Berufsfreiheit des Sportwettenvermittlers: Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch in diesem Jahr

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Arendts Rechtsanwälte
Perlacher Str. 68
D - 82031 Grünwald (bei München)
Was bringt das Jahr 2005 für Buchmacher und Sportwettenvermittler? Vielleicht (noch) nicht den Durchbruch hin zu einer Liberalisierung des Wettmarktes, aber sicherlich eine Klärung zahlreicher wichtiger Fragen. Sowohl auf internationaler wie auch auf europäischer und deutscher Ebene stehen 2005 grundlegende Entscheidungen an, die erhebliche Auswirkungen auf den Sportwetten- und Glücksspielmarkt haben werden:

  • Auf WTO-Ebene geht die Auseinandersetzung Antigua gegen USA in die zweite und entscheidende Runde, nachdem die USA gegen den „panel report“ Anfang Januar Rechtsmittel eingelegt haben. Mit einer Entscheidung ist im April zu rechnen.
  • Auf EU-Ebene wird sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer „Gambelli II“-Entscheidung mit der Zulässigkeit der Bestrafung des binnengrenzüberschreitenden Angebots von Sportwetten auseinandersetzen (Rechtssache C-338/04 „Placanica“). Der EuGH dürfte in dieser Entscheidung angesichts der divergierenden nationalen Rechtsprechung die „Gambelli-Kriterien“ noch einmal konkretisieren. Auch die Vertragsverletzungsverfahren gegen Dänemark, Griechenland und ggf. zukünftig Deutschland dürften eine weitere Klärung bringen.
  • Auf EFTA-Ebene dürfte es nach der gegen Norwegen ergangenen „Reasoned Opinion“ der EFTA-Überwachungsbehörde zu einer Entscheidung des EFTA-Gerichtshofs kommen. Interessant dürfte dabei sein, ob die „Gambelli-Kriterien“ entsprechend der Auffassung der Überwachungsbehörde auf den gesamten Glücksspielmarkt anzuwenden sind (im norwegischen Fall auf Glücksspielautomaten).
  • Die für Deutschland wichtigste Entscheidung wird wohl das Bundesverfassungsgericht fällen. Dieses hat für das laufende Jahr eine „umfassende Klärung der Rechtslage“ hinsichtlich der Vermittlung von Sportwetten angekündigt. Diese Grundsatzentscheidung soll in dem bereits seit mehreren Jahren anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 1054/01 ergehen. Darüber hinaus wird das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Eilverfahren bezüglich Maßnahmen von Ordnungsbehörden entscheiden müssen.

Berufsfreiheit des Sportwettenvermittlers: Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch in diesem Jahr In den letzten Wochen gehen die Aufsichtsbehörden, unterstützt durch die Länderinnenminister, massiv gegen Sportwettenvermittler vor. Die Behörden begründeten dies vor allem damit, dass das Gambelli-Urteil angeblich nichts geändert habe und zumindest für Deutschland völlig ohne Bedeutung sei. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. August 2004, über die wir berichteten, hat dieses Argument indes ausgedient.

Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren, von dem zuständigen Berichterstatter, der Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Bryde unterzeichneten Schreiben eine Grundsatzentscheidung zur Frage der Zulässigkeit der Vermittlung von Sportwetten angekündigt. Im Jahr 2005 werde durch eine Entscheidung in dem bereits seit einigen Jahren anhängig Verfassungsbeschwerdeverfahren eine „umfassende Klärung der Rechtslage“ herbeigeführt.

Um die Bedeutung der anstehenden Entscheidung herauszustellen, wurden die Adressaten dieser Schreiben, gegen Sportwettenvermittler vorgehende Ordnungsbehörden, vom Bundesverfassungsgericht im Dezember 2004 ausdrücklich aufgefordert, „vorerst“ von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen.

In uns vorliegenden weiteren Schreiben vom Februar 2005 geht das Bundesverfassungsgericht noch einen Schritt weiter. Die Ordnungsbehörden werden ausdrücklich gebeten, von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, bis es über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entschieden habe.

Aus unserer Sicht ist mit grundlegenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsfreiheit (Art. 12 GG) des Sportwettenvermittlers (sowie der betroffenen Buchmacher) zu rechnen. Das Bundesverfassungsgericht wird sich dabei auch mit den „Gambelli-Kriterien“ zur Dienstleistungsfreiheit und deren Einschränkung auseinandersetzen müssen.

Das Jahr wird also spannend. Wir werden Sie umgehend über die Entscheidungen (und deren rechtliche und wirtschaftliche Auswirkungen) informieren.