Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Glücksspielstaatsvertrag und Ländergesetze

Geplante Maßnahmen zur Eindämmung des gewerblichen Geld- Gewinnspiels größtenteils unverhältnismäßig

Auf gravierende verfassungsrechtliche Bedenken stoßen nach Auffassung des Staatsrechtlehrers Prof. Dr. Friedhelm Hufen von der Mainzer Universität die geplanten Maßnahmen zur Eindämmung des gewerblichen Geld-Gewinnspiels, wie von den Ministerpräsidenten der Länder im geänderten und erweiterten Glücksspielstaatsvertrag und von einigen Bundesländern in eigenen Gesetzen vorgesehen sind. Hufen ist Autor eines verbreiteten Lehrbuchs zu den Grundrechten und Experte für Fragen der Berufsfreiheit.

Ende des Jahres läuft der Glücksspielstaatsvertrag aus, in dem bisher das staatliche Monopol für Lotterien und Sportwetten festgeschrieben war. Außerdem müssen Bund und Länder nach mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs tätig werden: Entweder sie liberalisieren den Glücks- und Geinnspielmarkt oder sie setzen noch konsequenter als bisher das Staatsmonopol zur Bekämpfung der Spielsucht auf allen Feldern ein. Diesen Auftrag verstehen die Ministerpräsidenten so, dass sie wenige Lizenzen für private Veranstalter von Sportwetten gegen hohe Gebühren vergeben, gewerbliche Geld-Gewinnspielgeräte und Spielhallen aber umso schärfer bekämpfen und damit eine lästige Konkurrenz ausschalten wollen.

Geplant sind unter dem bezeichnenden Titel: „Zukunftsperspektiven des Lotteriemonopols“ u.a. Werbeverbote und zusätzliche verschärfte Erlaubnispflichten für das Aufstellen von Geld-Gewinnspielgeräten in Gaststätten und das Betreiben von Spielhallen, Begrenzung der Gerätezahlen, Höchstzahlen, Mindestabstände und ein Verbot von Mehrfachkonzessionen für Spielhallen. Bestehende Konzessionen sollen angepasst werden oder in spätestens 5 Jahren verfallen.

Betroffen und teilweise in ihrer Existenz bedroht wären von diesen Maßnahmen in Deutschland etwa 6.000 vor allem mittelständische Unternehmen in den Bereichen Herstellung, Handel und Aufstellung von Geldspielgeräten, die mit diesen Geräten nach Abzug der Spielgewinne einen Umsatz von etwa 3,94 Mrd. € erzielen, ca. 70.000 Arbeitsplätze bereitstellen und etwa 1,5 Mrd. € an Steuern und anderen Abgaben zahlen.

Unterstützung erhalten sie jetzt aus verfassungsrechtlicher Sicht. In einem Vorgutachten für die Spitzenverbände der Deutschen Automatenwirtschaft legt Prof. Hufen detailliert dar, dass die Massnahmen je für sich und in ihrer Gesamtheit nicht gerechtfertigte kumulative Eingriffe in die Grundrechte der Berufsfreiheit, des Eigentums und einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz darstellen.

So sei bereits fraglich, ob die Länder für eine umfassende Neuregelung des gewerblichen Geldgewinnspiels zuständig sind. Selbst wenn das Motiv wirklich – wie vorgegeben – die Bekämpfung der Spielsucht und nicht die Bewahrung der Lotterie- Pfründe sei, sei fraglich, ob der Staat berechtigt ist, in wichtige Grundrechte einzugreifen, um erwachsene Menschen vor sich selbst zu schützen. Auch sei keineswegs erwiesen, dass Gewinnspielgeräte ein höheres Suchtpotential als staatlich geduldete oder sogar geförderte andere Gewinnspiel– und Wettarten aufweisen. Jedenfalls seien die Maßnahmen ungeeignet, weil sie nur dazu führten, dass die Spieler in unkontrollierbare Bereiche des Internets oder gar in das kriminelle Spielmilieu ausweichen. Soweit bestehende Konzessionen in Frage gestellt werden, sei dies eine verfassungswidrige Enteignung. Schließlich lassen die Regelung die durch den Europäischen Gerichtshof und das Bundesverfassungsgericht geforderte Folgerichtigkeit vermissen, weil sie einseitig und unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz das Spiel an gewerblichen Gelsspielgeräten bekämpfen und Sportwetten erlauben.

Das Fazit des Mainzer Professors: „Den Ministerpräsidenten ist dringend anzuraten, die geplanten Maßnahmen nochmals zu überdenken und dabei die verfassungsrechtlichen Maßstäbe und Grenzen besser als bisher in den Blick zu nehmen“.

Kontakt: Prof. Dr. Friedhelm Hufen o. Professor für Öffentliches Recht – Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Mainz