Gerichtliche Zuständigkeit für österreichische Sportwetten in Deutschland?

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Das OLG Köln (Urt. v. 31.03.2004 – Az.: U 135/03) hatte darüber zu entscheiden, ob über österreichische Sportwetten, bei denen auch Kunden in Deutschland angesprochen werden, vor deutschen oder österreichischen Gerichten zu verhandeln ist.

Die Beklagte hat in Österreich für die Veranstaltung von Sportwetten eine Genehmigung. Sie bot gegenüber potentiellen deutschen Interessenten telefonisch, digital, per Fax, per Internet, per E-Mail und per WAP abzuschließende Telefonwetten an. Die Klägerin mahnte daraufhin die Beklagte ab, weil sie ihre Leistungen auch auf dem deutschen Markt anbiete, wofür sie aber keine Genehmigung besitze.

Daraufhin erhob die Beklagte selber vor dem LG Salzburg in Österreich Klage gegen die hiesige Klägerin und begehrte die Feststellung, dass die Abmahnung rechtswidrig sei. Das LG Salzburg bejahte seine Zuständigkeit und stellte darauf ab, dass die dortige Klägerin eine unerlaubte Handlung geltend mache. Diese unerlaubte Handlung sei in Österreich geschehen. Zwar sei die Abmahnung in Deutschland gefertigt worden, zugegangen sei sie aber in Österreich.

In der Sache selber steht die Entscheidung des Salzburger Gerichts noch aus.

Die in Deutschland erhobene Klage auf Unterlassung der Werbung wurde vom LG Köln in der 1. Instanz für unzulässig erklärt, weil durch die Zuständigkeitsbejahung des österreichischen Gerichts dieses alleine über den Sachverhalt zu entscheiden habe.

Das OLG Köln hat der Berufung gegen das Urteil des LG Köln stattgegeben.

In seinen ausführlichen und sehr komplexen Urteilsgründen kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das LG Köln zu Unrecht die Unzulässigkeit bejaht habe. Es handle sich hier um zwei unterschiedliche Streitgegenstände, die nicht identisch seien:

„Selbst wenn es jedoch so sein sollte, dass die sich im Kölner Verletzerprozess stellenden Fragen auch in Österreich bezogen auf den Hauptantrag geprüft und entschieden werden müssten, das Landesgericht Salzburg sich also dazu äußern würde, ob es die hiesigen Beklagten für berechtigt hält, in Nordrhein-Westfalen ohne Genehmigung der nordrhein-westfälischen Landesregierung Glücksspiele in Form von Sportwetten zu veranstalten, dann wäre dies nur eine Vorfrage, deren Beantwortung in die eine oder andere Richtung nicht in Rechtskraft erwachsen würde.

Nach dem vor dem Landesgericht Salzburg gestellten Hauptklageantrag würde nämlich das Landesgericht Salzburg dann, wenn es sich der Rechtsauffassung der hiesigen Beklagten anschließt, die Klägerin dem Klageantrag folgend allenfalls dazu verurteilen, es künftig zu unterlassen, die Beklagten wie geschehen abzumahnen. Nur dieser etwaige Ausspruch könnte in Rechtskraft erwachsen, nicht hingegen die Prüfung der rechtlichen Vorfragen, die gegebenenfalls zu diesem Ergebnis führen.“

Entsprechend hat das OLG die Entscheidung der 1. Instanz aufgehoben und zur erneuten Beurteilung an das Landgericht zurückverwiesen.

Anmerkung von RA Dr. Bahr:

Glücksspiele werden inzwischen oftmals länderübergreifend veranstaltet, nicht zuletzt durch das Internet bedingt. Hier stellt sich schnell die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen deutsches Zivilrecht überhaupt Anwendung findet.

Das Glücksspiel muss grundsätzlich auf den deutschen Markt bezogen sein, damit deutsches Recht greift (Art. 40, 41 EGBGB). Man spricht hier vom sogenannten „Marktortprinzip“. Anders als bei den sonstigen Normen des EGBGB kommt es somit nicht auf die Staatsangehörigkeit, den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt der angesprochenen Teilnehmer an. Entscheidend ist vielmehr, ob das Glücksspiel sich bestimmungsgemäß auch an einen deutschen Personenkreis richtet.

Im vorliegenden Fall ist die Anwendbarkeit deutschen Rechts unproblematisch, da bewusst und gezielt der deutsche Verkehrskreis angesprochen wurde.

Es gilt jedoch zu beachten, dass die Regel des Marktortprinzips durch deutsches Recht festgelegt wird. Wird dagegen im Ausland, hier in Österreich, Klage erhoben, wendet das dortige Gericht seine Grundsätze an, um zu bestimmen, nach welchen Prinzipien der Sachverhalt zu beurteilen ist. Es kann somit durchaus sein, dass die Gerichte zu unterschiedlichen und somit widersprüchlichen Ergebnissen kommen.