LG Darmstadt: Anbieten von Sportwetten nicht strafbar

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Das LG Darmstadt (Beschl. v. 11.03.2005 – Az.: 3 Qs 144/05) hat entschieden, dass das Anbieten von Sportwetten für einen in Österreich konzessionierten Wettveranstalter nicht strafbar ist.

Die Geschäftsräume der Beschuldigten, die in Rüsselsheim die Sportwetten-Vermittlung vornimmt, wurden im Dezember 2004 durchsucht und verschiedene Gegenstände beschlagnahmt.

Hiergegen legte der Verteidiger erfolgreich Beschwerde ein. Das LG Darmstadt erklärt die Durchsuchung für rechtswidrig.

„Soweit die Durchsuchung der noch nicht freigegebenen Gegenstände (…) nicht abgeschlossen ist, (…) ist die weitere Durchsuchung (…) wegen Verstoßes gegen Europarcht unzulässig. (…)

Im vorliegenden Fall kommt ein Tatverdacht für eine Strafbarkeit der Beschulden nach § 284 StGB jedenfalls seit dem Zeitpunkt nicht mehr in betracht, seit bekannt ist, dass sie die Sportwetten an den in Österreich konzessionierten Wettveranstalter P. vermittelt.

§ 284 StGB ist (…) nich mit Europarecht vereinbar und deshalb nicht anzuwenden. Ein strafbewehrtes Verbot (…) stellt (…) eine Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit dar (…). Eine solche Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des EuGH (…) nur zulässig, wenn sie auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt ist.“

Auf den konkreten Fall bezogen meint das Gericht dazu:

„Es mag vorliegend dahinstehen, ob die Ziele des § 284 StGB und des HessSpW/LottoG letztlich wirklich zwingenden Allgemeininteressen dienen sollen, etwa den in § 1 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland aufgeführten Zielen (…). Auch erscheint zwar zweifelhaft, ob die Strafvorschrift geeignet ist, das verfolgte Ziel zu erreichen, da sie nur in Bezug auf nicht konzessionierte Wettanbieter dazu führt, Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern. Wegen der unbeschränkt tätigen staatlichen Lottogesellschaften findet nämlich nicht (…) eine Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel statt, und die Vorschrift gewährleistet damit keine kohärente und systematische Begrenzung der Wetttätigkeiten.

Die Strafvorschrift des § 284 StGB ist zur Erreichung der zwingenden Allgemeininteressen nicht erforderlich. Sie geht (…) weit über das Schutz der Allgemeininteressen und der öffentlichen Sicherheit Erforderliche hinaus und ist unverhältnismäßig.“