Hessisches Online-Roulette & rechtliche Rahmenbedingungen

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Hessisches Online-Roulette & rechtliche Rahmenbedingungen

Seit kurzem bietet die Spielbank Wiesbaden das erste deutsche Online-Roulette an.

Etwas Ähnliches hatte schon einmal die Stadt Hamburg versucht, war aber aus formal-juristischen Gründen gescheitert, weil die entsprechende Gesetzesnorm nur dazu berechtigte, Präsenzspiele innerhalb der gesetzlichen Grenzen der Hansestadt zuzulassen (Hmb. VerfassungsG, Urt. v. 21.10.2003 – Az: HVerfG 10/02).

Ausgangspunkt war damals § 6 Abs.4 Hmb. SpielbankG, wonach der Hamburger Senat ermächtigt wurde eine Spielordnung zu erlassen, in der nähere Details wie Kreis der Berechtigten, die Spielzeiten und die zugelassenen Spiele festzulegen waren.

Diese Verordnung (Verordnung über die Spielordnung für die öffentliche Spielbank in Hamburg) wurde dann auch verabschiedet. Um ein Online-Roulette zu ermöglichen, wurde dort explizit diese Spielform aufgenommen (§ 1 Abs.2 Nr.1, Abs. 3 Hmb. SpielO).

Das Hmb. VerfassungsG entschied dann aber, dass das Hmb. SpielbankG grundsätzlich nicht zu Online-Glücksspielen, sondern nur zu reinen Präsenzspielen berechtige:

„Diese Vorstellung des Gesetzgebers von einem Präsenzspiel kommt bereits im Wortlaut des Spielbankgesetzes zum Ausdruck. § 2 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 SpielbankG spricht von „Sicherheitsvorkehrungen einschließlich visueller Überwachungsmaßnahmen“. Dieses ist hinsichtlich des Online-Spiels nicht möglich.

§ 3 Abs. 3 Satz 2 SpielbankG befasst sich mit der Problematik von Falschgeld bzw. falschen Spielmarken, einer Problematik, die nur bei Bargeldeinsatz im Präsenzspiel entstehen kann.

§ 4 Abs. 1 SpielbankG spricht von „Besucherinnen und Besuchern“ der Spielbank.

Diese Begriffswahl deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber von einer körperlichen Anwesenheit der Personen ausgegangen ist, die sich den Spielbetrieb entweder nur ansehen oder das Spielangebot auch wahrnehmen wollen.“

Das Gericht zählt danach noch zahlreiche weitere Beispiele aus dem Gesetzestext auf, die nach seiner Ansicht ebenfalls belegen, dass nur reine Präsenzspiele erlaubt sind.

Schließlich argumentieren die Richter auch mit zeitgeschichtlichen Gründen:

„Die Vorstellung des Gesetzgebers von einem Präsenzspiel ergibt sich weiterhin aus dem Umstand, dass zum Zeitpunkt der Entstehung des Gesetzes, im Jahr 1976, überhaupt nur Präsenzspiele angeboten wurden.

Auch im Jahre 1999 hat der Gesetzgeber die Gelegenheit der Novellierung des Spielbankgesetzes nicht genutzt, um ein Online-Spiel einzuführen.“

Nun stellt sich die Frage, ob diese gesamte Argumentation nicht auch auf Hessen und das dortige Hess. SpielbG übertragbar ist: Droht der Spielbank Wiesbaden somit das gleiche Schicksal wie der Hamburger Spielbank?

Die Antwort ist relativ eindeutig: Nein. Aus diesen formal-juristischen Gründen wird die Spielbank Wiesbaden nicht ihre Pforten schließen müssen.

Dies liegt an folgendem: Der Hessische Gesetzgeber hat Ende 2002 das Hess. SpielbG erneuert und ausdrücklich in der Gesetzesbegründung bestimmt, dass es auch für Internet-Glücksspiele gilt (LT-Drs. 15/3998, S.3):

„Gegenwärtig kann im Internet eine Zunahme ausländischer Glücksspielangebote beobachtet werden. Dazu gehören auch Angebote von Internet-Spielcasinos. Ob und in welchem Umfang dieses Angebot auch von Teilnehmern aus Deutschland genutzt wird, ist nicht bekannt. Jedoch richten sich diese Angebote häufig auch an Kunden aus Deutschland.

Dies lässt sich daraus erkennen, dass die Anbieter ihre Angebote ausschließlich oder auch in deutscher Sprache ins Netz stellen. Im Kreise der deutschen Spielbanken wird befürchtet, dass diese ausländischen Angebote, die eine Teilnahme am Glückspiel direkt vom heimischen PC aus ermöglichen, auf Dauer zu einem Abwandern von Gästen aus den Spielbanken führen wird.

Sie streben deshalb an, selbst ein Internet-Glücksspielangebot anbieten zu dürfen. Im Kreise der deutschen Spielbanken wird befürchtet, dass diese ausländischen Angebote, die eine Teilnahme am Glückspiel direkt vom heimischen PC aus ermöglichen, auf Dauer zu einem Abwandern von Gästen aus den Spielbanken führen wird.“

Damit ist klar, dass Hessen in dieser Hinsicht nichts zu befürchten hat. Ob freilich andere Gründe, insbesondere materiell-rechtlicher Natur, gegen eine Rechtmäßigkeit sprechen, ist bislang gerichtlich ungeklärt. Das Hmb. VerfassungsG hat damals nur diese formalen Gründe erörtert und alles übrige offengelassen.

Insoweit betritt Hessen mit seinem Online-Roulette juristisches Neuland. Auf die weitere Entwicklung darf man somit außerordentlich gespannt sein.