Der Schiedsrichterskandal wirft langen Schatten auf ODDSET und den DFB

Rechtsanwalt Dr. Wulf Hambach

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Der im Zuge des Schiedsrichterskandals im deutschen Fußball um Robert Hoyzer beschuldigte Kroate Ante S. soll durch seine Wettgeschäfte von der staatlichen Sportwette ODDSET nicht weniger als 3,84 Millionen Euro erhalten haben. Das berichtet kürzlich die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf interne und der Berliner Staatsanwaltschaft vorliegende Listen der staatlichen Lotteriegesellschaften. Demnach soll Oddset 2004 trotz des Verdachtes von Manipulationen von Ante S. insgesamt 816 500 Euro angenommen haben. Oddset hatte zwar bereits 2001 bestimmte Sperren für hohe Wetteinsätze eingeführt, die Ante S., der seit Ende Januar in Moabit in Untersuchungshaft sitzt, aber offenbar umgehen konnte.

Die Manipulationsanfälligkeit der staatlichen Sportwette ODDSET sowie die durch den Schiedrichter-Skandal aufgedeckte Vertuschungstaktik der staatlichen Glücksspielanbieter bleiben nicht folgenlos.

In einer in dieser Art ungewöhnlich offenen Presseerklärung der Generalstaatsanwaltschaft (PM 15/2005) zum „Fall Hoyzer“ übt die Strafverfolgungsbehörde offene Kritik an den staatlichen Glücksspielanbietern:

„(…) Die Behauptungen in der Presseinformation der DKLB (Anm: staatlicher Glücksspielveranstalter des Stadtstaates Berlin) vom 8. Januar 2005, diese Kriminalbeamtin sei darauf hingewiesen worden, dass wegen der Verdachtslage gegen Ante S. die Kriminalpolizei bereits erstmals im August 2004 auf betrügerische Manipulationen und Unregelmäßigkeiten bei Fussballwetten hingewiesen wurde, ist falsch.

Richtig ist – wie Vermerke der DKLB vom 6. Oktober 2004 selbst belegen -, dass der Kriminalbeamtin stattdessen mitgeteilt wurde, die von ihr erforschten Schecks und Zahlungsflüsse gingen auf reguläre Gewinne des Ante S. zurück. Herr S. sei ein der DKLB „bekannter Großspieler, der mit hohen Einsätzen häufig spielt und in letzter Zeit, auch Mitte September 2004, große Gewinne erzielt habe“.

Nicht mitgeteilt wurde, dass der Verdacht des Betruges zum Nachteil der DKLB besteht und dass vermutet wird, im Zusammenwirken mit dem DFB-Schiedsrichter Hoyzer würden Spiele durch Ante S. manipuliert.

Die grob irreführende Auskunft vermittelte der Mitarbeiterin des LKA, dass die durch die Bank angezeigten ungewöhnlichen Geldflüsse nicht auf Straftaten sondern auf ordnungsgemäße Spielgewinne zurück zu führen seien.

Die unübliche und unverständliche Informationspolitik der DKLB hat mindestens vier Monate verhindert, dass die wahren Sachverhalte erkannt wurden.(…)“

Zudem ergaben Recherchen der ARD, dass die Kripo Oddset im August keineswegs informierte, dass es nicht genügend Verdachtsmomente zu weiteren Ermittlungen gebe. Genau das aber hatte die DKLB noch am 08. Februar 2005 behauptet.

Nachdem diese Tatsachen zur Verschleierungstaktik des Berliner staatlichen Glücksspielanbieters ans Licht gekommen sind, erscheinen die gebetsmühlenhaft getätigten Aussagen der Glücksspielmonopolisten, dass nur der Staat in der Lage sei, ein manipulationssicheres und verbrauchergerechtes Glücksspiel zu gewährleisten, lächerlich…

Mit diesen offensichtlichen Ungereimtheiten der staatlichen Glücksspielanbieter beschäftigte sich nun endlich auch der Bundestag. Am 9. März 2005 hieß der erste Tagesordnungspunkt der 49. Sitzung des Sportausschusses im Deutschen Bundestag: „Bericht zum Wettskandal“. Ein Mitglied des Ausschusses fand besonders deutliche Worte: „Ich verstehe nicht, warum der DFB und die Kriminalpolizei den Anfangsverdacht nicht ernst genommen haben. Die Hinweise konnte man nicht übersehen. Da hat man sich beim DFB versteckt. Eine schriftliche Anzeige von Oddset bei der Polizei wäre dringend nötig gewesen.“

Nach dpa-Berichten wies das Ausschussmitglied Peter Dankert (SPD) in der Bundestagsitzung sogar darauf hin, dass das System der Sportwetten in Deutschland schon bald vor einer Neuordnung stehen könnte. „Das Bundesverfassungsgericht entscheidet demnächst, ob private Anbieter sich fest auf dem deutschen Markt etablieren können“, sagte der Politiker. Dankert deutet sogar schon an, wie eine Privatisierung aussehen könnte: „Wenn wir Lizenzen mit dem Titel offizieller Sponsor des deutschen Sports ausgeben und pro Lizenznehmer 25 Millionen Euro in den Sport fließen, wäre gesichert, dass auch der Sport selbst etwas von diesem Milliardengeschäft abbekommt. Wir müssen uns im Interesse einer fairen Sportwette engagieren.“

Jüngst forderte der Europaparlamentarier Holger Krahmer (FDP): „Ich halte das Gambelli-Urteil des Europäischen Gerichthofes für richtig und gültig.“ Der Politiker führt weiter aus: „Deutschland kann nicht länger auf seinem staatlichen Glücksspiel-Monopol beharren. Statt dessen müssen sinnvolle nationale Mechanismen geschaffen werden, um Wettbetrug zu verhindern und die Spielsucht zu bekämpfen.“

Diesen Forderung, sich im Interesse eines fairen, offenen und regulierten Sportwettenmarktes zu engagieren, kann man sich mit Fug und Recht voll anschließen.