EuGH (Football Association Premier League Ltd., Rs. C-403/08 und Karen Murphy C-429/08) Konsequenzen für Sportwettenanbieter, Sportveranstalter und Pay-TV-Anbieter

Von Rechtsanwalt Dr. Stefan Bolay, Hambach & Hambach Rechtsanwälte.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 4. Oktober 2011 ein bahnbrechendes Urteil zur Frage der Unionsrechtskonformität von gebietsbeschränkten Exklusivrechten im Zusammenhang mit der Übertragung von Fußballspielen gefällt und dabei auch nochmals wichtige Aussagen zur generellen Schutzfähigkeit von Sportveranstaltungen getroffen. Im Folgenden werden die wichtigsten Aussagen und die Konsequenzen für Sportwettanbieter, Sportveranstalter und Pay-TV-Anbieter kurz dargestellt.

EuGH zu Sportveranstaltungen: Kein Urheberrechtsschutz

Der EuGH stellt klar, dass Sportereignisse nicht als geistige Schöpfungen angesehen werden können. Das gilt gerade auch für Fußballspiele, die konkreten Spielregeln unterliegen und damit keinen Raum für künstlerische Freiheit im Sinne des Urheberrechts lassen (Rn. 98). Ferner weist der EuGH darauf hin, dass das Unionsrecht im Bereich des geistigen Eigentums auch neben dem Urheberrecht keinen anderen Schutz für Sportereignisse vorsieht (Rn. 99).

Anschließend macht der EuGH aber deutlich, dass nationale Rechtsordnungen Sportereignissen einen mit dem Schutz von Werken im Sinne des Urheberrechts vergleichbaren Schutz zuschreiben können, da Sportereignisse aufgrund ihres „Originalcharakters“ durchaus schützenswert sind (Rn. 100).

Situation bei „geschützten“ Sportveranstaltungen

Weiter befasst sich der EuGH mit der Situation in nationalen Rechtsordnungen, in denen Sportveranstaltungen durch gesetzliche Regelungen wie geschützte Werke im Sinne des Urheberrechts betrachtet werden. Der EuGH prüft, ob in diesen Ländern ein Verbot der Verwendung ausländischer Decodiervorrichtungen im Hinblick auf das Ziel, die exklusiven Übertragungsrechte zu schützen, gerechtfertigt werden kann.

Der EuGH führt aus, dass den Inhabern von Sportübertragungsrechten – entsprechend den Urheberrechtsinhabern nach der Urheberrechtslinie – eine „angemessene Vergütung“ zusteht, die jedoch nicht mit der höchstmöglichen Vergütung gleichzusetzen ist (Rn. 108). Eine besonders hohe Vergütung als Gegenleistung für absolute und gebietsabhängige Exklusivität, die durch das Verbot der Verwendung ausländischer Decodiervorrichtungen sichergestellt wird und zu künstlichen Preisunterschieden zwischen den abgeschotteten nationalen Märkten führt, ist nach der Auffassung des EuGH dagegen nicht mit dem grundlegenden Ziel des EU-Vertrags – der Verwirklichung des Binnenmarkts – vereinbar (Rn. 115).

Ferner stellt der EuGH klar, dass Klauseln eines Vertrags über eine ausschließliche Lizenz zwischen einem Inhaber von Übertragungsrechten einerseits und einem Sendeunternehmen andererseits eine verbotene Wettbewerbsbeschränkung darstellen, sofern sie dem Sendeunternehmen die Pflicht auferlegen, keine Decodiervorrichtungen außerhalb des vom Lizenzvertrag erfassten Gebiets zur Verfügung zu stellen (Rn. 146).

Konsequenzen aus dem Urteil:

  • Verhältnis Sportveranstalter zu Sportwettanbieter

Solange der Gesetzgeber Sportveranstaltungen in Deutschland kein gesetzliches Leistungsschutzrecht zubilligt, werden die Sportveranstalter von Wettanbietern, die Wetten auf diese Sportveranstaltungen in Deutschland anbieten, keine Vergütung verlangen können. Auch ein vermeintliches Urheberrecht an den Bundesliga-Spielplänen der DFL wird hier eher nicht weiterhelfen, vgl. http://www.bundesliga.de/ de/medien/presse/index.php?f=0000186548.php.

  • Verhältnis Sportveranstalter zu Pay-TV-Anbieter

Wenn die Veranstalter nationalen Pay-TV-Anbietern nicht mehr untersagen können, Decoder auch im EU-Ausland (außerhalb des eigentlich nur nationalen Lizenzgebiets) zu veräußern, so können die Sportveranstalter entweder nur noch einem Anbieter eine EU-weite Exklusivlizenz erteilen, oder müssen mehrere einfache (nicht exklusive und EU-weite) Lizenzen vergeben.

  • Verhältnis der Pay-TV-Anbieter untereinander

Sofern die Sportveranstalter Lizenzen für ein und dasselbe Sportereignis weiterhin an Pay-TV-Anbieter in mehreren EU-Mitgliedsstaaten vergeben, so werden diese Pay-TV-Anbieter zukünftig EU-weit im Wettbewerb um Kunden stehen.

Das Urteil ist sicherlich als bahnbrechend zu bezeichnen und erschwert die TV-Verwertung attraktiver Sportveranstaltungen erheblich. Es bleibt dennoch abzuwarten, ob deutsche Fußballfans Bayern München gegen Borussia Dortmund zukünftig tatsächlich aus Norwegen oder Griechenland empfangen. Praktisch, aber auch rechtlich, ist hier sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Quelle: TIME LAW NEWS 4/2011 (www.timelaw.de) Hambach & Hambach Rechtsanwälte