LG Hamburg: Mitstörerhaftung der Post für rechtswidrige Glücksspiel-Postwurfsendungen

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Das LG Hamburg (Urt. v. 17.03.2005 – Az.: 315 O 950/04) hatte zu beurteilen, ob die Deutsche Post AG für Postwurfsendungen als Mitstörer haftet, wenn in diesen für ein ausländisches, rechtswidriges Glücksspiel geworben wird.

Dies haben die Hamburger Richter bejaht:

„Die Beklagte ist passivlegitimiert gemäß (…) den Grundsätzen der Störerhaftung. Sie handelt dem § 3 UWG zuwider, indem sie am Wettbewerbsverhalten des Casino-Clubs, für den sie als Störerin haftet, durch das Verteilen der Postwurfsendungen unter Verletzung ihrer Prüfungspflicht mitwirkt. (…)

Die Beklagte hat eine ihr zumutbare Prüfungspflicht verletzt. Eine Prüfung von Postwurfsendungen, die sie zur Verteilung annimmt, ist ihr zumindest insoweit zumutbar, dass deren Inhalt gegen Strafgesetzte verstößt und sich für die Möglichkeit eines Verstoßes (…) bereits bei flüchtiger Betrachtung der Außenseite der Sendung erhebliche Anhaltspunkte ergeben.

Dies gilt gerade auch unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung der Beklagten. Diese nimmt vor allem Transportfunktion bei der Verbreitung fremder (…) Äußerungen wahr (…). Wollte man die Beklagte völlig von einer Prüfungspflicht befreien, wäre ein weites Tor für wettbewerbswidriges und strafrechtsrelevantes Verhalten Dritter geöffnet.“

Und weiter:

„Der Beklagten ist die Überprüfung vor ihrer Verteilung auch tatsächlich möglich. Denn bei der Einlieferung der Postwurfsendung wird ihr von ihrem Kunden ein Muster vorgelegt (…). Die Beklagte kann ihre gegenteilige Auffassung deshalb nicht auf die Rechtsprechung des BGH (GRUR 2001, 1038 (…) – ambiente.de) zur Unzumutbarkeit einer Prüfungspflicht der DENIC e.G. (…) stützen.

Denn die Situation der Verteilung von Postwurfsendungen durch die Beklagte unterscheidet sich bereits dadurch wesentlich (…), dass die Registrierung von Internetdomains über eine elektronische Schnittstelle von Internetdomains nicht von Mitarbeitern der DENIC vorgenommen wird, sondern die von dem Provider übermittelten Registrierungsdaten bei der DENIC vollautomatisch verarbeitet werden, so dass bei der DENIC eine unmittelbare tatsächliche Kenntnisnahme (…) nicht erfolgen kann. Die Beklagte kann hingegen über ihre Mitarbeiter tatsächlich von den Sendungen Kenntnis nehmen (…).“

Auch das Briefgeheimnis hindere die Post nicht an dieser Pflicht.

„Die Beklagte ist auch rechtlich nicht gehindert, von dem Inhalt des Faltblatts Kenntnis zu nehmen (…). Denn der Inhalt dieser Sendungen unterliegt nicht dem Postgeheimnis.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass unadressierte Faltblätter und Werbebroschüren nicht vom Begriff der Postsendung (…) erfasst sind. (…) Es entspricht auch nicht dem Sinn und Zweck der Gewährleistung des Postgeheimnisses, derartige Faltblätter zu schützen (…).“