BVerfG: Glücksspiel-Beschluss des OVG NRW verfassungswidrig

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Das OVG NRW (Beschl. v. 30.09.2004 – Az.: 4 B 1961/04) hatte entschieden, dass die sofortige Vollziehung der Untersagung der Sportwetten-Vermittlung an einen österreichischen Veranstalter mit dortiger Lizenz verboten ist.

Hiergegen legte der Betroffene erfolgreich Verfassungsbeschwerde ein. Das BVerfG (Besch. v. 15.12.2004 – Az.: 1 BvR 2495/04) erklärte nun diese Entscheidung für verfassungswidrig.

Dabei äußern sich die höchsten deutschen Richter jedoch nicht zur inhaltlichen Problematik zur Vermittlung von Sportwetten, sondern stellen ausschließlich auf formale Punkte ab.

„Das OVG hat (…) nicht überzeugend begründet, weshalb ihm eine Bewertung des Verhaltens der staatlichen Wettanbieter im Eilverfahren nicht möglich sein soll.

Trotz eines Ansatzes zur Bewertung anhand eines vermeintlichen Attraktivitätsgefälles zu Lasten der staatlichen Wettanbieter sieht sich das OVG nicht in der Lage, auf der Grundlage des umfangreichen Tatsachenvortrags, der (…) im Wesentlichen unbestritten ist, zu einer Prognose über die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Beschwerdeführers zu kommen.

Die hierfür angegebenen Gründe bieten für diese Versagung effektiven Rechtsschutzes keine verfassungsrechtlich ausreichende Erklärung. Bei dem Hinweis des OVG auf eine „unter Umständen“ notwendige „Hilfe von Sachverständigen“ bleibt zum einen offen, über welche Frage das Gericht durch die Einholung von Sachverständigengutachten Beweis erheben will, da es sich wohl fast durchweg um Rechtsfragen handeln dürfte. Zum anderen bleibt unklar, weshalb eine gegebenenfalls notwendige Beweisaufnahme in einem Eilverfahren, das bereits eine erhebliche Dauer in Anspruch nimmt, zu einer nicht mehr hinnehmbaren Verzögerung führen soll.

Sowohl der Beschwerdeführer als auch die Antragsgegnerin, die nach wie vor den Widerspruch nicht zu bearbeiten scheint, sind erkennbar vielmehr an einer fundierten Entscheidung interessiert.“

Und weiter:

„Nicht verständlich ist ferner der Hinweis des OVG, auch aus dem jüngsten Schriftsatz des Beschwerdeführers ergebe sich weiterer Aufklärungsbedarf.

Die Berücksichtigung der in diesem Schriftsatz genannten Entscheidung des EuGH verlangt vielmehr eine rechtliche Bewertung anhand der Gesetzesmaterialen. Die Interessenabwägung des OVG enthält nach wie vor nur einen geringen konkreten Bezug zum Geschäftsgebaren des Beschwerdeführers.“

Dies ist schon die 2. Entscheidung des BVerfG, die ein Glücksspiel-Beschluss des OVG NRW aufhebt. Erst vor kurzem hatte das BVerfG (Beschl. v. 26.08.2004 – Az.: 1 BvR 1446/04) eine nahezu identische Entscheidung getroffen.