Novellierung des niedersächsischen Spielbankengesetzes

„Wir schreiben ein neues Kapitel in der Spielbankgeschichte Niedersachsens“ so titelte die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag am 14. Dezember 2004, dem Tag, an dem der von den Regierungsfraktionen Anfang September eingebrachte Gesetzentwurf beschlossen wurde. Der Abstimmung vorausgegangen waren zum Teil hitzig geführte Debatten, in denen insbesondere von der Opposition die von der Landesregierung bereits im März 2003 angekündigte Privatisierungsabsicht deutlich kitisiert wurde.
Das neue Gesetz wurde am 23. Dezember 2004 verkündet, es tritt am 1. Januar 2005 in Kraft.

Den Wortlaut des neuen Spielbankengesetzes können Sie hier bei ISA-CASINOS nachlesen.

Was sind die Neuerungen, die dieses nach Aussage des parlamentarischen Geschäftsführers der CDU-Landtagsfraktion „bundesweit modernsten Spielbankengesetz“ ausmachen?

Wesentliche Voraussetzung für die in Aussicht genommene Privatisierung des bis dato landeseigenen Spielbankenbetreibers war zunächst der Wegfall der gesetzlichen Beschränkung, dass in Niedersachsen Spielbanken nur von Gesellschaften betrieben werden durften, deren Anteile unmittelbar oder mittelbar dem Land gehören. Diese Regelung war es, die 1989 gerade als Folge bedenklichen privat-wirtschaftlichen Unternehmensgebarens („Felsenstein-Affäre“ Ende 1987) in Niedersachsen eingeführt wurde. Gleichwohl war die staatliche Trägerschaft eines Spielbankenbetreibers – wie stets, wenn Mitbewerber ausgegrenzt werden – nicht unumstritten. In einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 (BVerfGE 102, 197 ff) zum baden-württembergischen Recht wurde die ausschließlich staatliche Trägerschaft ausdrücklich als mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit unvereinbar und damit als verfassungswidrig angesehen.
Die Öffnung des Rechts nun auch (wieder) für private Betreiber machte den Weg frei für den Verkauf der Gesellschaftsanteile an der Spielbankgesellschaft an die Casinos Austria International Holding GesmbH (ISA-CASINOS berichtete), dem der Landtag ebenfalls am 14. Dezember 2004 zustimmte und dem eine Ausschreibung im EU-Amtsblatt, der FAZ – und mehrwöchig auch auf den Seiten der ISA-CASINOS – vorausgegangen war.

Da die Einflussnahme auf ein staatliches Unternehmen anders ausgeübt werden kann als auf eine in privaten Händen gehaltene Gesellschaft, mussten entsprechende aufsichtsrechtliche Befugnisse (Eingriffs- und Kontrollrechte) präzisiert sowie Maßnahmen für den Fall getroffen werden, dass einmal nicht alles reibungslos und ordnungsgemäß läuft. So sieht das neue Spielbankengesetz eine Ahndung von Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu 100 000 Euro vor – eine Größenordnung, die im bundesweiten Vergleich im obersten Bereich angesiedelt ist. Dies mag einerseits den Erfahrungen aus 1987 (s. o.) geschuldet sein, betont möglicherweise aber auch besonders, wie sehr dem Gesetzgeber gerade angesichts der politischen Diskussion an einem ordnungsgemäßen Spielbetrieb und einem seriösen und zuverlässigen Betreiber gelegen ist.

Die neu in das Gesetz aufgenommenen Verfahrensbestimmungen und Auswahlkriterien für die Zulassung als Spielbankunternehmer finden sich auch in den meisten Spielbankgesetzen der anderen Länder, hervorzuheben ist allenfalls die recht lange Gültigkeit einer Spielbankzulassung, die dem Zulassungsinhaber andererseits aber auch die nötige Planungssicherheit bietet.

In jedem Fall interessant sind hingegen die in Bezug auf ein Internetspielangebot aufgenommenen Regelungen. Sie sollen im Weiteren näher beleuchtet werden:

Hier ist das Gesetz in der Tat auf dem neuesten Stand. So dürften vor allem die vom Hamburgischen Verfassungsgericht in seinem Urteil vom 21. August 2003 vorgebrachten Bedenken gegen das Internetspiel ausgeräumt sein. Das Gericht hatte Regelungen über die Durchführung des Online-Roulettes in der dortigen Spielordnung für verfassungswidrig erklärt und damit das erste deutsche Internet-Roulettespiel der Spielbank Hamburg nach kurzer Zeit zum Erliegen gebracht. Die Richter vertraten die Auffassung, dass das (bisherige) Spielbankengesetz allein auf die Veranstaltung von „Präsenzspielen“ ausgerichtet sei. Der Schutzcharakter des Gesetzes gebiete es jedoch, für die Einführung des Online-Spiels, bei dem der Schutz der Spieler nicht in gleicher Weise gewährleistet sei wie beim herkömmlichen Spiel, eine Entscheidung des Gesetzgebers zu fordern. Der niedersächsische Gesetzgeber hat sich überparteilich (wie im Übrigen auch schon im Jahre 2001, dieses Mal jedoch ohne die Fraktion der Grünen) entschieden und sich klar zum Internetspielangebot bekannt. In diesem Zusammenhang wurde zudem deutlich geregelt, dass „reine“ Internetspielbanken nicht erlaubnisfähig sind, sondern diese Spielangebote das herkömmliche Spielangebot der betreffenden Spielbank lediglich erweitern. Zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass – offenbar um gegen die seit geraumer Zeit vorzugsweise aus dem außereuropäischen Ausland auf den deutschen Markt hereinbrechenden Angebote ausländischer Anbieter wirtschaftlich bestehen zu können – diese Internetspielangebote niedriger besteuert werden. Das Gesetz sieht hier im Ergebnis eine Belastung der (Bruttospiel-) Erträge in Höhe von nur noch 45 % vor. Schon jetzt ist abzusehen, dass der niedersächsische Gesetzgeber mit diesem Abgabesatz Maßstäbe setzen wird, an denen andere Landesparlamente, die dem immer stärker werdenden Drängen ihrer Spielbankenbetreiber nach Zulassung des Internetspiels nachzugeben erwägen, nicht umhin kommen werden.

Aber nicht nur in Bezug auf die Abgaben auf das Internetspiel haben sich Änderungen ergeben.

Offenbar sind die von der Gewerkschaft ver.di immer wieder vorgetragenen Forderungen nach Absenkung der Abgaben zur Erhaltung des Großen Spiels, um dem ordnungspolitischen Auftrag der Spielbanken in Deutschland hinreichend gerecht werden zu können, nicht verhallt. So wird in Niedersachsen nicht nur auf den Tronc ab sofort keine Abgabe mehr erhoben. Auch die Abgaben aus dem Spielbetrieb (Spielbank- und Zusatzabgabe) wurden von rund 80 auf rund 70 des Bruttospielertrages gesenkt und eine auf das konkrete Betriebsergebnis abgestellte Abgabe (weitere Abgabe) eingeführt. Diese Abgabe wird auf den nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu ermittelnden Jahresüberschuss errechnet, so dass im Ergebnis die Bruttospielerträge der vom Zulassungsinhaber betriebenen Spielbanken nachhaltig unterhalb der bundesweit überwiegend geltenden 80--Grenze besteuert werden. Mit diesem Abgabenkonzept verabschiedet sich der Gesetzgeber von der jahrzehntelang praktizierten und bewährten Pauschalbesteuerung, was die künftige Erhebung der Abgaben naturgemäß nicht einfacher machen und in der Praxis noch so manche Frage aufwerfen wird. Sicherlich hätte es auch Alternativmodelle gegeben, die weniger grundlegend in das Besteuerungssystem eingegriffen und dennoch zu einer Entlastung der Spielbankenbetreiber hätten führen können. Vielleicht war es aber auch das Land Mecklenburg-Vorpommern, welches mit seinem im Juli 2004 verabschiedeten Gesetz insoweit eine Änderung der Sichtweise einläutete. Möglicherweise werden auch hinsichtlich der Besteuerung der Spielbanken weitere Bundesländer den in diesen beiden Gesetzen aufgezeigten Wegen folgen.

Nicht folgen sollten andere Bundesländer jedoch dem offensichtlich der haushaltswirtschaftlichen Notlage des Landes geschuldeten Verzicht auf eine Beteiligung der jeweiligen Spielbankstandortgemeinde am örtlichen Aufkommen an Spielbankabgabe. Sah der ursprünglich eingebrachte Gesetzentwurf noch eine völlige Streichung vor, musste frühzeitig aufgrund massiver Proteste in diesem kommunalpolitisch sensiblen Bereich zurückgerudert werden. Diese Proteste sind verständlich, sehen die Spielbankgesetze der anderen Bundesländer eine Beteiligung der Standortgemeinde in Höhe von 15 bis 25 des Spielbankabgabeaufkommens bzw. bis zu 15 des Bruttospielertrags vor. Mit diesen Mitteln konnten insbesondere gemeinnützige Aufgaben finanziert werden, deren Bandbreite von der besonderen Pflege von Kuranlagen bis zur Finanzierung von kommunalen Suchtberatungsstellen reicht. Herausgekommen ist schließlich ein Kompromiss, der den Kommunen nur noch „nach Maßgabe des jeweiligen Landeshaushalts“ eine Beteiligung am Abgabeaufkommen einräumt. Eine solche Lösung wollen einige Gemeindevertreter jedoch nicht mittragen, und sie haben bereits angekündigt, vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg klagen zu wollen. Es kann dahingestellt bleiben, ob den Spielbankgemeinden ein (finanz-)verfassungsrechtlicher Anspruch am Spielbankabgabeaufkommen überhaupt zustehen mag oder – wofür einiges spricht – eher nicht. In jedem Fall ist es für eine Spielbank unverhältnismäßig schwerer, wenn sie nicht oder nur halbherzig von der Standortgemeinde mitgetragen wird. Eine Spielbank sollte vielmehr im gesellschaftspolitischen Leben des Ortes als besonderes Highlight integriert sein. Eine Ausnahme könnte möglicherweise für großstädtische Spielbanken oder Spielbanken in reinen Touristenzentren gelten. In den eher kleinstädtisch geprägten Standorten Niedersachsens wären zum Ausgleich entsprechende Initiativen seitens des Spielbankenbetreibers (Sponsoring) sicherlich eine Möglichkeit, die Wogen wieder etwas zu glätten.

Ob es zu guter Letzt dem Anspruch an ein „modernes“ Gesetz gerecht wird, die Aufsicht über die Spielbanken in einem Ministerium, hier das Finanzressort, zu konzentrieren, soll an dieser Stelle nicht weiter interessieren. Für den spielenden Gast der künftig unter der Regie von Casinos Austria geführten niedersächsischen Spielbanken dürften die sich daraus ergebenden Problemstellungen auch nicht weiter von Belang sein.

Fazit: Ein sicherlich modernes Gesetz, welches die Handschrift eines politisch gewollten Verkaufs der bisher landeseigenen Spielbankengesellschaft an einen privaten Betreiber trägt und in einigen Punkten über Niedersachsen hinaus Maßstäbe setzen wird.