Europäischer Gerichtshof entscheidet über Zulässigkeit des griechischen Wettmonopols (Rechtssachen C-186/11 – Stanleybet und William Hill sowie C-209/11 – Sportingbet)

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Arendts Rechtsanwälte
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Der griechische Staatsrat (Symvoulio tis Epikrateias), das oberste Verwaltungsgericht Griechenlands, hatte bereits vor einiger Zeit beschlossen, Rechtsfragen zum Monopol des staatlich lizensierten Glücksspielanbieters OPAP dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorzulegen. Die zwischenzeitlich vom Staatsrat formulierten, sehr umfangreichen Vorlagefragen mit mehreren Alternativ-/Nachfragen (siehe unten) sind nunmehr beim EuGH eingegangen. Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sind bei der Rechtssache C-186/11 die Buchmacher Stanleybet (Stanleybet International Ltd) und William Hill (William Hill Organization Ltd und William Hill Plc) und bei der Rechtssache C-209/11 der britische Buchmacher Sportingbet Plc. Diese Buchmacher hatten beantragt, auch in Griechenland tätig werden zu dürfen.

Entsprechend der derzeitigen Rechtslage hat OPAP, eine börsennotierte Aktiengesellschaft, bis 2020 ein Ausschließlichkeitsrecht für das Angebot von Glücksspielen und Wetten. Nach Ansicht des Staatsrats kann sich OPAP jedoch nicht darauf berufen, die Gelegenheiten zum Glücksspiel einzuschränken und die Öffentlichkeit zu beschützen. Auch biete OPAP seine Dienstleistungen in einem anderen EU-Mitgliedstaat an.

Der Staatsrat formuliert seine Zweifel an der Vereinbarkeit des Monopols mit Europarecht in seinen Vorlagefragen wie folgt:

„Ist eine nationale Regelung mit Art. 43 EG und 49 vereinbar, die zu dem Zweck, das Angebot von Glücksspielen zu begrenzen, das ausschließliche Recht für die Durchführung, die Verwaltung, die Organisation und das Funktionieren der Glücksspiele einem einzigen Unternehmen überträgt, das in der Form einer börsennotierten Aktiengesellschaft errichtet worden ist, zumal dieses Unternehmen Werbung für die von ihm organisierten Glücksspiele betreibt, seine Tätigkeit auf andere Staaten ausdehnt, die Spieler frei teilnehmen und der Höchstbetrag des Einsatzes und des Gewinns je Teilnahmeschein und nicht je Spieler bestimmt wird?

Falls die erste Frage verneint wird, ist dann eine nationale Regelung mit den Art. 43 EG und 49 EG vereinbar, die an und für sich der Kriminalitätsbekämpfung durch Ausübung einer Kontrolle über die Unternehmen dient, die sich auf dem betreffenden Sektor betätigen, um zu gewährleisten, dass sich diese Tätigkeiten innerhalb überwachter Kreise entfalten, das ausschließliche Recht für die Durchführung, die Verwaltung, die Organisation und das Funktionieren der Glücksspiele einem einzigen Unternehmen überträgt, auch wenn diese Übertragung parallel bewirkt, dass sich das entsprechende Angebot unbegrenzt entwickelt; oder ist es in jedem Fall erforderlich, damit diese Beschränkung als geeignet für die Verfolgung des Zwecks der Kriminalitätsbekämpfung zu betrachten ist, dass die Entwicklung des Angebots in irgendeiner Weise kontrolliert wird, d. h. in dem Maße gehalten wird, das für die Verfolgung dieses Zwecks notwendig ist, und nicht darüber hinaus geht. Falls diese Entwicklung kontrolliert werden muss, kann sie unter diesem Gesichtspunkt als kontrolliert betrachtet werden, wenn in diesem Sektor ein ausschließliches Recht einer Einrichtung mit den Merkmalen übertragen wird, die in der ersten Vorlagefrage aufgeführt sind? Geht schließlich, falls davon ausgegangen wird, dass die in Rede stehende Verleihung des ausschließlichen Rechts zu einer kontrollierten Entwicklung des Angebots von Glücksspielen führt, die Verleihung an ein einziges Unternehmen über das Erforderliche in dem Sinn hinaus, dass das gleiche Ziel zweckmäßiger Weise auch mit der Verleihung dieses Rechts an mehr als ein Unternehmen erreicht werden könnte?

Wenn in Bezug auf die vorhergehenden beiden Vorlagefragen festgestellt wird, dass die Verleihung eines ausschließlichen Rechts für die Durchführung, die Verwaltung, die Organisation und das Funktionieren der Glücksspiele nach den in Rede stehenden nationalen Bestimmungen nicht mit den Art. 43 EG und 49 EG vereinbar ist:
a) ist es dann im Sinne der Bestimmungen des Vertrags zulässig, dass es die nationalen Behörden unterlassen, während eines Übergangszeitraums, der für den Erlass mit dem EG-Vertrag vereinbarer Bestimmungen erforderlich ist, die Anträge in anderen Mitgliedstaaten niedergelassener Antragsteller auf Aufnahme solcher Tätigkeiten zu prüfen?
b) falls diese Frage bejaht wird, auf der Grundlage welcher Kriterien bestimmt sich dann die Dauer dieser Übergangszeit?
c) wenn keine Übergangszeit zugelassen wird, auf der Grundlage welcher Kriterien müssen die nationalen Behörden dann die betreffenden Anträge beurteilen?“