Amtsgericht Berlin-Tiergarten spricht Sportwettvermittler frei

Rechtsanwalt Guido Bongers

Rechtsanwaltskanzlei Bongers
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Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat mit Urteil vom 01.04.2011 – (222 Cs) 61 Js 2031/10 (48/10) – einen Mandanten der Kanzlei des Unterzeichners vom Tatvorwurf der Veranstaltung illegalen Glücksspiels nach § 284 StGB freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte dem Mandanten im Strafbefehl vom 19. Juli 2010 vorgeworfen, ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel zu veranstalten bzw. Einrichtungen hierzu bereit gestellt zu haben, indem er Sportwetten an einen ausländischen Wettanbieter vermittelt hat.

Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte Erfolg. Der Mandant wurde nunmehr freigesprochen. Das Amtsgericht verweist in seiner Begründung zum einen darauf, dass das Gericht unter Zugrundelegung des Prüfungsmaßstabes des EuGH bereits erhebliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität der aktuellen Rechtslage habe.

Dabei verweist das Amtsgericht nicht nur auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 08.09.2010, sondern auch auf ein Urteil des Zivilsenats des BGH vom 18. November 2010 (I ZR 159/07).

Es spreche vieles für eine unionsrechtliche Inkohärenz, wobei von einer solchen Inkohärenz auch deshalb auszugehen sei, weil Werbemaßnahmen des Monopolinhabers für andere von ihm angebotene Arten von Glücksspielen nicht darauf begrenzt seien, Verbraucher zu seinem Angebot hinzulenken, sondern darauf abzielten, sie zwecks Einnahmenmaximierung zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren.

Es wird seitens des Amtsgerichts dann ferner aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010 zitiert, wonach gerade keine sektorale, auf dem Bereich der Monopolregelung im Bereich der Sportwetten vorzunehmende Prüfung der Kohärenz vorzunehmen sei, sondern eine Gesamtkohärenzprüfung.

Im Rahmen einer solchen Kohärenzprüfung sei nicht ersichtlich, dass das Ziel, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und bewachte Bahnen zu lenken und sozialschädliche Folgen zu vermeiden, tatsächlich angestrebt und erreicht werden solle, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.

Ungeachtet dessen verweist das Amtsgericht zusätzlich darauf, dass der Angeklagte sich vorliegend auch auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum im Sinne von § 17 Abs. 1 StGB berufen könne, weil in jedem Fall die Einsicht Unrecht zu tun fehle und ein solcher Irrtum auch unvermeidbar sei.

Dabei hebt das Amtsgericht hervor, dass der Angeklagte sich vor Aufnahme seiner Tätigkeit anwaltlichen Rat eingeholt hat. Gegen die ihm zugestellte Untersagungsverfügung der zuständigen Aufsichtsbehörde habe er Rechtsmittel eingelegt, wobei das Verwaltungsgericht Berlin sogar einen sinngemäßen Hinweis an die Behörde erteilt habe, in der darum gebeten wurde, von Vollstreckungsmaßnahmen während eines eingeleiteten Eilverfahrens Abstand zu nehmen. Gerade dies dürfte der Angeklagte zum Anlass nehmen, seine Tätigkeit zunächst weiterführen zu können.

Insofern ist das freisprechende Urteil gleich auf unterschiedliche Begründungen, einerseits zur objektiven Strafbarkeit, andererseits zur subjektiven Strafbarkeit gestützt worden.

Die Staatsanwaltschaft, die noch im Termin zur Hauptverhandlung ebenfalls ein freisprechendes Urteil beantragt hatte, hat nunmehr trotz dieses Freispruches Berufung eingelegt. Ein erstaunlicher Vorgang, wenn man berücksichtigt, dass auch der Terminsvertreter der Staatsanwaltschaft davon ausgegangen ist, dass ein strafbares Verhalten nicht vorliegt und überdies bis zum heutigen Tage noch kein hier vertretener Sportwettvermittler in mehreren hundert Ermittlungs- und Strafverfahren strafrechtlich verurteilt worden ist.