EU-Kommission: Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland?

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Arendts Rechtsanwälte
Perlacher Str. 68
D - 82031 Grünwald (bei München)
Nach einer heutigen Meldung des „Handelsblatts“ will die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten. Nach Ansicht der Kommission verstößt das in Deutschland geltende staatliche Monopol für Sportwetten insbesondere gegen die durch den EG-Vertrag garantierte Dienstleistungsfreiheit.

Dieses Vertragsverletzungsverfahren ist in Art. 226 des EG-Vertrages geregelt und läuft in mehreren Schritten ab. Erster Schritt ist nach einer informellen Sachverhaltsaufklärung die förmliche Benachrichtigung des betreffenden Mitgliedstaates durch die Kommission, durch die das Verfahren formell eingeleitet wird. Angeregt worden waren die Ermittlungen in diesem Fall durch eine im letzten Jahr gegründete europäische Vereinigung von Buchmachern, der EBA – European Betting Association (eu-ba.org).

Ob Deutschland einen Brief aus Brüssel erhält oder die förmliche Verfahrenseinleitung (aus politischen Gründen) noch einmal zurückgestellt wird, wird sich am Mittwoch klären. Die Kommission entscheidet an diesem Tag als Kollegialorgan über den Vorschlag des zuständigen EU-Binnenmarktkommissars Charlie McCreevy. Dieser sieht in der Abschottung des deutschen Marktes für Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten eine Vertragsverletzung. Ähnliche Vertragsverletzungsverfahren sind bereits gegen Dänemark und Griechenland eingeleitet worden.

Zu dem Mahnschreiben der Kommission kann Deutschland dann Stellung nehmen. Überzeugen die deutschen Argumente die Kommission nicht, kann diese eine „mit Gründen versehene Stellungnahme“ abgegeben. Kommt der Mitgliedstaat dieser Stellungnahme nicht fristgerecht nach, kann die Kommission den Gerichtshof anrufen, d.h. im vorliegenden Fall Deutschland verklagen.

Angesichts der geschilderten Mehrstufigkeit und der dadurch bedingten langen Verfahrensdauer (Vorverfahren: 12 – 18 Monate; Klageverfahren: ca. 25 Monate) dürften die aufgeworfenen Rechtsfragen bereits vorher im Rahmen eines Vorlageverfahrens geklärt worden sein.