Bringt Gambelli II die Klärung? Bevorstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Placanica

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Arendts Rechtsanwälte
Perlacher Str. 68
D - 82031 Grünwald (bei München)
Ein italienisches Gericht, das Tribunale di Larino, hat die bereits in der Rechtssache Gambelli aufgeworfene Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt werden kann, mit Beschluss vom 8. Juli 2004 erneut dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Klärungsbedarf bestand, nachdem der Oberste Kassationsgerichtshof (Corte Suprema di Cassazione) im April 2004 in dem Fall „Bruno Corsi“ (Az. 23271/04) entgegen dem Gambelli-Urteil entschieden hatte (worauf das vorlegende Gericht verweist).

Wie im Fall Gambelli geht es um ein Strafverfahren gegen einen Sportwettenvermittler, in diesem Fall Herrn Massimiliano Placanica, der Wetten an einem in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassenen Buchmacher vermittelte. Diese binnengrenzüberschreitende Vermittlung erfüllt nach Ansicht der italienischen Behörden einen Straftatbestand nach dem Gesetz Nr. 401/89 (ähnlich wie in Deutschland der § 284 StGB). Das vorlegende italienische Gericht will die Vereinbarkeit dieser Strafvorschrift mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit geklärt haben.

Angesichts der sehr stark divergierenden Entscheidungen der nationalen Gerichte nach dem Gambelli-Urteil (neben Deutschland u. a. in Italien, Belgien, Österreich und Schweden) wird der EuGH nach unserer Einschätzung seine „Gambelli-Kriterien“ konkretisieren. Nicht gefallen haben dürfte dem EuGH vor allem, dass einige nationale Gerichte (darunter einige sehr ignorante deutsche, wie das Bayerische Oberste Landesgericht) die Rechtsprechung des EuGH für völlig unerheblich halten.

Keine Klärung wird das Placanica-Urteil allerdings hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Problematik bringen, da der EuGH insoweit an die Vorlagefrage gebunden ist (wobei er diese häufig korrigierend auslegt). Die Frage der Vereinbarkeit eines Wettmonopols und einer Abschottung der nationalen Glücksspielmärkte mit den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages wird allerdings in den Vertragsverletzungsverfahren und in der ggf. anstehenden Entscheidung des EFTA-Gerichthofs zum norwegischen Glücksspielautomatenmonopol behandelt werden. Die EU-Kommission hat kürzlich eine Studie zum Glücksspielmarkt in Auftrag gegeben. Mittelfristig wird es wohl eine europarechtliche Regelung hinsichtlich des binnengrenzüberschreitenden Glücksspielangebots geben (etwa im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie).