Zugang zum deutschen Markt für ausländische Buchmacher

Rechtsanwalt Dr. Wulf Hambach

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Nach der neusten Rechtsentwicklung in Sachen Sportwetten stellt sich für ausländische Buchmacher aus dem EU-Raum die wichtige Frage, ob sie nunmehr auch offiziell im hochattraktiven deutschen Markt für Sportwetten und Glücksspiele (von 1993 bis 2002 kletterte der Gesamtumsatz allein des deutschen Lotto- und Totoblocks um 43 % auf 8,3 Mrd. Euro; Umsätze der deutschen Glücksspielbranche 2001: 27,56 Mrd. Euro!) etablieren können.

1. Teil: Die aktuellen Gerichtsentscheidungen

Für die ausländischen Buchmacher wird es kein leichter Weg werden, da mit kräftigem Gegenwind von Seiten der zuständigen Behörden, der deutschen Wettlizenzinhaber sowie der Gerichte zu rechnen ist. Es muss in diesem Zusammenhang gelingen, die Gambelli-Entscheidung des EuGH (1.), die durch ARENDTS ANWÄLTE erwirkte bet-at-home-Entscheidung des Landgerichts München I (2.) sowie die erst kürzlich ergangene Entscheidung des Amtsgericht Heidenheim (3.) zu Gunsten der ausländischen Buchmacher einzusetzen, um sich so gegen die in Deutschland vorherrschenden monopolartigen Strukturen auf dem Sportwettenmarkt durchzusetzen.

1. Die Gambelli-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 6. November 2003

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfen Sportwetten – wenn Sie in einem Mitgliedstaat (wie in Deutschland) grundsätzlich zugelassen werden – nur zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung eingeschränkt werden.

Die Erzielung von Einnahmen für die Staatskasse kann dagegen kein Grund sein, die Dienstleistungsfreiheit einzuschränken, wie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung unmissverständlich deutlich macht: „Soweit nun aber die Behörden eines Mitgliedstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glückspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sich die Behörden dieses Staates nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen (…) zu rechtfertigen“ (Tz. 69)

Der Europäische Gerichtshof verweist in seiner Entscheidung in der Rechtssache Gambelli (Rs. C-243/01) auch auf das Diskriminierungsverbot. Mitwettbewerber aus anderen EU-Mitgliedstaaten dürfen nicht einfach ausgeschlossen werden.

Unverblümt weist das Gericht schließlich auf die Unverhältnismäßigkeit von Strafdrohungen für die bloße Vermittlung von Sportwetten bei im Inland nicht konzessionierten Veranstaltern via Internet hin. Damit richtet sich der Europäische Gerichtshof ausdrücklich gegen die strafrechtlichen Glücksspielverbote der Mitgliedsländer und damit aus unserer Sicht auch gegen den § 284 StGB (unerlaubtes Glücksspiel), dessen Tage seiner Wirksamkeit für Buchmacher aus dem EU-Raum nunmehr gezählt sein könnten.

2. Die Bet-at-home-Entscheidung des LG München I vom 27. Oktober 2003

Das Landgericht München I entschied kürzlich bezüglich eines in Österreich zugelassenen Wettunternehmens (5 Qs 41/2003). Eine österreichische Bewilligung für den Abschluss von Wetten entfaltet Wirksamkeit für das gesamte EU-Gemeinschaftsgebiet – so das Landgericht: „Eine strafbare Handlung nach § 284 I, III StGB (gewerbsmäßige unerlaubte Handlung) liegt nicht vor, da die Beschuldigten über eine behördliche Erlaubnis im Sinne dieser Vorschrift verfügen. Eine Erlaubnis wurde vom Land Oberösterreich (…) erteilt.“

Das österreichische Unternehmen dürfe daher auch Wetten für Kunden aus Deutschland entgegen nehmen. Einer besonderen deutschen Erlaubnis bedürfe es nicht: (…) es ist nicht gerechtfertigt, privatrechtlich geführte Veranstaltungen unter der Geltung des EU-Rechts an eine besondere deutsche Erlaubnis zu binden, wenn, wie hier, eine österreichische Erlaubnis vorliegt.“

Auf einer Linie mit dem Europäische Gerichtshof argumentiert das LG München I, dass Deutschland mit den Strafrechtsvorschriften gegen ungenehmigte Glücksspiele keine ordnungspolitischen, sondern allein fiskalische Ziele verfolge.

3. Die Entscheidung des Amtsgericht Heidenheim vom 4. Dezember 2003

In seinem Beschluss hat das Gericht zugunsten eines Vermittlers für einen österreichischen Buchmacher entschieden und eine Anwendung des § 284 StGB auf im Ausland lizenzierte Buchmacher, die in Deutschland Wetten anbieten, abgelehnt. Dies sei nicht (mehr) mit der durch den EG-Vertrag gewährten Dienstlassungs- und Niederlassungsfreiheit vereinbar: „§ 284 StGB hat in diesem Fall unanwendbar zu bleiben, da er einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch den EG-Vertrag gewährleistete Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit der österreichischen C. GmbH und der mit dieser zusammenarbeitenden Angeschuldigten darstellt.“ Das Gericht führt weiter aus: „Die Eindämmung des Glücksspiels an sich ist deshalb letztlich kein Gesichtspunkt, der den Eingriff in die Freiheiten des EG-Vertrages rechtfertigt.“

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2. Teil: Der (Rechts-)Weg zum Ziel

Es wird also darauf ankommen, die nationalen (deutschen) Gerichte zum einen davon zu überzeugen, dass einem ausländischen Buchmacher ausdem EU-Raum der Zugang zum deutschen Sportwetten-Markt nicht verwehrt werden darf. Zum anderen muss es gelingen, dass eine innerhalb Europas erworbene Lizenz für Sportwetten einen ausländischen Buchmacher aus dem EU-Inland im Wege der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit berechtigt, auch in Deutschland Sportwetten anzubieten und durchzuführen.

In diesem Zusammenhang gilt es, drei wesentliche Komponenten zu beachten – die verwaltungsrechtliche (1.), die strafrechtliche (2.) und die zivil- bzw. wettbewerbsrechtliche Komponente (3.).

1. Die verwaltungsrechtliche Komponente

Im Rahmen einer aktive Strategie steht das verwaltungsrechtliche Genehmigungsverfahrens, das auf die Ausstellung einer Genehmigung zur Durchführung von Sportwetten in einem deutschen Bundesland gerichtet wäre, im Vordergrund. Bisher war es nahezu aussichtslos, als privater Spotwettenanbieter ein Genehmigung erteilt zu bekommen. Zwar sehen einige Landessportwettengesetze und Landeslotteriegesetze eine Genehmigungserteilung vor. Voraussetzung ist allerdings jeweils eine zumindest mittelbare Beteiligung des Landes am Genehmigungsverfahren. Die Bundesländer haben jedoch bisher weder einem deutschen noch einem ausländischen privaten Buchermacher für Sportwetten eine Wettlizenz erteilt. In dieses Zusammenhang fällt immer wieder dasselbe Argument: Es müsse ein „öffentliches Bedürfnis“ für Sportwetten bestehen. Ein solches haben die Länder bisher nur bei den staatlichen Anbieter für Sportwetten gesehen.

Bei einer (zu erwartenden) Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Genehmigung zum Betreiben von Sportwetten in einem deutschen Bundesland müsste im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Vorverfahrens Widerspruch gegen diesen Ablehnungsbescheid eingelegt werden. In diesem Widerspruchsschreiben müsste dann die neue Rechtsentwicklung in Deutschland in Sachen Sportwetten angeführt werden. Das gegenüber den Sportwettengesetzen und Lotteriegesetzen der Länder vorrangige und durch die Gambelli-Entscheidung neu geprägte Gemeinschaftsrecht wäre hierbei die Argumentationsbasis für einen Anspruch auf Genehmigungserteilung. Im Falle eines sich gegen den Widerspruch richtenden Widerspruchsbescheides von Seiten der Widerspruchsbehörde müsste dann im Hauptsacheverfahren die zuständige Behörde auf Erteilung der begehrten Genehmigung zum Betreiben von Sportwetten verklagt werden.

Aus dieser kursorischen Darstellung des Verwaltungsverfahrens wird deutlich, dass das Verfahren von der Antragstellung zur Erteilung einer Genehmigung bis hin zum Erwirken eines Urteils aller Voraussicht nach langwierig wird.

2. Die strafrechtliche Komponente

In Deutschland ist das Veranstalten von Glücksspielen ohne Konzession strafrechtlich verboten. Das regelt § 284 des deutschen Strafgesetzbuchs (StGB). Das Landgericht Bochum bezweifelt indes in einem Urteil aus dem Februar 2002, dass Sportwetten mit „Glücksspiel“ gleichzusetzen ist, da den Sportwetten in der Regel der Zufallscharakter des Glücksspiels fehle. Das Amtsgericht Duisburg-Hamborn lehnt eine Gleichsetzung einer Sportwettenveranstaltung bzw. –vermittlung mit einem „Glücksspiel“ i.S. des § 284 StGB in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 2003 sogar ausdrücklich ab. Im September 2003 stellte das Landgericht Berlin fest, dass das „Vermitteln von Wetten“ kein „Veranstalten“ und damit keine Straftat in Sinne des StGB darstellt. In der von unserer Kanzlei erwirkten Entscheidung stellte das Landgericht München I in diesem Zusammenhang fest, dass auch eine österreichischer Veranstaltungslizenz für die Tätigkeit als Buchmacher in Deutschland eine „Erlaubnis“ im Sinne des § 284 StGB ist. Nach den Ausführungen des Amtgerichts Heidenheim ist das Veranstalten und Anbieten von Sportwetten auf internationaler Ebene durch den EG-Vertrag geschützt. § 284 StGB darf auf im Ausland lizenzierte Buchmacher nicht angewendet werden.

Trotz der eindeutigen Vorgabe des EuGH wird § 284 StGB in Bezug auf nicht in Deutschland lizenzierte Sportwettenanbieter von den Gerichten noch nicht einheitlich interpretiert. Aufgrund der uneinheitlichen Rechtsmeinung besteht die Gefahr, dass es bei einem Veranstalten oder Werben für Sportwetten durch nicht in Deutschland lizenzierte Sportwettenanbieter zu einer Strafanzeige (z. B. durch Wettbewerber) und folglich zu einem Strafverfahren kommt. In Strafverfahren würde es – wie oben angedeutet – darauf ankommen, die Richter zu einer EU-rechtskonformen Rechtsprechung zu bewegen.

3. Die zivil- bzw. wettbewerbsrechtliche Komponente

Im Zusammenhang mit dem § 284 StGB besteht auch die Gefahr, auf zivilrechtlicher Ebene als nicht in Deutschland lizenzierter Sportwettenanbieter wettbewerbsrechtlich von Mitwettbewerbern in Anspruch genommen zu werden, wenn deutsche Kunden angesprochen werden. Gemäß § 1 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) kann derjenige auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden, der „im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen“. Das Rechtsargument der Konkurrenten lautet: Wer gegen das „sittlich-rechliche“ Verbot des unerlaubten Glücksspiels (§ 284 StGB) verstößt, der begeht eine unlautere Zuwiderhandlung in Sinne des § 1 UWG (Stichwort: Vorsprung durch Rechtsbruch).

§ 1 UWG könnte vom Gegner dann als Anspruchsgrundlage für eine zivilrechtliche Klage oder für ein zivilrechtliches Eilverfahren, das auf Schadensersatz bzw. Unterlassung gerichtet werden könnte, herangezogen werden.

Auch Medien, die Werbung für einen ausländischen Buchmacher schalteten, wurden in der Vergangenheit vielfach abgemahnt, da bereits die Werbung für nicht genehmigte Glückspiele gem. § 285 Abs. 4 StGB strafbar ist.

Fazit:

Das Ziel, einen ausländischen Buchmacher im deutschen Raum zu etablieren, müsste im „worst case“ sowohl auf dem Verwaltungsrechtsweg als auch auf dem Zivilrechtsweg durchgesetzt werden, wobei daneben auch ein Strafverfahren nicht ausgeschlossen ist. Allerdings ist zu beachten, dass die oben aufgezeigte neue Rechtsentwicklung Anlass zu berechtigter Hoffung gibt, dass die Gerichte § 284 StGB künftig einheitlich wettunternehmerfreundlich ausgelegen und damit zumindest die Gefahr einer erfolgreichen zivilrechtlichen Klage und vor einem Strafverfahren eingedämmt ist.

Redaktion (presserechtlich verantwortlich):

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG (arendts@t-online.de)
Rechtsanwalt Wulf Hambach (wulf.hambach@anlageanwalt.de)

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