Umsatzsteuer für Spielbanken – Rechtsgutachtliche Beurteilung zum vorliegenden Gesetzentwurf

Rechtsanwalt Dr. Jörg Hofmann

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A. Problemstellung

Nach bisher geltender Rechtslage sind die Umsätze der zugelassenen öf-fentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind, von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 9 b Satz 1 UStG). Artikel 13 Teil B Buchstabe f der 6. EG-Richtlinie regelt eine Befreiung von der Umsatzsteu-er für „Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedsstaat fest-gelegt werden“.
Die Befreiung von der Umsatzsteuer wird bislang in der Bundesrepublik Deutschlandfür die staatlich konzessionierten Spielbanken angewendet, während die gewerblichen Spielhallenbetreiber Umsatzsteuer zahlen. Gegen diese Ungleichbehandlung richtete sich ein Finanzgerichtsverfahren, das vom Bundesfinanzhof wegen möglicher Kollision mit dem Europarecht dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt wurde. Der EuGH hat am 17.02.2005 in dieser Sache (Linneweber/Akritidis) entschie-den: Das EU-Recht steht nationalem Recht entgegen, wonach die Veran-staltung oder der Betrieb von Glücksspielen und Glückspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei ist, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirt-schaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, nicht gilt.
Die Luxemburger Richter sahen in der Ungleichbehandlung einen Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität. Dieser verbietet insbe-sondere, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Die Identität des Veranstalters – mithin die Frage, ob jemand mit oder ohne staatliche Konzession Glücksspiel anbietet – könne eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Im Anschluss an das Urteil hat die Europäische Kommission die deutschen Behörden aufgefordert, innerhalb von drei Monaten die deutschen Umsatzsteuervorschriften mit dem genannten Urteil des EuGH in Einklang zu bringen. Geschieht dies nicht, droht ein sanktionsbewehrtes Beugeverfahren, wonach der EuGH im Falle fortdauernder Vertragsverletzung eines Mitgliedstaates ein Zwangs-geld festsetzt. Der Bundesgesetzgeber hat reagiert und plant mit dem jüngsten Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Neuausrichtung der Um-satzbesteuerung für Glücksspiele mit Geldeinsatz“ die Streichung der in § 4 Nr. 9 b Satz 1 UStG enthaltenen Umsatzsteuerbefreiung für konzessionier-te Spielbanken.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen bereits mit Wirkung ab 4. Mai 2005 neben den Spielhallenbetreibern nun auch die staatlich konzessio-nierten Spielbanken umsatzsteuerpflichtig sein. Die Umsatzsteuerbefreiung im Glückspielbereich soll künftig nur noch für solche Umsätze gelten, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen.
Die folgende Untersuchung unterzieht den Gesetzentwurf einer umfassen-den rechtlichen Prüfung und beleuchtet zudem die wirtschaftlichen Konse-quenzen.

B. Darstellung der Rechtsgrundlagen

I. Rechtslage in der Bundesrepublik

Die Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken geht zurück auf § 6 der Ver-ordnung über öffentliche Spielbanken vom 27.07.1938 (RGBl I. 38,955). Die dortige Befreiungsnorm dieses vorkonstitutionellen Rechts wurde durch § 31 Abs. 7 UStG 1967 mit Wirkung vom 01.01.1968 außer Kraft gesetzt. Die Umgestaltung der Rechtsgrundlage diente der Vereinheitlichung um-satzsteuerlicher Vorschriften. Inhalt und Umfang der Steuerbefreiung haben sich durch die Umstellung nicht geändert. Nach wie vor sind alle Umsätze, die durch den Betrieb einer Spielbank bedingt sind, von der Umsatzsteuer befreit, weil diese insoweit durch die von den Spielbanken zu entrichtende Spielbankenabgabe abgegolten wird.
Das Umsatzsteuerrecht fällt in den Kompetenzbereich des Bundesgesetz-gebers. Dieser kann mithin die Vorschriften ändern. Die Spielbankgesetze der Länder, denen das Spielbankrecht wegen seiner Zuordnung zum Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Wege der konkurrierenden Ge-setzgebung zugewiesen ist, enthalten die Vorschriften zur Leistung von Spielbankabgaben. Sie verweisen in diesem Zusammenhang teilweise nur auf die bundesgesetzliche Befreiung von der Umsatzsteuer und befreien regelmäßig daneben in eigener Kompetenz den Spielbankunternehmer von den der Landesgesetzgebung unterfallenden Steuern, welche in unmittel-barem Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, sowie teilweise explizit auch von den örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern, die von den Gemeinden erhoben werden können.
Das geltende System sieht demnach vor, dass der Spielbankunternehmer mit Entrichtung der Spielbankabgabe von der Verpflichtung zur Zahlung von Umsatzsteuer befreit ist. Die aktuelle Gesetzgebungsinitiative bricht mit diesem System. Sollte der vorliegende Gesetzentwurf zum 04.05.2005 in Kraft treten, müssten die Spielbankunternehmen neben der Leistung der Spielbankabgaben zunächst wohl zusätzlich die gesetzliche Umsatzsteuer auf die steuerpflichtigen Umsätze zahlen (vgl. dazu weiter gehend nachste-hend unter C.II.2).

II. Relevanz des EU-Rechts

Die Umsatzsteuer ist eine gemeinschaftsrechtlich harmonisierte Steuer, welche der Prüfung durch den EuGH unterliegt. Demzufolge hat der natio-nale Gesetzgeber europarechtliche Vorgaben zu beachten. Die Regelun-gen zur Umsatzsteuer müssen demnach richtlinienkonform ausgestaltet sein. Das Europarecht dominiert somit in diesem Bereich die nationale Bin-nengesetzgebung.

III. Rechtslage nach Europarecht

Zunächst ist festzustellen, dass sich die Definition des „Glücksspiels“ in rechtlicher Hinsicht europarechtlich anders herleitet als das Verständnis dieses Begriffs im deutschen Rechtssystem. Während in Deutschland die gewerblichen Spielhallenbetreiber nicht den Glücksspielanbietern im enge-rem Sinne zugerechnet werden, unterscheidet das Europarecht hier nicht. Das Tatbestandsmerkmal „Glücksspiel“ wird weit ausgelegt.
Die 6. EG-Richtlinie legt nun eindeutig als Obersatz fest: Grundsätzlich sind innerhalb der EU-Mitgliedstaaten Glücksspiele mit Geldeinsatz von der Umsatzsteuer zu befreien.
Hiervon sind Ausnahmen möglich, da Artikel 13 Teil B Buchstabe f der Richtlinie den Mitgliedstaaten das Recht zur Festlegung von Bedingungen und Beschränkungen einräumt. Die Rechtslage bestimmt sich für den vor-liegenden Fall somit maßgeblich nach der Auslegung dieser „Öffnungsklau-sel“. Nur bei weiter Auslegung wäre eine dem aktuellen Gesetzentwurf ent-sprechende extensive Beschränkung des Befreiungsgebotes denkbar, die den gesamten Glücksspielbereich mit Ausnahme der Lotterien und Renn-wettangebote von der Befreiung ausnimmt. Würde die Beschränkung hin-gegen eng auszulegen sein, wird man fordern müssen, dass das Glücks-spiel nur in besonders begründbarem Ausnahmefall bzw. nicht in weiten Bereichen der Umsatzsteuer unterworfen wird. In der amtlichen Begrün-dung des Gesetzentwurfs (S. 3 II. Besonderer Teil) gehen die Verfasser selbst – zutreffend – von der Erkenntnis aus, dass die Mitgliedstaaten nicht sämtliche „Wetten, Lotterien und sonstige Glückspiele mit Geldeinsatz“ besteuern dürfen. Nach dem Entwurf bleiben jetzt aber nur noch die dem Rennwett- und Lotteriegesetz unterliegenden Umsätze befreit, während alle sonstigen Glückspiele mit Geldeinsatz – mithin ein ganz maßgeblicher Be-reich des Glückspiels – der Umsatzsteuerpflicht unterworfen werden soll. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der EuGH diesen Zusammen-hang bei passender Gelegenheit als – dann möglicherweise nicht richtli-nienkonforme – Verkehrung der Ausnahme in die Regel beurteilen dürfte.
Der ursprüngliche Erstentwurf der 6. EG-Richtlinie sah eine unbeschränk-bare Befreiung für Glücksspiele und Lotterien von der Umsatzsteuer vor. In der Drucksache 493/73 des Bundesrates vom 19.07.73 heißt es in der Un-terrichtung durch die Bundesregierung dazu, dass sich die Steuerbefreiung aus praktischen Gründen rechtfertige. „Diese Tätigkeiten eignen sich näm-lich schlecht für die Anwendung der Mehrwertsteuer, und es wäre wirksa-mer, sie Sondersteuern zu unterwerfen.“ (BR-Drucksache 493/73, S. 43). Der federführende Ausschuss für Fragen der EG im Bundesrat votiert am 21.02.1974 zu dem Umsatzsteuerbefreiungstatbeständen der Richtlinie: „Die Bundesregierung wird gebeten, sich dafür einzusetzen, dass der Um-fang der deutschen Steuerbefreiungen nicht eingeschränkt wird“ (BR-Drucksache 493/1/73, S. 7). Die dann doch – wohl entgegen dem Willen der damaligen Bundsregierung – in die geltende Fassung der EG-Richtlinie aufgenommene Möglichkeit, Bedingungen und Beschränkungen mitglied-staatlich festzulegen, dürfte offensichtlich vorhandenen Besonderheiten in den Steuersystemen anderer Mitgliedstaaten Rechnung getragen haben.
Die Motive für die Umsatzsteuerbefreiung im Glücksspiel sind zahlreich und systematisch logisch. Zum einen wird berücksichtigt, dass die Abwälzung der Umsatzsteuer auf den Endverbraucher weitgehend nicht möglich und kaum praktikabel ist (vgl. dazu weiter gehend nachstehend unter D.II). Die Befreiung erging zum anderen maßgeblich auch zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung (vgl. dazu weiter gehend nachstehend unter C.I).
Auf EU-Ebene verbietet eine Doppelbesteuerung explizit das in Artikel 33 der 6. EU-Richtlinie enthaltene Kumulierungsverbot. Diese Vorschrift ver-mittelt den Mitgliedsstaaten unbeschadet der sonstigen Bestimmung dieser Richtlinie das Recht, Abgaben u.a. auf Spiele und Wetten beizubehalten oder einzuführen, „die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben“. Hieraus lässt sich zugleich ein Umgehungsverbot ableiten, namentlich das Gebot des Art. 13 zur grundsätzlichen Umsatzsteuerbefreiung durch Schaf-fung vergleichbarer Steuern zu unterlaufen. Die EU-Richtlinie verfolgt damit auch einen Selbstzweck. Sie will verhindern, dass das Umsatzsteuerauf-kommen, aus dem sich schließlich die Europäische Union maßgeblich di-rekt finanziert, nicht willkürlich vermindert wird.
Der EuGH hat sich in verschiedenen Verfahren mit der Frage befasst, wel-che Differenzierungskriterien die in Artikel 13 Teil B Buchstabe f der 6. EG-Richtlinie enthaltene Beschränkungsmöglichkeit rechtfertigen können. Hier-bei hat sich der EuGH stets konsequent für eine enge Auslegung ausge-sprochen. So wurde beispielsweise im Fall „Fischer“ (EuGHE 1995, I-3369) nicht einmal eine Differenzierung zwischen erlaubtem und unerlaubtem Glücksspiel für den Ansatz unterschiedlicher Besteuerung zugelassen.
Im Verfahren „Linneweber/Akriditis“ wurde die Identität des Glücksspielan-bieters, abgegrenzt nach konzessioniertem oder nicht konzessioniertem Anbieter, nicht als Rechtfertigungsgrund einer Ungleichbehandlung aner-kannt. Es bleibt also offenbar wenig Raum, eine Beschränkung durch den nationalen Gesetzgeber zuzulassen. Eine Ausnahme von einer Befreiung der Umsatzsteuerpflicht muss regelungssystematisch selbst Ausnahmecha-rakter haben. Das Gebot der EU-Richtlinie lautet nicht: Gleichbehandlung durch möglichst weitgehende Beseitigung des Befreiungstatbestandes. Vielmehr muss der Normalfall in der Gleichbehandlung durch möglichst weitgehende Aufrechterhaltung des Befreiungsgebotes gesehen werden. Die Reduzierung des Befreiungsgebots auf Rennwetten und Lotterien, mit-hin die Eliminierung des gesamten verbleibenden Glücksspielbereiches aus der Anwendung der Richtlinienvorgabe, könnte als ein willkürlicher, nicht mehr richtlinienkonformer Verstoß gewertet werden. Ein solches Gesetz dürfte bei nächster Gelegenheit dem EuGH zur Überprüfung vorgelegt wer-den.

IV. Unzulässigkeit einer wirtschaftlichen Mehrbelastung

Eine wirtschaftliche Mehrbelastung des Spielbankunternehmers ist nicht zulässig. Im Falle der Einführung einer Umsatzsteuerpflicht haben die Spielbanken einen verfassungsrechtlich anerkannten Anspruch auf Redu-zierung der Spielbankabgabe. Dies wurde durch das Bundesverfassungs-gericht (BVerfGE 102, 197) nachhaltig bestätigt. Das Maß an Abschöpfung der Bruttospielerträge für das Gemeinwohl findet danach seine Grenze in der Wahrung des nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit für den wirt-schaftlichen Bestand der Spielbankunternehmen notwendigen Anteils. Hin-tergrund ist das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, das die Notwendigkeit wirtschaftlicher Betriebsführung von Spielbankunternehmen zur Vermeidung von Manipulationsanreizen und sonstiger sicherheitsrecht-lich unerwünschter Belastungen verlangt.
Der Anspruch auf Abgabenreduzierung folgt in einigen Spielbankgesetzen auch unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut selbst. Zumeist im Zusam-menhang mit der Gestaltung von Zusatzabgaben findet sich ein Anspruch des Spielbankunternehmers auf „angemessenen Gewinn“ oder auf einen nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit zu belassenden Anteil am Bruttospielertrag. Wenngleich diese Anspruchsgrundlagen ihrem Wortlaut nach auf den ersten Blick nur im Zusammenhang mit den Zusatzabgaben positioniert sind, wird man bei verfassungskonformer Auslegung nicht da-von ausgehen dürfen, dass der Anspruch auf angemessenen Gewinn nur oberhalb der Leistung der originären Spielbankabgabe vermittelt werden soll. Im übrigen gelten in der Regel die Billigkeitsvorschriften der Abgaben-ordnung ergänzend, welche teilweise in den jeweiligen Spielbankengeset-zen in Ermäßigungsnormen konkretisiert wurden oder mittels pauschalen Anwendbarkeitsverweis auf die Abgabenordnung in den Spielbankgesetzen ihren Niederschlag gefunden haben. Das vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte und mit dem Anspruch auf angemessenen Gewinn des Spiel-bankunternehmens untrennbar zusammenhängende Gebot wirtschaftlicher Betriebsführung bezieht sich letztlich uneingeschränkt auf den Gesamtbe-trieb. Im Ergebnis dürfte also – unbeschadet der zu vermeidenden Doppel-besteuerung – durch zusätzliche Umsatzsteuerbelastung die Gesamtabga-benbelastung des Spielbankunternehmers nicht erhöht werden, wenn die Wirtschaftlichkeit seiner Betriebsführung – wovon im Regelfall derzeit aus-zugehen ist – hiervon tangiert wird.

C. Steuerliche Beurteilung

I. Verhältnis zwischen Spielbankabgabe und Umsatzsteuer

Nach dem Referentenentwurf des Gesetzes zur Neuausrichtung der Um-satzbesteuerung für Glücksspiele mit Geldeinsatz (Stand: 05.04.2005) sol-len die bislang umsatzsteuerfreien Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbanken bedingt sind, künftig umsatzsteuerpflichtig sein. Der Referentenentwurf geht offenbar davon aus, dass die öffentlichen Spielbanken bislang tatsächlich keine Umsatzsteuer entrichten. Diese Annahme ist aus folgenden Gründen – zumindest wirt-schaftlich – unzutreffend:
Die heutigen Spielbankgesetze der Länder sehen weitgehend eine Spiel-bankabgabe in Höhe von 80% der Bruttospielerträge zzgl. einer etwaigen weiteren Abgabe/Zusatzabgabe vor. Der Abgabensatz von 80% geht zu-rück auf das amtlich nicht veröffentlichte Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den alten Bundesländern vom 30.11.1954. Die Höhe der Spielbankabgabe sollte weitgehend der Summe der allgemeinen gesetzli-chen Steuern entsprechen, von deren Erhebung die Spielbanken in An-wendung von § 6 Abs. 1 der Spielbankenverordnung vom 27.07.1938 be-freit waren. In der genannten Vorschrift war u.a. die „Befreiung“ von der Umsatzsteuer ausdrücklich verankert, weshalb bereits aus diesem Grund davon ausgegangen werden kann, dass die Umsatzsteuer bei Bemessung der Höhe der Spielbankabgabe berücksichtigt wurde. Dies wird weiter durch Untersuchungen in der Literatur (vgl. Dziadkowski, UVR 2002, 329 ff.) verdeutlicht, die belegen, dass im Jahr 1954 – dem Jahr der Festlegung der Höhe der Spielbankabgabe – eine Gesamtbelastung durch die laufen-den Steuern (Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Vermögensteuer, Umsatzsteuer) in der Größenordnung von 80% durchaus realistisch war. Die späteren landesrechtlichen Spielbankgesetze haben den Abgabensatz in Höhe von 80% dann weitgehend übernommen und unverändert beibehalten, auch wenn die Steuerbelastung außerhalb des Spielbankenbereichs zwischenzeitlich durch Tarifsenkungen reduziert wur-de.

Durch die derzeit noch geltende Vorschrift des § 4 Nr. 9 b UStG wird dem-nach keine tatsächliche Umsatzsteuerbefreiung bewirkt. Aufgrund der ge-gebenen Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Spielbankabgabe handelt es sich bei § 4 Nr. 9 b UStG vielmehr um eine Vorschrift zur Verhinderung einer Doppelbesteuerung. Zu diesem Ergebnis gelangte der Bundesfinanz-hof bereits im Gutachten vom 21.01.1954 (BStBl. 1954 III, 122), in dem er die Spielbankabgabe nicht nur als Steuer im Sinne der Abgabenordnung beurteilte, sondern darüber hinaus bezüglich der Umsatzsteuerbefreiung von Spielbanken feststellte, dass die Befreiung kein Privileg der Spielban-ken darstelle, sondern eine Doppelbesteuerung vermeiden wolle. Da sich der Charakter der Spielbankabgabe in der Zwischenzeit grundsätzlich nicht verändert hat, gilt diese Aussage auch für das aktuelle Recht.
Die Streichung der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 b UStG hätte demnach eine umsatzsteuerliche Doppelbelastung für öffentliche Spielban-ken zur Folge, die systematisch nicht vertretbar und deshalb abzulehnen ist. Der besondere Charakter der Spielbankabgabe, die als einheitliche Steuer die Ertrag-, Substanz- und Umsatzsteuer umfasst, verbietet die zu-sätzliche Erhebung der vorgenannten Steuerarten. Insoweit unterscheiden sich die Spielbanken grundlegend von z.B. den Aufstellern von gewerbli-chen Geldspielautomaten. Diese unterliegen als „normale“ Steuerpflichtige der allgemeinen Besteuerung (Gewerbesteuer, Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer, bisher auch Umsatzsteuer) sowie ggf. der örtlichen Vergnügungsteuer. Bei den Automatenaufstellern ist wegen Anwendung der allgemeinen Besteuerungsgrundsätze die Frage nach der Umsatzsteu-erpflicht ihrer Leistungen somit systembedingt gerechtfertigt. Bei den öffent-lichen Spielbanken würde eine neben die Spielbankabgabe tretende zu-sätzliche Umsatzsteuer dagegen – wie ausgeführt – zu einer nicht vertret-baren Doppelbelastung führen.

II. Umsatzsteuerliche Konsequenzen bei Umsetzung des Gesetzent-wurfs

Im Folgenden soll dargestellt werden, welche umsatzsteuerliche Konse-quenzen sich für die Spielbanken ergeben, wenn der vorliegende Referen-tenentwurf zur Umsatzsteuerpflicht der Glücksspiele tatsächlich Gesetz wird. Bevor auf die umsatzsteuerliche Konsequenzen aus einer Änderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b Satz 1 UStG im Einzelnen eingegangen wird, soll zunächst kurz die Problematik der zeitlichen Anwendungsregelung für die Änderung des Umsatzsteuergesetzes dargestellt werden.

1. Zeitliche Anwendungsregelung für die beabsichtigte Gesetzesände-rung

Nach Art. 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuausrichtung der Umsatz-besteuerung für Glücksspiele mit Geldeinsatz soll die beabsichtigte Um-satzsteuerpflicht für Umsätze für Spielbanken bereits am 04.05.2005 in Kraft treten. Da nach § 27 Abs. 1 UStG Änderungen des Umsatzsteuerge-setzes ab dem Inkrafttreten der maßgeblichen Änderungsvorschrift anzu-wenden sind und in dem Gesetzesentwurf keine gesonderte Anwendungs-regelung getroffen wird, müssten die Spielbankumsätze bereits mit Inkraft-treten des Gesetzes zur Neuausrichtung der Umsatzbesteuerung für Glücksspiele mit Geldeinsatz am 04.05.2005 als umsatzsteuerpflichtig be-handelt werden. Zu diesem Zeitpunkt kann das Gesetz jedoch noch gar nicht endgültig beschlossen sein. Das Datum des 04.05.2005 entspricht vielmehr dem Tag des voraussichtlichen Kabinettsbeschlusses.
Wie oben dargestellt, bestehen gegen den vorliegenden Gesetzentwurf erhebliche europarechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken. Darüber hinaus würde eine Umsetzung des vorliegenden Gesetzentwurfs klar zu Lasten der Finanzen der Länder gehen, da im Falle einer Umsetzung des Gesetzentwurfs zwingend die Spielbankabgabe reduziert werden müsste. Unterstellt, dass sich der Bundestag und der Bundesrat mit den Stellung-nahmen zu dem Gesetzentwurf ausführlich beschäftigen, kann nicht damit gerechnet werden, dass der Gesetzentwurf in dieser Form endgültig als Gesetz beschlossen wird. Da sich das Gesetzgebungsverfahren – gegebe-nenfalls einschließlich eines Vermittlungsverfahrens zwischen Bundestag und Bundesrat – vermutlich über einen längeren Zeitraum hinziehen wird, würde für den Zeitraum zwischen Kabinettsbeschluss und endgültigem Ge-setzesbeschluss eine erhebliche Unsicherheit bei den Spielbankbetreibern bestehen. Die Spielbankbetreiber wüssten im Zeitpunkt der Ausführung der Spielbankumsätze ab 04.05.2005 nicht, ob diese Umsätze – rückwirkend – der Umsatzsteuer unterliegen würden oder ob auf diese Umsätze noch die derzeitige Steuerbefreiungsvorschrift zur Anwendung kommt. Insbesondere für den Fall, dass im Falle einer Umsetzung des vorliegenden Gesetzent-wurfs nicht gleichzeitig die Spielbankabgabe in entsprechender Höhe ver-ringert wird, müsste den Spielbankbetreibern – entsprechend der Geset-zesbegründung – zumindest die Chance gegeben werden, „einer wirt-schaftlichen Belastung durch Weitergabe der Umsatzsteuer an den End-verbraucher entgegenzuwirken“. Dies gilt unabhängig davon, dass eine Weitergabe der Umsatzsteuer an den Endverbraucher in der Praxis kaum durchführbar sein dürfte (vgl. nachstehend unter D.II).

Für den Tag des Kabinettsbeschlusses als maßgebenden Zeitpunkt des Inkrafttretens und damit auch der zeitlichen Anwendung der gesetzlichen Neuregelung sind darüber hinaus keine Gründe erkennbar. Denn anders als bei Gesetzesänderungen im Ertragsteuerrecht, bei denen durch die Bestimmung des Tags des Kabinettsbeschlusses als maßgeblicher An-wendungszeitpunkt für eine gesetzliche Neuregelung Vermeidungsgestal-tungen der Unternehmer entgegengewirkt werden soll, sind solche Vermei-dungsgestaltungen im Umsatzsteuerrecht nicht denkbar. Dies hat der Ge-setzgeber in der Vergangenheit bereits selbst erkannt, als er beispielsweise den Anwendungszeitpunkt für die umsatzsteuerlichen Gesetzesänderungen im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 nicht wie ur-sprünglich vorgesehen rückwirkend zum 01.01.1999, sondern erst nach dem Gesetzesbeschluss vom 24.03.1999 ab 01.04.1999 bestimmt hat. Der Gesetzgeber hat damals zumindest bei der Umsatzsteuer darauf Rücksicht genommen, dass rückwirkende Änderungen außerordentliche Schwierig-keiten für die Praxis bedeuten, falls sie überhaupt verfassungsrechtlich zu-lässig sind. Es ist daher unverständlich, weshalb in dem vorliegenden Ge-setzentwurf der Tag des Kabinettsbeschlusses als maßgebender Zeitpunkt für das Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung gelten soll.
Die übereilte Gesetzesänderung ist auch insofern unverständlich, als die Referatsleiter des Bundes und der Länder auf ihrer Sitzung im März 2005 noch vereinbart haben, dass hinsichtlich der Frage, ob Umsätze aus dem Betrieb von Glücksspielen und Glückspielgeräten durch Wirtschaftsteil-nehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, (rückwirkend) umsatzsteuerfrei sind, zunächst die Entscheidung des BFH abzuwarten sei. Der BFH müsste sich dazu äußern, ob die Sachverhalte der in zugelassenen öffentlichen Spielbanken und der an anderen Orten aufgestellten Geldspielgeräte ver-gleichbar seien (FinBeh Hamburg, Erlass v. 22.03.2005, DStR 2005, 652). Die Referatsleiter des Bundes und der Länder halten es also offenbar für möglich, dass eine Differenzierung zwischen Umsätzen in zugelassenen öffentlichen Spielbanken und solchen an anderen Orten in Deutschland zulässig ist. In diesem Fall ist jedoch die vorgesehene Steuerpflicht für Um-sätze von Spielbanken nicht zu rechtfertigen. Ein bis zur BFH-Entscheidung verabschiedetes Gesetz müsste gegebenenfalls wieder aufgehoben wer-den. Allerdings darf damit gerechnet werden, das der BFH die von EuGH insoweit vorgenommene Bewertung nicht in Frage stellen wird.
Um die aus dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kabinettsbeschlusses resultierende Unsicherheit für die Spielbankbetreiber zu verringern, sollte daher für den Fall, dass die Regierung den vorliegenden Referentenentwurf tatsächlich im Kabinett verabschieden will, zumindest das Inkrafttreten be-reits in der vom Kabinett zu verabschiedenden Fassung dahingehend neu geregelt werden, dass das Gesetz erst in dem nach dem endgültigen Ge-setzesbeschluss folgenden Monat zur Anwendung kommt.

2. Umsatzsteuerpflicht der Spielbankenumsätze

Für den Fall, dass der Gesetzentwurf als Gesetz umgesetzt wird, sind die Umsätze nach dem Anwendungszeitpunkt der gesetzlichen Neuregelung umsatzsteuerpflichtig. Dies bedeutet, dass sich Spielbanken, die bislang noch keine steuerpflichtigen Umsätze ausgeführt haben, ab diesem Zeit-punkt umsatzsteuerlich registrieren lassen müssen und entsprechende Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben müssen. Die Spielbankbetreiber haben – wie jeder andere Unternehmer auch – bis zum 10. Tag des nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums folgenden Monats die Umsatzsteuer-Voranmeldungen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auf elektroni-schem Weg an das zuständige Finanzamt zu übermitteln. Voranmeldungs-zeitraum ist – in Abhängigkeit der Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr – entweder das Kalendervierteljahr oder der Kalendermonat.
Nach Ablauf eines Kalenderjahres haben die Spielbankbetreiber für das betreffende Kalenderjahr Umsatzsteuererklärungen nach amtlich vorge-schriebenem Vordruck abzugeben.
Die Spielbankbetreiber haben die in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen anzugebenden und anschließend an das zuständige Finanzamt abzufüh-renden Umsatzsteuerbeträge selbst zu ermitteln. Dabei stellt sich die Fra-ge, was bei Spielbankumsätzen die zutreffende Bemessungsgrundlage ist. Entsprechend dem EuGH-Urteil vom 05.05.1994 zu Umsätzen bei Geld-spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit kann Bemessungsgrundlage der Spielbankumsätze nur der Teil der Umsätze sein, über den der Betreiber selbst verfügen kann, d. h. der bei dem Betreiber endgültig verbleibt. Der gesetzlich zwingend festgelegte Teil der Gesamtheit der Spieleinsätze, der den an die Spieler ausgezahlten Gewinnen entspricht, gehört hiernach nicht zur Besteuerungsgrundlage. Der BFH hat diese Sichtweise auch für andere Umsätze mit Glücksspielen bestätigt. In seinem Urteil vom 20.01.1997 hat er für Umsätze aus der Veranstaltung von Backgammon-Turnieren ausgeführt, dass unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts nur die bei dem Veranstalter des Glücksspiels verbleibende Gegenleistung der Spieler als Entgelt anzusehen ist. Eine Beschränkung der vom EuGH für die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage aufgestellten Grundsätze auf Umsätze mittels Geldspielautomaten ist nicht gerechtfertigt. Dies gilt unab-hängig davon, dass bei derartigen Glücksspielen, wie Backgammon, die Gewinnquote für die Spieler nicht gesetzlich festgelegt und nicht durch ei-nen Mechanismus wie bei Geldspielautomaten gewährleistet ist. Dement-sprechend hat der BFH in einem weiteren Urteil vom 30.01.1997 entschie-den, dass umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei einem (illegalen) Roulettespiel nur der Anteil der Spieleinsätze ist, der nicht wieder an die Spieler ausgeschüttet wird. Dabei war wiederum ausreichend, dass dies nach den Spielregeln von vornherein feststand und kontrolliert wurde.

Es lässt sich somit festhalten, dass als Bemessungsgrundlage für die Um-satzsteuer nur der Teil der Einsätze in Betracht kommt, über den die Spiel-banken effektiv selbst verfügen können. Die Bemessungsgrundlage ent-spricht somit dem Bruttospielergebnis.
Die Umsatzsteuer ermittelt sich durch Herausrechnung der Umsatzsteuer in Höhe von 16 aus dem Bruttospielergebnis. Somit sind 16/116 (= 13,8 ) des Bruttospielergebnisses als Umsatzsteuer an das Finanzamt anzumel-den und abzuführen.
Im übrigen gelten bei Umsatzsteuerpflicht der Spielbanken die gleichen umsatzsteuerlichen Formalitäten wie für andere Unternehmer, weshalb eine Rechnungsstellungspflicht nur gegenüber anderen Unternehmern be-steht.

3. Vorsteuerabzug

Aufgrund der Tatsache, dass die Spielbankbetreiber nach derzeitiger Rechtslage steuerfreie Umsätze erbringen, können sie aus Eingangsleis-tungen keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Spielbankbetreiber steuerpflichtige Umsätze erbringen, können die Spielbankbetreiber im Gegenzug den Vorsteuerabzug aus Eingangsleis-tungen geltend machen. Auch wenn der Vorsteuerabzug selbst erst für den Voranmeldungszeitraum geltend gemacht werden kann, in dem die Leis-tung bereits erbracht ist und zusätzlich eine ordnungsgemäße Rechnung des Leistenden vorliegt, entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug des Spiel-bankbetreibers dem Grunde und der Höhe nach bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Somit kommt es entscheidend darauf an, ob der Spiel-bankbetreiber im Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Absicht hat, die Ein-gangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vor-steuerabzug nicht ausschließen. Sofern ein Spielbankbetreiber beispiels-weise vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung Leistungen bezieht, wie beispielsweise beim Erwerb neuer Spielautomaten, kann die Vorsteuer aus dem Leistungsbezug geltend gemacht werden, wenn der Spielbank-betreiber beabsichtigt, die bezogene Leistung (z. B. den neu erworbenen Spielautomaten) erst für die steuerpflichtigen Umsätze einzusetzen.
Für bereits in der Vergangenheit bezogene Eingangsleistungen konnte kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden. Handelt es sich bei solchen Ein-gangsleistungen um Wirtschaftsgüter, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, wie beispielsweise Spielautomaten, Ein-richtungsgegenstände, Gebäudeherstellungskosten, so kann unter gewis-sen Voraussetzungen der Vorsteuerabzug teilweise noch nachgeholt wer-den. Sofern bewegliche Wirtschaftsgüter innerhalb der letzen 5 Jahre vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung angeschafft oder hergestellt wurden, kann für den verbleibenden Zeitraum des 5-Jahreszeitraums nach Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts ein anteiliger Vorsteuer-abzug geltend gemacht werden. Wurde beispielsweise 2 Jahre vor Inkraft-treten der gesetzlichen Neuregelung ein Spielautomat angeschafft, kann in den folgenden 3 Jahren für jedes Jahr, in dem steuerpflichtige Umsätze erzielt werden, 1/5 des Umsatzsteuerbetrags auf den gelieferten Gegens-tand als Vorsteuer abgezogen werden.
Eine Berichtigungsmöglichkeit kommt für bis zum 31.12.2004 bezogene Eingangsleistungen nur dann in Betracht, wenn es sich bei den Eingangs-leistungen um Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder um nachträgli-che Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten handelt. Die Umsatz-steuer auf bis zum 31.12.2004 bezogene Erhaltungsarbeiten, wie bei-spielsweise die Instandsetzung oder Sanierung eines Gebäudes, kann hin-gegen nicht anteilig im Rahmen einer Vorsteuerberichtigung als Vorsteuer geltend gemacht werden. Für ab dem 01.01.2005 bezogene Eingangsleis-tungen ist eine zeitanteilige Vorsteuerberichtigung auch bei Erhaltungs-maßnahmen möglich.

4. Optionsmöglichkeit bei der Grundstücksvermietung an Spielbank-betreiber

Die künftige Umsatzsteuerpflicht für Spielbankumsätze im Falle der Umset-zung des vorliegenden Referentenentwurfs hat nicht nur Auswirkungen auf den jeweiligen Spielbankbetreiber, sondern u. U. auch auf Unternehmer, die Leistungen an die Spielbanken erbringen. Denn bestimmte Leistungen, wie insbesondere die Vermietung von Grundstücken, sind zwar grundsätz-lich umsatzsteuerfrei. Es besteht jedoch die Möglichkeit für den leistenden Unternehmer, zur Umsatzsteuer zu optieren.
Die Option zur Umsatzsteuer hat für den leistenden Unternehmer den Vor-teil, dass er die Vorsteuer auf Eingangsleistungen, wie die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für das Gebäue, geltend machen kann. Durch die Entlastung der Baukosten um die Vorsteuer besteht die Möglichkeit, das bebaute Grundstück zu einer günstigeren Miete zu überlassen.
Bisher ist für Vermieter von Grundstücken an Spielbankbetreiber eine Opti-on zur Umsatzsteuer nur bei sog. Altgebäuden, die vor dem 01.01.1998 fertig gestellt worden sind und bei denen mit der Errichtung des Gebäudes vor dem 11.11.1993 begonnen wurde, möglich. Eine Umsatzsteueroption bei diesen Altgebäuden war jedoch oftmals wirtschaftlich nicht sinnvoll, da in diesem Fall auch auf die Miete Umsatzsteuer berechnet werden musste, ohne dass dem Spielbankbetreiber ein Vorsteuerabzugsrecht zustand. Bei Neugebäuden, die nach dem 31.12.1997 fertig gestellt worden sind oder bei denen mit der Errichtung des Gebäudes nach dem 10.11.1993 begon-nen worden ist, war eine Umsatzsteueroption im Falle der Vermietung an Spielbankbetreiber ohnehin nicht möglich.
Sofern die Spielbankumsätze künftig umsatzsteuerpflichtig sind, könnte der Vermieter des bebauten Grundstücks – sowohl bei künftig abzuschließen-den als auch bei bereits in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Mietverträgen – zur Umsatzsteuer optieren und innerhalb des 10-jährigen Berichtigungszeitraums die Vorsteuer aus den Anschaffungs- bzw. Herstel-lungskosten (zeitanteilig) geltend machen. Die dadurch entstehende Entlas-tung bei dem Vermieter könnte über eine günstigere Miete teilweise an die Spielbankbetreiber weitergeben werden.
Die Option zur Umsatzsteuer ist für die Beteiligten in aller Regel – auch bei bereits bestehenden Mietverhältnissen – vorteilhaft. Bei Altobjekten kommt ggf. auch eine rückwirkende Option zur Umsatzsteuer in Betracht, wobei die Vorteilhaftigkeit einer rückwirkenden Option im Einzelfall zu prüfen ist.

D. Wirtschaftliche Folgen einer zusätzlichen Umsatzsteuerbelastung

Ein Wegfall der Umsatzsteuerbefreiung würde bei den öffentlichen Spiel-banken zunächst zu einer zusätzlichen Umsatzsteuerbelastung führen. Es stellt sich deshalb die grundlegende Frage, wer die Zusatzbelastung tragen soll bzw. kann. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs könnte einer wirtschaftlichen Belastung der Spielbanken „… durch Weitergabe der Um-satzsteuer an den Endverbraucher oder durch Senkung von auf den Spiel-banken lastenden Länderabgaben entgegengewirkt werden“. Diese Vor-schläge sowie eine zunächst nahe liegende zusätzliche Belastung der Spielbanken selbst sollen nachfolgend näher betrachtet werden.

I. Zusätzliche Belastung der Spielbanken

Unter Berücksichtigung der weiteren Abgaben bzw. Zusatzabgaben betra-gen die Spielbankabgaben in den einzelnen Bundesländern bis maximal 92% der Bruttospielerträge. Aus dem nach Abzug der Spielbankabgaben verbleibenden Teil der Bruttospielerträge müssen die Spielbanken sämtli-che laufenden Kosten sowie erforderliche Investitionen bestreiten. Wegen rückläufiger Troncs sind häufig auch erhebliche Zuschüsse zu den Perso-nalkosten zu leisten. Viele Spielbanken sind deshalb bereits heute nicht mehr in der Lage, die gesetzlich geregelten Abgabensätze in voller Höhe an das Land zu entrichten. Da einem Spielbankbetreiber nach den landes-rechtlichen Spielbankgesetzen bzw. nach den Vorgaben des Bundesver-fassungsgerichts (vgl. oben unter B.IV) in der Regel ein nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit ausreichender Unternehmergewinn verbleiben muss, haben die Länder in den einschlägigen Fällen die Abgabe im Erlasswege entsprechend reduziert.
Eine neben die – unverändert hohen – Spielbankabgaben tretende Um-satzsteuerbelastung, die – ebenso wie die Spielbankabgaben – an die Brut-tospielerträge anknüpfen würde, könnte von den Spielbanken nicht getra-gen werden, weil sich im Extremfall rein rechnerisch eine Gesamtbelastung von (maximal. 92% + 13,8% im Bruttospielertrag enthaltene Umsatzsteuer) über 100% der Bruttospielerträge (abzüglich Vorsteuerbeträge, die ange-sichts des zur Verfügung stehenden Budgets aber vergleichsweise gering sein dürften) ergäbe. In einem solchen Fall hätten die Abgaben eine „er-drosselnde“ Wirkung, die verfassungsrechtlich unzulässig wäre. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Gesamtbelastung aus (niedrigeren) Spiel-bankabgaben und etwaiger Umsatzsteuer weniger als 100% der Bruttospie-lerträge beträgt, dem Unternehmer aber kein angemessener Gewinn ver-bleibt.
Fraglich ist zudem, ob und wie sich im Falle einer zusätzlichen Umsatz-steuerpflicht die Spielbankabgabe und die Umsatzsteuer gegenseitig beein-flussen können. Aufgrund der Ausführungen zu C.II.2 dürfte davon ausge-gangen werden, dass die Umsatzsteuer vermutlich an die Bruttospielerträ-ge und nicht lediglich an die nach Abzug der Spielbankabgaben verblei-benden Erträge anknüpft. Umgekehrt könnte daran gedacht werden, dass sich die Spielbankabgaben nach den Bruttospielerträgen abzüglich Um-satzsteuer ermitteln. Die landesrechtlichen Spielbankgesetze bemessen die Spielbankabgabe jedoch durchgehend nach den Bruttospielerträgen. Dies lässt wiederum erkennen, dass die mögliche Umsatzsteuerpflicht der öf-fentlichen Spielbanken nicht auf die Spielbankgesetze der Länder abge-stimmt ist.
Dass eine zusätzliche Umsatzsteuerbelastung der Spielbanken selbst aus Sicht des Gesetzgebers nicht möglich erscheint, geht nicht zuletzt aus der Begründung des Regierungsentwurfs hervor, in dem eine Weitergabe der Umsatzsteuer an die Endverbraucher oder eine Senkung der Spielbankab-gaben ausdrücklich angesprochen wird.

II. Überwälzung der Umsatzsteuer an die Endverbraucher

Eine Überwälzung der Umsatzsteuer an die Endverbraucher würde bedeu-ten, dass diese wirtschaftlich mit der zusätzlichen Umsatzsteuer belastet werden. Eine Weiterbelastung der Umsatzsteuer an die Spielbankgäste erscheint jedoch allenfalls im Bereich des Automatenspiels überhaupt denkbar. Da die Umsätze der Automatenaufsteller in der Vergangenheit umsatzsteuerpflichtig waren, bestand hier offenbar die Möglichkeit, die an-fallende Umsatzsteuer über die Höhe des Entgelts oder der Auszahlungs-quote an den Verbraucher weiterzugeben.
Im Bereich des klassischen Spiels ist eine solche Vorgehensweise dage-gen nicht möglich, ohne grundlegend in die Spielregeln bzw. bestehenden Wahrscheinlichkeiten einzugreifen. Beim Roulette beispielsweise steht die Höhe der Auszahlung im Gewinnfall von vornherein fest und lässt keinen Raum für die Einbehaltung von Umsatzsteuer. Die Erhebung von Umsatz-steuer beim Jeton-Verkauf an der Kasse ist zwar rein theoretisch denkbar, würde aber bedeuten, dass der Käufer, der zunächst Geld in Jetons wech-selt, für Jetons im Wert von 100 einen Preis von 116 zu entrichten hätte, obwohl aufgrund des Wechsels von Jetons in Geld noch kein Leistungsaus-tausch stattfindet. Nach erfolgtem Spiel tauscht der Gast seine dann vor-handenen Jetons wieder in Geld zurück. Hier müsste die ursprünglich be-rechnete Umsatzsteuer wieder (teilweise) rückgängig gemacht bzw. – wenn der Spieler die Spielbank mit Gewinn verlässt – die Umsatzsteuer insge-samt negativ bemessen werden, damit im Ergebnis lediglich die Bruttospie-lerträge der Umsatzsteuer unterworfen werden. Ob dies in der Praxis über-haupt durchführbar ist, müsste noch näher überprüft werden. Völlig unprak-tikabel wird die umsatzsteuerliche Handhabung aber spätestens in den häufig anzutreffenden Fällen, in denen Jetons am Spieltisch erworben wer-den. Bereits dieses einzelne Beispiel zeigt, dass die allgemeinen umsatz-steuerlichen Vorschriften für öffentliche Spielbanken nicht anwendbar sind.

Aus wirtschaftlicher Sicht ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass eine Überwälzung der Umsatzsteuer an die Endverbraucher zu einer Verteue-rung der Spiele führen würde. Dies kann zu einem Rückgang der Spielum-sätze führen, der auch die Spielbankabgaben der Länder reduzieren würde. Insbesondere in grenznahen Spielbanken besteht sogar die Gefahr, dass die Gäste in ausländische Casinos abwandern, die ihnen oft günstigere Bedingungen bieten.

III. Reduzierung der Spielbankabgaben

Sofern der Wegfall der Umsatzsteuerbefreiung nicht vermieden werden kann, kommt es umsatzsteuerlich zu einer Doppelbelastung (vgl. C.I.). Die-se Doppelbelastung ist unzulässig und kann im Ergebnis nur durch ent-sprechende Reduzierung der Spielbankabgaben vermieden werden. Wäh-rend die Gesetzgebungskompetenz für die Umsatzsteuer beim Bund liegt, beruhen die Spielbankabgaben auf (unterschiedlichen) Ländergesetzen. Die Einführung der Umsatzsteuerpflicht ohne gleichzeitige Reduzierung der Spielbankabgaben hätte zur Folge, dass die eintretende Umsatzsteuerbe-lastung zwar sicher wäre, die gleichzeitig gebotene Reduzierung der Spiel-bankabgabe aber für jede einzelne Spielbank in einem aufwendigen Ver-fahren (Erlassantrag oder Gesetzesänderung) durchgesetzt werden müss-te, dessen Ausgang dann im Übrigen noch fraglich ist. Diese Vorgehens-weise ist für die Spielbanken unzumutbar, steht doch zumindest für einen Übergangszeitraum eine nicht tragbare Abgabenbelastung im Raum, die sich möglicherweise nicht in allen Fällen auf die bisherige Abgabenhöhe reduzieren lässt. Der Wegfall der Umsatzsteuerbefreiung für öffentliche Spielbanken kann daher überhaupt nur dann in Frage kommen, wenn in den landesrechtlichen Spielbankgesetzen gleichzeitig eine entsprechende Reduzierung der Spielbankabgaben (z.B. durch Anrechnung der Umsatz-steuerzahlungen auf die Spielbankabgabe) verbindlich geregelt wird.

E. Fazit und Lösungsansätze

1. Da die Spielbankabgabe bereits die Umsatzsteuer beinhaltet, würde eine neben die Spielbankabgabe tretende zusätzliche Umsatzsteuer zu einer nicht vertretbaren Doppelbelastung führen.

2. Eine neben die Spielbankabgabe tretende Umsatzsteuerbelastung könnte von den Spielbanken selbst nicht getragen werden. Eine Abwälzung der Umsatzsteuer auf den Endverbraucher kommt als Alternative nicht in Betracht, da sie das Problem der Doppelbesteu-erung nicht vermeidet. In der Praxis wäre dies ohnehin kaum um-setzbar. Allenfalls im Automatenspiel könnte vereinfacht – aber zum Nachteil des Geschäftsbetriebs – beispielsweise durch Herabset-zung der Auszahlungsquoten der Umsatzsteueranteil auf den Spie-ler übertragen werden. Beim Klassischen Spiel hingegen lassen sich die Quoten nicht verändern. Der Verkauf von Wertspielmarken unter Mehrwertsteuer-Aufschlag wäre nicht praktikabel.

3. Ein möglicher richtlinienkonformer Lösungsansatz wäre, dass so-wohl bei den gewerblichen Spielhallenbetreibern wie auch bei den staatlich konzessionierten Spielbanken künftig die Umsatzsteuer nicht erhoben und zusätzlich für die Spielhallenbetreiber eine mit Ar-tikel 33 der 6. EG-Richtlinie in Einklang stehende zusätzliche Steuer eingeführt würde, welche den Wegfall der Umsatzsteuer kompen-sieren könnte, ohne deren Charakter aufzuweisen.

4. Ein anderer richtlinienkonformer Lösungsansatz würde die Einfüh-rung der Umsatzsteuer beibehalten. Allerdings wären die Spiel-bankabgaben zwingend zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung um den Betrag der anfallenden Umsatzsteuer zu reduzieren.

5. Sollte der Gesetzentwurf zum 04.05.2005 oder auch zu einem spä-teren Zeitpunkt ohne Angleichung der landesgesetzlich geregelten Spielbankabgabe in Kraft treten, werden die Spielbanken gehalten sein, zumindest übergangsweise auf eine sofortige Ermäßigung der Spielbankabgabe hinzuwirken. Die Anspruchsgrundlage wurde o-ben unter B.IV bereits dargestellt.

erstellt von Dr. Jörg Hofmann, Dr. Ilona Renke (MELCHERS Rechtsanwälte, Heidelberg)
und Dr. Manfred Schneider, Christiane Schubert, Dr. Martin Eberhard, (FALK & Co. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und
Steuerberatungs-gesellschaft, Heidelberg)

Heidelberg, 18. April 2005