VG Münster: Links auf Glücksspiel-Seiten

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Das VG Münster (Beschl. v. 05.11.2004 – Az.: 1 L 1118/04) hatte über die Verlinkung auf illegale Glücksspiel-Seiten zu entscheiden.

Gemäß § 284 Abs.4 StGB ist auch die Werbung für in Deutschland nicht genehmigte Glücksspiele strafbar. Unter Werbung kann grundsätzlich auch das Setzen eines Werbebanners oder Links fallen, was jedoch sehr umstritten ist.

Mit der „Schöner Wetten“-Entscheidung hat der BGH (Urt. v. 01.04.2004 – Az.: I ZR 317/01) Anfang April diesen Jahres entschieden, dass ein Presseunternehmen, das im Rahmen seiner veröffentlichten Internet-Artikel einen Link auf eine ausländische Glücksspiel-Seite setzt, grundsätzlich nicht haftet. In den Entscheidungsgründen beruft sich der BGH ausdrücklich auf die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit. Insofern ist eher fernliegend, aus dieser Entscheidung eine allgemeine Verlinkungs-„Freiheit“ herleiten zu wollen, vgl. dazu RA Dr. Bahr: „Randbemerkungen zur Gambelli Entscheidung“.

Im vorliegenden Fall hatte die Antragsgegnerin hatte nach § 22 Abs.2 MDStV gegen den Antragsteller, der einen Internetauftritt betreibt, entsprechende ordnungsrechtliche Werbe-Untersagungsverfügungen ausgesprochen. Hiergegen wandte sich der Antragsteller und begehrte die Aussetzung dieser Verfügung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.

Diesem Begehren ist das VG Münster nicht gefolgt. Es stellt dabei zunächst klar, dass die Verwaltungsgerichte an die Entscheidungen in Zivil- und Strafsachen nicht gebunden sind und insofern in eigenem Ermessen über den jeweiligen Sachverhalt entscheiden.

Eine Mithaftung komme hier insbesondere deswegen in Betracht, weil der Antragsteller nicht nur einen bloßen Werbebanner oder einen bloßen Link gesetzt habe, sondern diese auch noch entsprecht übertitelt habe:

„Das von der Verfügung der Antragsgegnerin betroffene Werbebanner „Wissen – Wetten und Gewinnen“, das mit Hyperlinks zu der Website (…) unterlegt ist, ist eine eigene Information des Antragstellers (…). Die im Zusammenhang mit der Erstellung des Werbebanners getroffenen Maßnahmen des Antragstellers beschränken sich nicht auf die Durchleitung, das Caching oder das Hosting fremder Informationen (…). Das Werbebanner auf der Webseite des Antragstellers enthält über die Hyperlinkverbindungen hinaus eine eigene (Werbe-)Aussage, die dem Antragsteller zuzurechnen ist.

Die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs bleibt deshalb unberührt, nach der die Vorschriften des Staatsvertrags sich nicht auf die Haftung für das Setzen von Hyperlinks beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 01. April 2004 – Az.: I ZR 317/01) (…).“

Das Gericht setzt sich auch mit der Frage auseinander, unter welchen Umständen auf Internet-Fälle überhaupt deutsches Recht Anwendung findet. Nach der inzwischen gesicherten zivilgerichtlichen Rechtsprechung ist dies dann der Fall, wenn die betreffende Webseite sich bestimmungsgemäß (auch) an das deutsche Publikum wendet. Dies ist anhand unterschiedlicher Faktoren (Sprache, Inhalt, TLD usw.) zu ermitteln. Vgl. dazu zuletzt RA Dr. Bahr „Haftung für Glücksspiel-Links“.

Das VG Münster erörtert hier zwar diese Problematik, bejaht aber letzten Endes mit sehr allgemein gehaltenen Erörterungen die Anwendbarkeit deutschen Rechts:

„Zwar ist es aus Rechtsgründen fraglich, ob die Spiele (auch) in Nordrhein – Westfalen veranstaltet werden, wenn sie per Internet weltweit angeboten werden, ohne dass ein Server oder eine sonstige Einrichtung von dem Veranstalter bzw. den Veranstaltern in Nordrhein – Westfalen vorgehalten wird.

Der Bundesgerichtshof hat in einem anderen strafrechtlichen Zusammenhang im Hinblick auf § 9 StGB Bedenken geäußert, eine bis ins Inland wirkende Handlung darin zu sehen, dass ein Beschuldigter sich eines im Ausland stehenden Werkzeugs (…) zur „Beförderung“ der Dateien ins Inland bediente (…)

Dies führt jedoch ebenfalls nicht zur offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Anordnung der Antragsgegnerin. Es ist nämlich zweifelhaft, dass für den Bereich des Glückspiels der dargestellten Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs zu folgen ist. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW unterfällt das Anbieten von Sportwetten im Internet dem weiten Veranstaltungsbegriff. Hiernach macht es keinen Unterschied, ob einem Wettinteressenten ein Wettschein per Post zugesandt oder über das Internet zugeleitet wird. Dass im Falle eines damit vorliegenden Angebots zum Abschluss eines Wettvertrags über das Internet der Wettinteressent selbst initiativ werden müsse, ändere nichts daran (…) dass ein Anbieter in beiden Fällen den Wettvertrag anbiete und damit ein Glücksspiel veranstalte.

Wenn die Übermittlung eines Wettscheins sowohl per Post als auch via Internet Teil des Veranstaltens des Glückspiels sei, werde das Spiel auch dort veranstaltet, wo das Angebot letztlich ankomme (…).“