftigten für angemessene Interventionsmaßnahmen zu sensibilisieren. Davon ausgehend, dass Primärprävention bereits bei den „Erst- und Unterhaltungsspielern“ ansetzen muss, ist es notwendig und sinnvoll, möglichst viele Gäste gleich beim Betreten der Spielbank durch geeignete Informationen zu erreichen. Für diese Zielgruppe wurde ein Flyer mit dem Titel „Wenn das Spiel an Dir vorbeirauscht …“ produziert. Er informiert über die Risiken übermäßigen Spielens, klärt über Regeln für risikoarmes Spielverhalten auf und enthält darüber hinaus Adressen von Beratungsangeboten in Hamburg. Das Faltblatt so11 im Eingangsbereich und an anderen zentralen Stellen der Spielbank Hamburg ausliegen.

Sekundärprävention mit „Fingerspitzengefühl“

Um eine Suchtentwicklung zu verhindern, ist es jedoch entscheidend, in der Phase einzugreifen, wenn sich die ersten „Symptome“ eines problematischen Spielverhaltens – regelmäßige, hohe Einsätze, heimliches Spielen, beginnende Verschuldung, starke Absorption durch das Auftun neuer Geldquellen – abzeichnen. Hier setzt die so genannte Sekundärprävention mit Früherkennung und Intervention an. Für Interventionen während des Spielbetriebs bedarf es geschulter Schlüsselpersonen, z. B. Saalleitungen im Casino. Ihre Aufgabe ist es, sobald sie problematisches auffälliges Spielverhalten erkennen, angemessen und diskret einzugreifen. Beispielsweise, indem sie dem Gast nahe legen, mit dem Spielen aufzuhören und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Das ist eine heikle Angelegenheit, die viel „Fingerspitzengefühl“, Berufserfahrung und vor allem Unterstützung vonseiten der Unternehmensleitungen fordert.
Für diese Präventionsebene wurden neben den Grundseminaren für die Angestellten der Spielbank zusätzlich Aufbauseminare entwickelt und bereits im großen Umfang durchgeführt. Der Transfer der Seminarinhalte in den Arbeitsalltag – die Bereitschaft, sich künftig stärker um die problematischen Spieler/innen zu bemühen – hängt allerdings sehr stark von strukturellen Bedingungen ab. Noch befürchten die Mitarbeiter/innen mehrheitlich, dass zu viel Suchtvorbeugung mit Gewinneinbußen oder gar Arbeitsplatzverlust verknüpft sein könnte. Insofern ist es ein wichtiges Thema der Schulungsmaßnahmen, Einsicht und Klarheit darüber zu vermitteln, dass exzessives Spielverhalten dem Image des Unternehmens schadet und Letztendlich auch nicht den Arbeitsplatz „sichert“. Um über Glücksspiel als süchtiges Verhaltensmuster aufzuklären, ist eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit notwendig. Das Büro für Suchtprävention erstellt zu diesem Zweck eine Fachbroschüre für Betroffene und Angehörige, die sowohl ausführliche Informationen über Abhängigkeit und Suchtvorbeugung enthält als auch regionale Beratungs- und Behandlungsstellen aufführt.

Exzessives und abhängiges Spielverhalten kann durch kontinuierliche Fachinformationen und Schulungsmaßnahmen für die im Spielbetrieb Beschäftigten frühzeitig erkannt und angesprochen werden. Zusätzlich sind (Vor-Ort-)Informationen für gefährdete Spielerinnen und ihre Angehörigen vonnöten. Frühzeitige Intervention im Spielbetrieb ist zugleich ein wichtiger Aspekt des Spielerschutzes. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass dieser Ansatz lediglich eine Ebene der Suchtvorbeugung darstellt. Ebenso notwendig sind gesetzliche Maßnahmen zum Spielerschutz sowie eine enge Kooperation mit regionalen Beratungsstellen.

Angelika Nette, Büro für Suchtprävention