Sportwett-Markt birgt hohes Suchtpotential: Charité-Forscher fordern besseren Spieler- und Jugendschutz

Berlin, 28. März 2006. Anlässlich des aktuellen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Liberalisierung des staatlichen Sportwetten-Monopols warnt Dr. Sabine Grüsser-Sinopoli von der Charité vor den potentiellen Gefahren des Glückspiels.

Insbesondere um den Spieler- und Jugendschutz machen sich die Suchtexperten der Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe (ISFB) um Grüsser-Sinopoli Sorgen: „Aus klinischer und gesundheitspolitischer Sicht ist es dringend notwendig, bei Glücksspielanbietern und im Hilfesystem richtungsweisende und qualitätssichernde Standards zu formulieren“, erläutert die Medizinpsychologin.

Über 180.000 Deutsche sind von der Spielsucht betroffen. Wer Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, davor schützen will, muss rechtzeitig eingreifen. Das zeigen Forschungsergebnisse und praktisch-klinische Erfahrungen aus dem seit mehreren Jahren etablierten Präventions- und Interventionsprojekt „Pathologisches Glücksspiel“ der Charité. Dennoch: Spieler- und Jugendschutz sind in Deutschland bislang stark vernachlässigt worden. Das Hilfesystem für betroffene pathologische Glücksspieler steckt noch in den Kinderschuhen und es mangelt auch an wissenschaftlichen Studien zu diesem Störungsbild. „Bisher wird kaum etwas getan, um die Kunden von Sportwetten davor zu schützen pathologische Spieler zu werden“; mahnt Grüsser-Sinopoli an, „wir müssen unsere Kinder und Jugendlichen schützen, rechtzeitig über die Gefahren aufklären, aber auch eingreifen, wenn sich die Situation zuspitzt und der Spieler dabei ist, in die Sucht abzugleiten.“ Dafür sei es nötig, ein weiträumiges Expertennetzwerk aufzubauen, das diese Maßnahmen qualifiziert und mit viel Erfahrung umsetzen könne.

Einen ersten Schritt in diese Richtung gehen die Suchtfachleute der Charité gemeinsam mit der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) auf dem Symposium „Verhaltenssucht“, das in der kommenden Woche im Rahmen der 16. Wissenschaftlichen Tagung der Deutschen Gesellschaft für Sucht in Regensburg stattfinden wird. In Vorträgen und bei einer Expertendiskussion wird man dort das Suchtpotenzial von Sportwetten, Maßnahmen im Suchthilfesystem sowie die Gefahreneindämmung und den Spielerschutz näher beleuchten.

Dr.rer.nat. Sabine M. Grüsser-Sinopoli
Interdisziplinäre Suchtforschungsgruppe Berlin (ISFB)
Institut für Medizinische Psychologie
Zentrum für Human- und Gesundheitswissenschaften der Berliner Hochschulmedizin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
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