EU-Nachrichten: Was ist beim Glückspiel in der EU rechtlich geboten?

Rechtsanwalt Dr. Wulf Hambach

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EU-Nachrichten: Was ist beim Glückspiel in der EU rechtlich geboten?

Wulf Hambach: Gemeinschaftliche Vorgaben gibt es nicht, nur Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). In dem Vorabentscheidungsurteil des EuGH zum Fall „Gambelli“ 2003 wurde der Gesetzgeber nicht angesprochen. Vielmehr müssen nationale Gerichte nun das Urteil auslegen. Im Grunde genommen macht jedes Mitgliedsland das, was es will. (s. Kasten)

Was sagt der Europäische Gerichtshof?

Er sagt: Die Mitgliedstaaten sind berechtigt, Glücksspiele einzugrenzen oder sogar zu verbieten. Allerdings muss dies im Rahmen einer „kohärenten Politik“ erfolgen. Der Staat darf nicht einerseits den Glücksspielmarkt einschränken und abschotten, gleichzeitig aber das eigene Glücksspiel aggressiv und ungebremst umwerben. Die Folge wäre eine staatliche Marktexpansion, das ist aber unzulässig.

Wie ist die Rechtslage in Deutschland?

Glücksspiel ist Ländersache, daher entsprechend uneinheitlich und umstritten. Nach dem Staatsvertrag für das Lotteriewesen, der auch das Sportwesen umfassen soll, dürfen Glücksspiele nur zurückhaltend umworben werden. Der staatliche Anbieter ODDSET umwirbt seine Angebote jedoch aggressiv, genau das, was der EuGH nicht will. Das Bundesverfassungsgericht will dies untersuchen. Die Gerichte gehen in Deutschland mehrheitlich davon aus, dass unser Staat „aggressiv“ wirbt.

Macht das Internet nicht solche Verträge ohnehin zur Makulatur?

Wenn ein Betreiber aus dem Ausland im Internet in deutscher Sprache Wetten anbietet, erfüllt dies den Tatbestand eines unerlaubten Glücksspiels. Das kann bestraft werden.

Ist dies europapolitisch haltbar?

Ich sehe europapolitische Grundsätze verletzt. Da die EU den Mitgliedstaaten ein liberales Wettrecht ja nicht verbietet, kann auch der deutsche Staat im EU-Ausland zugelassene private Wetten nicht strafrechtlich verfolgen.

Wie stehen die Chancen für eine EU-Harmonisierung, die auch der EuGH einfordert?

Ich gehe davon aus, dass wir eine EU-Lösung bekommen werden, da das nationale Recht allzu uneinheitlich ist. Es wird auf EU-Ebene heiss diskutiert, wie man eine Harmonisierung bis 2008 umsetzen kann, die EU-Kommission hat dazu gerade eine Studie in Auftrag gegeben.

Wie wirkt sich der neue Wettskandal in Deutschland auf diese Bestrebungen aus?

Der Staat wirkt an Gesetzen mit, wo er ein Monopol besitzt. Da sind Interessenskollisionen vorprogrammiert. Im liberalen Österreich gibt es eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen Buchmachern und Gesetzgebern, um Gefahren vorzubeugen. In Großbritannien arbeitet man an einem neuen Glücksspielrecht – zwei Vorbilder für eine EU-weite Harmonisierung.